Die Bibel

Entstehung, Gedankenwelt, Theologie ...


Weiter-ButtonZurück-Button Was bleibt?

Damit komme ich zum Ende dieses Abschnitts und zusammenfassend zur Frage, was nun von all den Schwierigkeiten mit dem Sprechen von Gott im Alten Testament bleibt. Nun, sie sind nicht restlos auszuräumen, das ist gar keine Frage.

Aber muss das denn überhaupt sein? Gott nagt durchaus an unserem Selbstverständnis - und das ist doch letztlich auch gut so.

Die bleibenden Schwierigkeiten im alttestamentlichen Sprechen von Gott gilt es daher ganz einfach auszuhalten. Das Alte Testament beiseite zu schieben, weil es vermeintlich schwerer zu verstehen wäre als das Neue, hieße unseren Glauben seines Wurzelgrundes zu berauben. Wir würden mehr als nur eine ganzen Dimension unseres Glaubens verlieren.

Gut, es ist nicht einfach, das Alte Testament. Es gilt in eine uns fremde Sprach- und Gedankenwelt überzusetzen, um die Bilder und Begriffe verstehen zu können. Und dieses Hinabtauchen in jene fremde Bilder- und Gedankenwelt ist um so unbequemer, als es auf jeden Fall eine Hilfestellung und Begleitung braucht.

Ich halte es deshalb für ein völlig verkehrt, wenn heutzutage ab und an behauptet wird, dass man zum Verständnis der Bibel solch eine Hilfestellung nicht brauchen würde, dass man einfach aufschlagen und lesen könnte. Und dass die Bilder schon für sich selbst sprechen würden.

Gerade das Alte Testament braucht eine Einführung und es braucht Verstehenshilfe. Es ist eine andere Sprache und eine andere Gedankenwelt aus der heraus es spricht. Und sich dieser Gedankenwelt zu nähern erfordert natürlich einiger Mühe.

Wenn man das aber tut, wenn man sich dem Alten Testament verantwortlich und verantwortet nähert, dann wird es zu einer Schatzgrube, die niemals versiegt. Man wird sehr bald spüren, dass diese Bilder und Begriffe von einem unergründlichen und gewaltigem Gott künden. Einem Gott, der uns als das "ewige Du" wie Martin Buber sagt, schon beinahe unglaublich nahe gekommen ist.

So gibt es eine Fülle von Aussagen über unseren Gott im Alten Testament, die wir im Neuen Testament vergeblich suchen, Bilder und Worte die viel unmittelbarer ins Herz treffen, als jedes Wort des uns ansonsten doch so viel näheren Neuen Testamentes. Mit einem dieser Spitzentexte des ersten Bundes möchte ich diesen Abschnitt schließen, ein Text aus dem Buch Hosea, der auch im Neuen Testament seinesgleichen sucht. Es heißt dort im 11. Kapitel:

"Als Israel jung war, gewann ich es lieb, und aus Ägypten rief ich meinen Sohn. Aber je mehr ich sie rief, desto mehr wandten sie sich von mir ab; sie opferten den Baalen, den Götzenbildern brachten sie Rauchopfer dar. Und doch habe ich Efraïm das Gehen gelehrt, habe es auf meine Arme genommen, aber sie erkannten nicht, dass ich sie hegte. Mit Banden der Güte zog ich sie, mit Seilen der Liebe; ich war wie einer, der einen Säugling an seine Wange hebt. Ich beugte mich zu ihm und gab ihm zu essen. Zum Lande Ägypten wird es zurückkehren, und Assur wird sein König sein, weil sie sich nicht bekehren wollten. Das Schwert wird wüten in seinen Städten und vertilgen seine Kinder, es wird fressen in seinen Burgen.
Aber mein Volk ist krank an seinem Abfall, zum Baal rufen sie, doch der hebt sie nicht auf. Wie könnte ich von dir lassen, Efraïm, dich preisgeben, Israel? Wie könnte ich von dir lassen gleich Adma, dich gleichstellen Zebojim? Mein Herz kehrt sich um in mir, und zugleich regt sich mein Mitleid. Nicht will ich tun, was die Glut meines Zornes mir eingibt, nicht Efraïm wieder verderben. Denn Gott bin ich und nicht ein Mensch, heilig in deiner Mitte, ich liebe es nicht, zu verderben." (Hos 11,1-9.)

Das ist Evangelium, das ist rundum frohe und frohmachende Botschaft.

Sicher es gibt auch bedrohlich klingende Texte, aber die gibt es im Neuen Testament auch. Und manche neutestamentliche Aussagen sind weit bedrohlicher als alle schwierigen Begriffe des Alten Testamentes zusammengenommen.

Vorab denke ich hier an den philosophischen Ewigkeitsbegriff, der in das Neue Testament ganz stark hereinragt. Solch einen Ewigkeitsbegriff kennt das Alte Testament nicht. Im ersten Bund gibt es keine ewige Hölle und auch keine ewige Verdammnis mit Heulen und Zähneknirschen.

Das aber leitet bereits zum nächsten großen Abschnitt über, den ich in unserem Rahmen erörtern möchte, nämlich zur Frage der Zukunftserwartung Israels. Was erwartet das Gottesvolk von der Zukunft und wie stellt es sich diese Zukunft letztlich vor?

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