Weckruf - Wegruf

Mit dem Propheten Amos auf dem Weg


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Weiter-Button Zurück-Button Mittwoch, 1. Juli (Amos 5,21-27)

Ich hasse eure Feste

Masoretentext-Icon Septuaginta-Icon 21 Ich hasse eure Feste, ich verabscheue sie / und kann eure Feiern nicht riechen. Masoretentext-Icon Septuaginta-Icon 22 Wenn ihr mir Brandopfer darbringt, / ich habe kein Gefallen an euren Gaben / und eure fetten Heilsopfer will ich nicht sehen. Masoretentext-Icon Septuaginta-Icon 23 Weg mit dem Lärm deiner Lieder! / Dein Harfenspiel will ich nicht hören, Masoretentext-Icon Septuaginta-Icon 24 sondern das Recht ströme wie Wasser, / die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach. Masoretentext-Icon Septuaginta-Icon 25 Habt ihr mir etwa Schlachtopfer und Gaben dargebracht / während der vierzig Jahre in der Wüste, / ihr vom Haus Israel? Masoretentext-Icon Septuaginta-Icon 26 Ihr werdet (den Gott) Sakkut als euren König vor euch hertragen müssen / und den Kewan, euren Sterngott, / eure Götter, die ihr euch selber gemacht habt. Masoretentext-Icon Septuaginta-Icon 27 Ich will euch in die Gebiete jenseits von Damaskus verbannen, / spricht der Herr; / Gott der Heere ist sein Name.

Manfred Rieger liest den Lesungstext

Dies war der Lesungstext für den Gottesdienst am 1. Juli.

Wieso? Weshalb? Warum? ...

An einem Heiligtum war es üblich, dass der Priester bekannt gibt, ob ein Opfer den Vorschriften genügt und angenommen wird. Er sagte dann "Ich erkenne an." Oder "Ich erkenne nicht an." Amos sagt, dass Jahwe das Opfer nicht anerkennt und er verwendet dafür das Wort mincha, das alle Opferarten umfasst. Die Menschen erwarten einen positiven Entscheid. Stattdessen sagt Amos, dass Jahwe sämtliche Opfer zuwider sind und abgelehnt werden.

Amos führt aus, wie Jahwe seinen Abscheu gegen liturgische Begehungen kundtut. Er will davon nichts sehen, riechen und hören. Mahlfeiern und Musik werden als genießerische Selbstbefriedigung abgetan. Die Teilnehmer meinten Gott mit solchen Opfern einen Dienst zu erweisen. Aber Gott will nicht der Empfänger von Leistungen sein. Er will nicht passiv gefeiert werden. Sein Volk soll von ihm empfangen: Recht und Gerechtigkeit. Er will der Aktive sein, der seinem Volk Hilfe zum Leben gibt. Man kann den lebendigen Gott nicht erfahren, wenn man ihn auf Pflichterfüllung und fromme Gewohnheiten festlegt.

5,25 greift das gleiche Thema noch einmal als geschichtlichen Rückblick auf. Damals kam Israel in der Wüste ohne reichen Opferdienst aus. Es gab wohl einen Opferkult, aber er war nicht Lebensmitte und Lebensquelle. Vers 26 legt eine Strafandrohung nahe. Als Strafe dafür, dass Israel Recht und Gerechtigkeit durch einen reichen Opferkult ersetzt hat, muss Israel nicht nur fremden Göttern dienen, sondern bei Kultprozessionen die Bilder der Gestirngötter Sakkut und Kewan vor sich hertragen. Diese Gottheiten waren die Götter der siegreichen Assyrer.

Wenn Amos von Verbannung jenseits von Damaskus spricht, bedeutet das, dass Israel von Fremdvölkern bestimmt werden wird. Was mit der Befreiung aus Ägypten und der Landgabe von Kanaan begonnen und Israel ein freies Leben garantiert hat, wird radikal rückgängig gemacht.

Dieser ganze Abschnitt ist wohl der schroffeste unter den kultkritischen Texten der Propheten. Trotzdem lehnt Amos den Kult nicht generell ab. Allerdings kann man nicht sagen, dass nur der damalige Gottesdienst mit seiner Verschmelzung von verschiedenen Kulten vom Propheten kritisiert wird. Das wird der prophetischen Kultkritik zu wenig gerecht. Es geht um den Stellenwert des Kultes. Er ist nicht die Mitte eines Kreises, sondern nur einer der beiden Brennpunkte einer Ellipse, deren anderer Brennpunkt Recht und Gerechtigkeit ist. Der Hinweis auf die opferlose Wüstenzeit zeigt, dass unter Umständen eher auf Kultbegehungen verzichtet werden kann als auf Recht und Gerechtigkeit. Jesus hat diese Lehre der Propheten voll übernommen, indem er den Propheten Hosea zitiert: "Darum lernt, was es heißt: Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer" (Matthäus 9,13).

Von Amos her muss man auch unsere gottesdienstliche Praxis immer wieder überprüfen. Wenn von manchen Christen die Eucharistiefeier allein als Praktizieren des Glaubens angesehen wird, ohne Gerechtigkeit und Liebe, wird eine solche Einstellung von der Kritik des Amos voll getroffen. Was Amos sagt, ist letztlich Gottes Kritik am Gottesdienst.

Vor- und nachgedacht...

Ich hasse Eure Feste
Euer feierliches Orgelspiel
den Gesang der Kirchenchöre

Wenn Ihr dabei Eure Herzen verschließt,
nicht zulasst, dass ich zu Euch komme,
Euch zum Leben beschenke

Ich hasse es, wenn Ihr vergesst,
dass Gottesdienst
Menschendienst ist

Ich liebe es, wenn Ihr offen seid
für mich
für Eure Mitmenschen
Wenn Ihr zuhört
versteht
helft, wo Ihr nur könnt
versucht zu vergeben
für den anderen einsteht

Gertrud Willy

Lust auf mehr?

Auch die Frage nach unserem Weihnachtsfest kommt auf, wenn wir den Satz auf uns wirken lassen. So wie damals, das, was aus dem Kult geworden ist, verabscheuungswürdig für den Propheten war, so ist für uns als Christen vieles, was aus der Feier der Geburt des Gottessohnes geworden ist, höchst fragwürdig. Lebkuchen im September, Weihnachtsfeiern im Advent, Stille Nacht Anfang November, Kitsch und Kommerz haben unser Fest verkommen lassen.

Marieluise Gallinat-Schneider

Adventsschmuck im Karlsruher Einkaufszentrum edc

Foto: Roland Sand

Noch mehr Infos

Während Alfons Deissler davon ausgeht, dass der ganze Abschnitt von Amos stammt, hält Hans Walter Wolff die Verse 25 und 26 für einen Nachtrag der Deuteronomisten. Nur die Deuteronomisten hatten nämlich die Vorstellung, dass die Wüstenzeit die Zeit der unbedingten Treue des Volkes zu Jahwe war und das Volk in dieser ersten Generation (40 Jahre der Wüstenzeit) zudem ohne Opfer ausgekommen sei. Diese Zeit stellen sie als vorbildlich hin, sozusagen als die Zeit der ersten Liebe.

Nach H. W. Wolff macht die Erwähnung der assyrischen Götter Sakkut und Kewan erst Sinn, als die Zeit der assyrischen Besatzung in Nordisrael angebrochen war. Frühestens also mit dem ersten Sieg der Assyrer über das Nordreich und spätestens mit dem endgültigen Sieg auch über die Stadt Samaria und das Gebirge Ephraim tauchen diese assyrischen Götter in Nordisrael (und später auch im Südreich Juda) auf. Die Assyrer haben nämlich die Oberschicht Nordisraels nach Osten deportiert. Von dieser Menschengruppe gibt es keine späteren Nachrichten. Vermutlich gingen sie im Völkergemisch Assurs unter. Im Gegenzug zur Deportation der Oberschicht des Nordreichs siedelten die Assyrer in Nordisrael assyrische Statthalter, Verwaltungsbeamte und eine neue - assyrische - Oberschicht an. Die assyrischen Besatzer brachten ihre eigenen Götter mit. Unter ihnen waren Sakkut und Kewan, assyrische Sternengötter, die im Zuge der Besatzung dann auch in Nordisrael angebetet wurden. Da diese Sternengötter zur Zeit des Amos und für Amos kein Thema waren, sehr wohl jedoch zur Zeit der assyrischen Besatzung, geht Wolff davon aus, dass ihre Erwähnung später im Amosbuch von den Deuteronomisten nachgetragen wurde.

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