Weckruf - Wegruf
Mit dem Propheten Amos auf dem Weg
Begleitheft zum Amos-Prozess
Dienstag, 14. Juli (Amos 9,1-2)
Flucht unmöglich
Wieso? Weshalb? Warum? ...
Die fünfte Vision unterscheidet sich in Aufbau und Form von den vier anderen. Sie beginnt nicht mit "Jahwe ließ mich schauen", sondern "ich sah Jahwe beim Altar stehen". Jahwe ist dabei also nicht Handelnder, sondern nur Sprechender, ohne dabei in einen Dialog mit dem Propheten einzutreten. Amos hat wie Jesaja (Jesaja 6,1) beim Tempel (Bet-El) eine Schauung, in der er Jahwe an oder über dem Altar stehen sieht. Der Altar macht das Lebenszentrum des Heiligtums aus, auf ihm wurden die großen Brandopfer dargebracht. Jahwe gibt den Befehl einen zerstörerischen Schlag gegen die Fundamente zu führen, so dass alles ins Wanken kommt und die Tempelhalle hinter dem Altar zusammenbrechen muss. Die dadurch entstehende Erschütterung muss gewaltig sein, weil die Schwellen, auf denen die Säulen stehen, große Ausmaße hatten. Der Tempel wird damit zum Zentrum eines großen Bebens, von dem das Ende ausgeht. Die Ausführung wird nicht berichtet, sondern der Text geht sofort in eine Erklärung Jahwes über: die Strafe wird ausgeweitet auf die ganze Tempelgemeinde, also das Jahwevolk. Die restlose Vernichtung wird doppelt betont: zuerst werden alle Köpfe zerschmettert und der eigentlich nicht mehr zu erwartende "Rest" kommt durch das Schwert um. Vor dem Schwert Jahwes gibt es kein Entrinnen. Damit wird auf eine Kriegskatastrophe angespielt.
In Vers 2 werden noch einmal Möglichkeiten aufgezählt, durch die Israeliten meinen könnten, Jahwe doch noch zu entkommen. Im damaligen Denken war man in der Totenwelt vor Jahwes Zugriff sicher. Dorthin kann man als Lebender selbstverständlich nicht fliehen - aber selbst wenn man es könnte, Jahwe würde den Flüchtenden auch dort ergreifen. Seine "Hand" meint seine Gewalt, mit der er auch der Unterwelt überlegen ist. Auch am Himmel oben gäbe es kein Entrinnen. Alle Weltbereiche sind damit seiner Verfügungsgewalt unterstellt. (Psalm 139,8-12 spricht ebenfalls davon.)
Vor- und nachgedacht...
Vor kaum etwas haben Menschen mehr Angst: Weltuntergang. Alles bricht zusammen. Deshalb ist das 13. Kapitel des Markusevangeliums auch eines der bedrohlichsten. Es handelt vom Weltuntergang.
Diese Angst gilt es ernst zu nehmen. Aber auch nicht zu ernst, denn sonst müssten wir das Vater unser umformulieren und beten:
"Vater unser im Himmel, geheiligt werde den Name. Lass uns unsere Welt und mache es möglichst so, dass alles so bleibt wie es ist."
Eigentlich ist dieser Untergang nämlich die Erfüllung unseres Betens. Viele beten schließlich täglich darum: Dein Reich komme. Davon handelt das Evangelium: Vom Kommen des Menschensohnes, der alles erneuert, der sein Reich des Friedens und Gerechtigkeit aufrichtet. Das bedeutet: Veränderung. Veränderung aber macht Angst. Sie geschieht nämlich selten so, wie wir es uns vorstellen. Gottes Plan entspricht offenbar nicht dem, was wir uns von Zukunft ausmalen. Aber hier gilt dann: Dein Wille geschehe - denn dann kommt dein Reich!
Jörg Sieger, aus: Lichtblick im Alltag
Lust auf mehr?
Fliehen vor Gott
O sinner man, where you gonna run to, all on that day?
I’ll run to the rock, rock want you hide me?
I’ll run to the bush, bush want you hide me?
I’ll run to the sea, sea want you hide me?
I’ll run to the sky, sky want you hide me?
I’ll run to the sun, sun want you hide me?
I’ll run to the moon, moon want you hide me?
I’ll run to the devil, devil want you hide me?
I’ll run to my Lord, Lord want you hide me?
O sinner man, you ought to be a-praying, all on that day.
Noch mehr Infos
In dieser 5. Vision haben wir den Höhepunkt des Visionszyklus und die letzte Vision vor uns. Wir wissen nicht, wann und wo sie sich für Amos ereignete. Dass sie erst später aufgeschrieben wurde, ergibt sich nach Hans Walter Wolff aus sprachlichen Hinweisen.