Die Bibel

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Weiter-ButtonZurück-Button Jahwe ist der allmächtige Schöpfergott und der schöpferische Herr der Geschichte

Damit kommen wir auch schon zum nächsten Aspekt der biblischen Gottesbotschaft. Denn der lebendige Gott, der über der Zeit steht, ist nun auch der Herr dieser Zeit. Er ist der schöpferische Herr der Geschichte.

1. Israels Credo ist ein geschichtliches Credo

Damit, dass Gott in die Geschichte seines Volkes eingreift, also in der Geschichte sich als Herr dieser Geschichte erweist, damit beginnt ja letztlich auch Israels Weg mit diesem Gott.

So ist es ganz wichtig, sich vor Augen zu halten - wie wir ja bereits schon gesehen haben -, dass für Israel die Gottesbotschaft nicht mit der Erschaffung der Welt begann. Das erste Wort des alten Kerns der Jahwereligion, nämlich die Eröffnung des Dekalogs, lautet:

"Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus dem Ägypterlande, dem Sklavenhaus, herausgeführt hat." (Ex 20,2.)

Und auch das kleine geschichtliche Credo in Dtn 26,5 beginnt mit diesem Ereignis und preist die Befreiung aus Ägypten als Grundtat Gottes in dieser Welt.

"Ein umherirrender Aramäer war mein Vater. Mit wenigen Leuten zog er hinab nach Ägypten und hielt sich dort als Fremdling auf, wurde aber daselbst zu einem großen und starken und zahlreichen Volke. Als uns dann die Ägypter schlecht behandelten und bedrückten und uns harten Frondienst auferlegten, schrien wir zu Jahwe, dem Gott unserer Väter, und Jahwe hörte auf unser Rufen und sah unser Elend, unsere Mühsal und Bedrängnis. Und Jahwe führte uns aus Ägypten weg mit starker Hand und ausgestrecktem Arme, mit großen Schrecken, unter Zeichen und Wundertaten..." (Dtn 26,5-8.)

Das ist der innere Kern des Glaubens Israels. Gott erweist sich als Herr der Geschichte.

2. Jahwe als Schöpfergott

a. Der Schöpfungsglaube als äußerer konzentrischer Kreis

In späterer Zeit, wohl unter phönizischem Einfluss, lagert sich um diesen Glaubenskern herum, so quasi als äußerer konzentrischer Kreis, das Sprechen vom Schöpfer der ganzen Welt. Darin erweist sich dann endgültig, dass Gott der schöpferische Herr der Geschichte ist.

Wohlgemerkt: die Zeugnisse des israelitischen Schöpfungsglaubens stehen nicht am Anfang. Der Schöpfungsglaube ist langsam dazugewachsen. Und er ist immer verbunden mit dem in Israel ganz stark verwurzelten Gedanken von Jahwe als dem Gott der Geschichte.

b. Vergegenwärtigung der Anfänge der Zuwendung Jahwes

Das heißt, wenn man in Israel von der Schöpfung spricht, dann tut man das nicht so sehr um über den Anfang der Welt nachzusinnen. Der Schöpfungsglaube steht immer auf dem Hintergrund der mosaischen Selbsterschließung Gottes. Und das ist ja zuallererst die Botschaft vom Gott, der sein Volk aus Ägypten herausführt, der sich also in der Geschichte den Menschen zuwendet.

Deshalb hat das Sprechen von der Schöpfung in aller Regel nicht die Funktion, den Anfang der Welt zum Thema zu machen. Es geht darum den Menschen die "Anfänge" der Zuwendung Jahwes zu Welt und Menschheit zu vergegenwärtigen.

Dies wird ganz deutlich, wenn wir uns einmal anschauen, wann denn verstärkt das Schöpfungsthema aufgegriffen wurde.

c. Zeugnisse für den Schöpfungsglauben

Am häufigsten finden wir es bei Deutero-Jesaja ausgesprochen, also im 6. Jahrhundert v. Chr. Dies war die Zeit, in der Israel am tiefsten Punkt seiner Geschichte angelangt war. Nach der Eroberung durch die Babylonier und der Zerstörung des Tempels sahen viele keinen Ausweg mehr. In dieser Situation brachte Deutero-Jesaja nun das Schöpfungsthema ins Bewusstsein. Jetzt wurde diese Thematik in den Vordergrund gestellt.

Gerade hier am Tiefpunkt der Geschichte strich also Deutero-Jesaja die Größe Gottes heraus und gab zu bedenken, dass Jahwe der Herr des Kosmos ist.

"Erhebt zur Höhe eure Augen! Wer hat diese (Sterne) geschaffen? Er, der ihr Heer herausführt, wohlgezählt, und sie alle mit Namen ruft. Ob der Fülle seiner Macht und gewaltigen Stärke bleibt auch nicht einer aus." (Jes 40,26.)

Der Gott, der die ganze Welt erschaffen hat, der sich in dieser Schöpfung den Menschen zugewandt hat, der wird sich auch gleichsam in einer neuen Schöpfung wieder seinem Volk zuwenden.

Im dritten Teil des Jesaja-Buches wird dieser Gedanke des Neuanfangs für Israel ausdrücklich mit der Vorstellung einer neuen Schöpfung verbunden.

"Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, an das Frühere wird man nicht mehr denken, es kommt nicht mehr in den Sinn. Vielmehr wird man sich freuen und immerdar frohlocken über das, was ich schaffe. Denn seht, ich schaffe Jerusalem um zum Frohlocken und mein Volk zum Jubel." (Jes 65,17-18.)

Auf diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass zur gleichen Zeit, in der Deutero-Jesaja seine Gedanken entwickelte, der priesterschriftliche Schöpfungsbericht (Gen 1) entstand. Gerade in diesem Text steht ja die kosmische Schöpfung ganz im Vordergrund; und hier wird die Größe Jahwes ja ganz besonders herausgestrichen. Jahwe schafft nicht handwerklich, sondern durch das Wort.

Die Erinnerung an die Schöpfung, die Gottes Größe und Allmacht verdeutlicht, soll angesichts der gegenwärtigen Ohnmacht die Zuversicht nähren, dass Gott auch weiterhin die Geschichte zum Guten lenkt. Er ist nämlich der schöpferische Herr der Geschichte.

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