Weckruf - Wegruf

Mit dem Propheten Amos auf dem Weg


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Weiter-Button Zurück-Button Sonntag, 14. Juni (Amos 2,6-8)

In den Staub getreten

Masoretentext-Icon Septuaginta-Icon 6 So spricht der Herr: Wegen der drei Verbrechen, die Israel beging, / wegen der vier nehme ich es nicht zurück: Weil sie den Unschuldigen für Geld verkaufen / und den Armen für ein Paar Sandalen, Masoretentext-Icon Septuaginta-Icon 7 weil sie die Kleinen in den Staub treten / und das Recht der Schwachen beugen. Sohn und Vater gehen zum selben Mädchen, / um meinen heiligen Namen zu entweihen. Masoretentext-Icon Septuaginta-Icon 8 Sie strecken sich auf gepfändeten Kleidern aus / neben jedem Altar, von Bußgeldern kaufen sie Wein / und trinken ihn im Haus ihres Gottes.

Dies war der Lesungstext für den Gottesdienst am 15. Juni.

Wieso? Weshalb? Warum? ...

Bisher konnten viele Zuhörer, von denen die meisten Israeliten und Bewohner von Samaria waren, Amos wohl zustimmen. Es ging um die Anderen, sie selber waren nicht betroffen. Plötzlich ändert sich das. Amos klagt nun Israel an, also die Zuhörer selber: Sie sind nicht besser als alle anderen.

Grundsätzlich trifft Israel kein anderer Vorwurf als die fremden Völker. Allerdings mit einem gravierenden Unterschied: bei den fremden Völkern ging es um Kriegsverbrechen. Bei Israel geht es aber um Verbrechen in Friedenszeiten und zwar gegen die eigene Bevölkerung.

Der Prophet bringt zuerst die Menschen in den Blick, denen Unrecht widerfährt. Er wendet sich nicht grundsätzlich gegen Sklaverei - sie war damals erlaubt und gesetzlich geregelt (Exodus (= 2. Buch Mose) 21,1-11). Amos prangert aber an, dass auch unschuldig in Not geratene Menschen, um eine kleine Geldsumme einzutreiben, verkauft und in ein ungewisses Schicksal gestoßen wurden. - Sandalen waren billig, schon ein solch geringer Schuldbetrag konnte aber verheerende Folgen haben: einen Verkauf in die Sklaverei.

Die Verachtung eines Menschen kann sich kaum drastischer zeigen als darin, dass Kleine in den Staub getreten werden.

"Sohn und Vater gehen zum selben Mädchen" ist von der Bedeutung her nicht ganz klar. Es könnte bedeuten, dass Vater und Sohn zur gleichen Prostituierten gehen. Wahrscheinlicher aber ist es, dass es sich um die zukünftige Frau des Sohnes handelt. Der Text legt nahe, dass er bereits Verkehr mit ihr hatte. Dadurch war er zur Ehe mit ihr verpflichtet. Er hätte die junge Frau ansonsten entehrt und sie würde durch alle sozialen Raster ihrer Zeit durchfallen.

Für den Vater des Mannes ist die Braut des Sohnes aber tabu. Sich ihr sexuell zu nähern, ist eines der schlimmsten Vergehen, deren sich der Vater schuldig machen kann. Hinzu kam, dass die Frau ihm, als Vorstand der Familie gleichsam zum Gehorsam verpflichtet war und kaum eine Möglichkeit hatte, sich ihm zu widersetzen. Hier geht es nicht zuletzt um rücksichtslosen Missbrauch einer Machtposition gegenüber einer hilflosen Frau. Amos brandmarkt, dass der alte, verheiratete Vater das Liebesverhältnis des Sohnes stört und so ein Mädchen zum Objekt unerlaubter Lüste wird.

In Amos 2,8 geht es um den gepfändeten Besitz. Dem Pfandrecht sind im alttestamentlichen Gesetz enge Grenzen gesetzt. Es gab z. B. ein Gesetz, das die Rückgabe des gepfändeten Mantels bis zum Abend verlangte (Exodus (= 2. Buch Mose) 22,25). Der Mantel diente oft als Decke in der Nacht für den Armen, der meist nichts anderes hatte, um sich zuzudecken. Sich auf gepfändeten Kleidern hinzulegen und von Bußgeldern Wein zu kaufen, zeigt keinerlei Respekt mehr vor den ursprünglichen Eigentümern. Diesen Respekt fordert Gott aber ein. Das gilt nicht nur für die unschuldig in Not geratenen, sondern auch für die, die ihre Notlage selbst verschuldet haben. Selbst ihre Würde steht unter Gottes Schutz.

Amos prangert weiter an, dass Bußgelder, die für die Deckung eines angerichteten Schadens gedacht waren, für die Finanzierung von Saufgelagen verwendet werden.

Vor- und nachgedacht...

Foto: Ursula Groß

Das Bild wurde aufgenommen 1990 in einem Behinderten-Kinderheim in Siret/Rumänien anlässlich der "Aktion Siret", einer Hilfsaktion, die von der PSG St. Paul und dem Caritasverband Bruchsal durchgeführt wurde.

Armut und Ungerechtigkeit

Ich stehe vor meinem Kleiderschrank
er ist voll, eigentlich zu voll.
Wo soll ich die neuen "Schnäppchen" hinräumen?
Wohin mit den neuen Schuhen?
Im Schuhschrank ist kein Platz mehr frei.
Mein Kühlschrank ist gut gefüllt,
der Brottopf ebenso.

Ein Satz, den ich irgendwo gelesen habe,
kommt mir in den Sinn:
"Das Brot, das bei Dir verschimmelt,
es gehört den Hungernden,
die Schuhe und die Kleider,
die deine Schränke zum Bersten füllen,
sie gehören den Nackten!"

Ursula Groß

Lust auf mehr?

Advent

Auch du
bist Prophetin
in dir tanzt das Licht
und machtvoll erklingt
uns dein Lied

aus dir
singt der Traum
vom Sturz aller Täter
vom Aufstand aller Opfer
zur Freundschaft
und Lebenslust

Auch du
bist Prophetin
ausgespannt zwischen Himmel und Erde
in deinen Händen
liegt Licht und Wahrheit
und du erzählst
von Unrecht und Schmerz
und vom kommenden Leben
das leise
unaufhaltsam
unter uns Gestalt annimmt.

Lisianne Enderli

[Lisianne Enderli, in: Frauenkirchenkalender 1999, herausgegeben von Brigitte Enzner-Probst, Irene Löffler und Hanna Strack, Seite 164.]

Wir sind es gewohnt, ...

... Propheten als männliche Propheten zu sehen. Dabei übersehen wir Mirjam, Deborah, Hulda, Noadja. Hulda hat dem König Joschija das neu gefundene heilige Buch als authentischen Willen Gottes beglaubigt und damit die Reform des Königs als Willen Gottes ermöglicht. Noadja war wahrscheinlich die Führungspersönlichkeit einer Prophetengruppe zur Zeit Nehemias.

Enderli greift in ihrem Text diese weibliche Prophetentradition auf. Sie macht darauf aufmerksam, dass die Voraussetzung für Freundschaft, Lebenslust und das Kommen des Lebens der Sturz der Täter UND das Erzählen von Unrecht und Schmerz ist. Erst wenn das Unrecht und der Schmerz zu Wort gekommen sind, kann das Leben leise, aber unaufhaltsam beginnen.

Die Verteilung des Reichtums in Deutschland sah 2003 so aus:

Das unterste Fünftel der Haushalte besaß ein Nettovermögen (ohne Produktiv- und Gebrauchvermögen) von - 0,5%, d. h. Schulden.
Das 2. Fünftel besaß 1,7%.
Dem 3. Fünftel gehörten 7,9 %.
Das 4. Fünftel war im Besitz von 23,5 %.
Das oberste Fünftel war im Besitz von 67,5 % des Nettovermögens in Deutschlands.

Diese Zahlen sind dem 2. Armuts- und Reichtumsbericht von 2003 entnommen.

Man kann die Zahlen auch ein wenig umstellen: Die oberen 40% der Haushalte besitzen 91% des Nettovermögens in Deutschland.
Die unteren 60% teilen sich die übriggebliebenen 9% des Nettovermögens.

Erika Kerstner

Wenn die Welt ein Dorf wäre ...

Wenn wir die ganze Menschheit auf ein Dorf von 100 Einwohnern reduzieren und auf die Proportionen aller bestehenden Völker achten würden, so wäre dieses Dorf so zusammengestellt:

60 Asiaten
14 Afrikaner
11 Europäer
14 Amerikaner (Nord u. Süd)
1 Ozeanier
52 wären Frauen
48 wären Männer
70 Nicht-Weiße
30 Weiße
70 Nicht-Christen
30 Christen 89 Heterosexuelle
11 Homosexuelle
6 Personen würden 59% des gesamten Weltreichtums besitzen und alle 6 Personen kämen aus den USA.
80 hätten keine ausreichenden Wohnverhältnisse
70 wären Analphabeten
50 wären unterernährt
1 würde sterben
2 würden geboren
1 hätte einen PC
1 hätte einen akademischen Abschluss

Wenn man die Welt aus dieser Sicht betrachtet, wird jedem klar, dass das Bedürfnis nach Zusammengehörigkeit, Verständnis, Akzeptanz und Bildung notwendig ist.

Falls Du heute Morgen gesund und nicht krank aufgewacht bist, bist Du glücklicher als 1 Million Menschen, welche die nächste Woche nicht erleben werden.

Falls Du nie einen Kampf des Krieges erlebt hast, nie die Einsamkeit durch Gefangenschaft, die Agonie des Gequälten oder Hunger gespürt hast - dann bist Du glücklicher als 500 Millionen Menschen der Welt.

Falls Du in die Kirche gehen kannst, ohne die Angst, dass Dir gedroht wird, dass man Dich verhaftet oder Dich umbringt - bist Du glücklicher als 3 Milliarden Menschen der Welt.

Falls sich in Deinem Kühlschrank Essen befindet, Du angezogen bist, ein Dach über dem Kopf hast und ein Bett zum Hinlegen - bist Du reicher als 75% der Einwohner dieser Welt.

Falls Du ein Konto bei der Bank hast, etwas Geld im Portemonnaie oder etwas Kleingeld in einer kleinen Schachtel - gehörst Du zu 8% der wohlhabenden Menschen auf dieser Welt.

Du, der Du diesen Text liest, bist doppelt gesegnet worden - denn:

1. Du gehörst nicht zu den 2 Milliarden Menschen die nicht lesen können.
2. Du hast einen PC!

Autor unbekannt - versandt per E-Mail

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