Die Bibel

Entstehung, Gedankenwelt, Theologie ...


Weiter-ButtonZurück-Button Jahwe als Hirt ⋅1⋅

Dieser Gedanke verweist aus sich heraus eigentlich schon auf den dritten Aspekt des Sprechens von der Zuwendung Jahwes in der Botschaft der Propheten, auf das Sprechen von Jahwe als "Hirten" nämlich.

1. Der Hirtenberuf und die Verwendung des Wortes "Hirt" im Alten Orient

Die Verwendung dieses Bildes in Israel ist dabei nicht verwunderlich. Der Hirtenberuf gehört zu den ältesten und verbreitetsten Berufen des Alten Orients überhaupt. Nicht nur die Nomaden, sondern auch die Sesshaften sind mit ihm vertraut.

  • So wird das Wort "Hirt" schon sehr früh beispielsweise in Mesopotamien und Ägypten auch im übertragenen Sinne gebraucht. Sehr früh ist seine metaphorische Verwendung, etwa als Titel für die Könige, belegt.
  • Auch die Bibel kennt diesen Gebrauch. In 2 Sam 5,2 wird in einem Gottesspruch über David angesagt:
    "Du sollst mein Volk Israel weiden, und du sollst Fürst sein über Israel." (2 Sam 5,2)
  • So ist es auch nicht verwunderlich, dass der zukünftige Heilskönig in Israel unter anderem auch im Bild des Hirten angesagt wird. So heißt es in Ez 34,23:
    "Und ich werde über sie einen einzigen Hirten bestellen, der sie weiden soll, meinen Knecht David, der soll sie weiden und ihr Hirte sein." (Ez 34,23; vgl. auch: Ez 37,24; Mi 5,3).
  • Auch die anderen verantwortlichen Führer Israels werden manchmal Hirten genannt, insbesondere dann, wenn sie von den Propheten gescholten werden. Gerade die prophetischen Scheltreden brandmarken die verantwortungslosen Führer des Volkes häufig als "schlechte Hirten" (vgl. Jer 10,21; 23,2; Ez 34,1ff; Jes 56,11 u. a.)

2. Frühe Zeugnisse des Hirtentitels in Bezug auf Jahwe

Sehr früh scheint der Titel "Hirte" dann auch auf Jahwe übertragen worden zu sein. So sagt Jakob zu Gott in Gen 48,15, in einer elohistischen Stelle:

"... mein Hirte von Jugend auf" (Gen 48,15.)

3. Ezechiel

Schafherde

Schafherde.

Foto-Button© Katholisches Bibelwerk Linz, Kapuzinerstr. 84, A-4020 Linz

Unter den Propheten ist es dann vorab Ezechiel, der die Hirtenschaft Jah­wes herausstreicht.

Ein Spitzentext in die­sem Zusam­men­hang liegt in Ez 34 vor. Nach­dem dort in einer Got­tes­schelte die Führer Israels als schlechte Hirten gekennzeichnet wurden und daher auch für die Katastrophe des Ba­by­lonischen Exils haftbar gemacht worden sind (Ez 34,1-10), stellt sich Jahwe nun selbst für die Zukunft als "guter Hirt" vor:

"Siehe, ich selbst will mich um meine Schafe kümmern und mich ihrer annehmen. Wie sich ein Hirt seiner Herde annimmt am Tage, da etliche von seinen Schafen sich verlaufen haben, so will ich mich meiner Schafe annehmen... Ich hole sie heim aus den Völkern und sammle sie aus den Ländern; ich bringe sie in ihre Heimat und weide sie auf den Bergen Israels, in den Talgründen und auf allen Weideplätzen des Landes... Ich selbst werde meine Schafe weiden, und ich selbst will sie sich lagern lassen. Das Verirrte werde ich suchen, das Versprengte zurückführen, das Verletzte verbinden, das Kranke stärken, und das Fette und Starke hüten und es weiden, wie es recht ist." (Ez 34,11-16).

Der Text fährt dann fort, indem er schildert, wie nun der göttliche Hirt zukünftig dafür sorgen wird, dass auch die Schafe untereinander sich nicht bedrängen und die starken Tiere nicht die mageren und schwachen von Weide und Wasser wegstoßen (Ez 34,17-22).

4. Jeremia

Dieses großartige Hirtenbild illustriert, was kurze Zeit zuvor bereits Jeremia angekündigt hatte.

Jeremia musste zwar das Gottesgericht ansagen, aber durch die Botschaft von der Vernichtung hindurch schimmert auch bei ihm bereits die Zuversicht auf eine neue Sammlung Israels durch Jahwe. Diese Sammlung verheißt Jeremia im Bild des Hirten:

"Der Israel zerstreut hat, sammelt es und hütet es wie ein Hirt seine Herde." (Jer 31,10)

Alles Herrscherliche und Majestätische an Jahwe tritt hier zurück. Einzig und allein seine Fürsorge, seine unüberbietbare Zuwendung zum Menschen steht hier im Vordergrund.

5. Psalm 23

So scheint im Hirtenbild ganz besonders das "Für" auf, das Jahwes Zuwendung zu Welt und Mensch kennzeichnet. Auf diesem Hintergrund betet man in Israel dann fortan den 23. Psalm, den "Hirtenpsalm" (Ps 23). ⋅2⋅

"Jahwe ist mein Hirte,
ich leide nicht Not;
auf grünender Weide lässt er mich lagern.
Er führet mich an Wasser der Ruhe,
Erquickung spendet er meiner Seele.
Er leitet mich auf dem rechten Pfad,
getreu seinem Namen.
Und muss ich auch wandern im finsteren Tale,
ich fürchte kein Unheil,
denn du bist bei mir.
Dein Stock und dein Hirtenstab,
die geben mir Zuversicht." (Ps 23,2-4.)

Weiter-ButtonZurück-Button Anmerkung

1 Vgl.: Alfons Deissler, Die Grundbotschaft des Alten Testaments (Freiburg 1972) 107-108. Zur Anmerkung Button

2 Dieser Text fand in anderen Prophetentexten - wie in Jer 23,3; Zef 3,19; Mi 2,12; 4,6-7; 7,14 [Nachträge!]; Jes 40,11; 49,9-10 - sein gebührendes Echo. Zur Anmerkung Button