Die Bibel
Entstehung, Gedankenwelt, Theologie ...
Gläubiges Vertrauen auf Jahwe, nicht auf Ägypten (Jes 31,1-3) ⋅1⋅
- 1. Die Unabhängigkeitsbemühungen unter König Hiskija
- 2. Erneutes Auftreten Jesajas
- 3. Zur Wortwahl von Jes 31,1-3
Auch in einer zweiten Situation untermauert Jesaja, dass das gläubige Vertrauen auf Jahwe die Voraussetzung für den Bestand Israels ist.
1. Die Unabhängigkeitsbemühungen unter König Hiskija
Der Hiskija-Tunnel - Teil der
militärischen Vorsorgemaßnahmen des Königs.
Lizenz: Tamar Hayardeni, Siloam31, CC BY 3.0
König war zur damaligen Zeit Hiskija, der im Jahre 725 v. Chr. seinem Vater Ahas auf den Davids-Thron nachgefolgt war.
Während Jesaja den König Ahas vergeblich vom Vertrauen auf Assur abzuhalten versucht hatte, mühte sich dessen Sohn während seiner ganzen Regierung das assyrische Joch wieder abzuschütteln. Ausdruck dieser Bemühungen war nicht zuletzt die Erneuerung und der Ausbau der Befestigungsanlagen Jerusalems.
Hiskija war dabei auch der Sache des Jahwe-Glaubens grundsätzlich zugetan. Auch die Religion war schließlich vom assyrischen Joch schwer bedrückt.
Jede Gelegenheit, aus der Umklammerung Assurs zu entkommen, versuchte Hiskija zu nutzen. So bemühte er sich bereits 713 v. Chr., eine antiassyrische Koalition auf die Beine zu stellen. Als jedoch deutlich wurde, dass die Übermacht Assurs erdrückend war, gab er diesen Versuch schleunigst wieder auf
Nach dem Tod des assyrischen Königs Sargons II. im Jahre 705 v. Chr. kam es in Mesopotamien jedoch zu Aufständen. Babylon fiel zu dieser Zeit von Assur ab.
Diese Situation hielt Hiskija für eine günstige Gelegenheit und kündigte Assur die Vasallenschaft auf. Er stellte sich auf die Seite Babylons und versuchte vor allem in Ägypten einen weiteren Verbündeten zu gewinnen.
2. Erneutes Auftreten Jesajas
Genau in dieser Situation trat nun Jesaja wieder auf. Mit dem gleichen Anliegen wie in Jes 7 wandte er sich nun an den König. Er warnte Hiskija davor, auf irdische Mächte zu bauen. Allein Jahwe könne dem König Hilfe bringen.
Aus dieser Zeit stammt der instruktive Text von Jes 31,1-3. Denen, die in Ägypten Hilfe suchen, schleudert der Prophet sein "Wehe" entgegen:
"Wehe denen, die der Hilfe wegen nach Ägypten hinabziehen, die auf Kriegsrosse ihre Hoffnung setzen und vertauen auf die Menge der Streitwagen und auf die große Schar der Reiter! Aber auf den Heiligen Israels schauen sie nicht und fragen nicht nach Jahwe. Und doch ist auch er weise. Er führt das Unheil herbei und nimmt sein Wort nicht zurück; er steht auf gegen das Haus der Frevler und gegen die Hilfe der Übeltäter. Die Ägypter sind nur Menschen und nicht Gott, ihre Rosse sind Fleisch und nicht Geist. Wenn Jahwe seine Hand ausstreckt, so stürzt der Helfer und fällt, dem er helfen will; so kommen alle miteinander um." (Jes 31,1-3.)
Solche prophetischen Wehesprüche sind übrigens die schärfste Form der Verurteilung, die man von den Propheten kennt. ⋅2⋅
3. Zur Wortwahl von Jes 31,1-3
In diesem Text kommt natürlich an keiner Stelle das Wort glauben vor. Das Verbum הֶאֱמִין ["hæ>æmin"] wird hier von Jesaja nicht verwendet. Der Sache nach geht es aber um nichts anderes.
a. Die Verben
Wichtig ist hier vor allem der Satz:
"... die auf Kriegsrosse ihre Hoffnung setzen und vertauen auf die Menge der Streitwagen..." (Jes 31,1.)
Sowie:
"... Aber auf den Heiligen Israels schauen sie nicht und fragen nicht nach Jahwe." (Jes 31,1.)
Jesaja verwendet hier vier Verben, mit denen er das hebräische Wort "glauben" umschreibt:
- שׁען ["scha<an"], was oben übersetzt wurde mit "die Hoffnung setzen auf", aber eigentlich soviel bedeutet wie "sich stützen",
- בטח ["batach"], das hebräische Wort für "vertrauen",
- שׁעה ["scha<ah"], was man am Besten mit "blicken auf", "umherschauen" und dann mit "nach Hilfe umschauen" überträgt,
- und schließlich das Verb דרשׁ ["darasch"], mit der Bedeutung "sich erkundigen" und "fragen nach".
Alle vier Verben stellen einen besonderen Aspekt des Glaubens heraus. Und sie machen von daher schon deutlich, dass glauben in sich einen ungeheuer komplexen Akt darstellt.
Jemanden zu glauben, heißt demnach sich auf ihn stützen, ihm vertrauen, bei ihm sich nach Hilfe umzuschauen und nach ihm zu fragen.
Hiskija tut all dies aber im Blick auf Ägypten. Er glaubt Jahwe demnach nicht.
b. Die gegensätzliche Charakterisierung Jahwes und der Ägypter
Wem aber glaubt er dann? Er vertraut Menschen und deren Rossen. Und dabei sind die Menschen, wie Jes 31,3 ausführt, doch schwach und die Rosse lediglich vergängliches Fleisch.
"Die Ägypter sind nur Menschen und nicht Gott, ihre Rosse sind Fleisch und nicht Geist." (Jes 31,3.)
Jahwe aber ist nach diesem Zeugnis
- Gott, das heißt "die Mächtigkeit selbst und in Person",
- er ist "Geist", רוּחַ ["ruach"], also "Geistbraus", "Wirkkraft aller Wirklichkeit".
- Und er ist der "Heilige Israels", und das heißt der Weltübersteigende, der sich im Bund mit Israel frei selbst übersteigt auf Mensch und Welt hin.
Ihm allein gilt es zu glauben, ihm allein gilt es zu trauen.
Glauben bedeutet demnach die Entscheidung für diese "Wirklichkeit" Gottes und das Bauen auf sie. Nicht-Glauben ist dann aber immer zugleich ein Sich-Stützen und Vertrauen auf Vergängliches und Zerfallendes.
Jesaja ruft in diese Entscheidung. Er ruft in die Entscheidung für Jahwe.
Anmerkungen