Kar- und Ostertage 2020

ein wahrhaft besonderes Osterfest


Wie ein Tanz mit dem Tod

Samstag, 2. Mai 2020

Ja, Menschen sterben an dem Virus, das uns derzeit heimsucht. Und die Zahlen sind hoch. Und sie wirken umso höher, weil wir das Sterben um uns herum im Normalfall gar nicht wirklich wahrnehmen.

6736 Tote sind eine hohe Zahl. Aber schon ohne Pandemie sterben in Deutschland jeden Tag 2500 Menschen - die meisten davon eines "natürlichen Todes". Aufs Jahr hochgerechnet sind das um die 900.000 Tote allein in Deutschland - und das jedes Jahr.

4000 davon sterben bei Verkehrsunfällen. Rund 11.000 Menschen begehen jährlich Suizid. 13.000 kommen bei Stürzen ums Leben. Und jeden dritten Tag wird eine Frau von ihrem Partner ermordet.

Grabmal

Das Leben - wie ein Tanz mit dem Tod.

Foto: Jörg Sieger

Weltweit gesehen sterben pro Tag 150.000 Menschen. Im Jahr sind das 54 Millionen.

Wenn wir die Medien verfolgen, dann erscheint die Corona-Pandemie als die tödliche Bedrohung des Jahres 2020. Aber das ist nicht wahr. Diese Pandemie ist eine tödliche Bedrohung. Aber sie ist nur eine neben vielen anderen. Und das Risiko zu sterben ist bei sehr vielen anderen Bedrohungen weitaus größer, als bei dieser Virusinfektion. ⋅1⋅

Es ist deshalb mehr als gefährlich, sich allein auf dieses eine Virus zu konzen­trieren, so wie wir das im Augenblick tun.

Menschen haben Angst vor einer Infektion. Und das ist auch gut so. Diese Angst lässt nämlich vorsichtig agieren und beugt einer Erkrankung in vielen Fällen vor.

Wer aber allein auf diese Bedrohung starrt, der gerät leicht in Gefahr, viele andere tödliche Risiken zu übersehen. Leben ist nämlich komplex und erfordert Vorsicht nach allen Seiten hin. Manchen Menschen droht deshalb dieser Tage mehr Gefahr durch all das, was sie aus Sorge vor einer Ansteckung unterlassen, als durch die Ansteckung selbst.

"Menschen sterben an Herzinfarkten und Schlaganfällen, weil sie wegen Corona-Bedenken zu spät oder nicht in die Klinik gehen." ⋅2⋅

berichten heute die Badischen Neuesten Nachrichten.

Sich allein auf die Vermeidung einer einzigen tödliche Bedrohung zu fixieren kann tödliche Folgen haben.

Und genauso gefährlich ist es, nur noch Gefahren zu sehen. Nicht umsonst blenden wir die Zahl der tödlichen Unfälle aus, wenn wir in ein Auto einsteigen. Wir nehmen das Risiko einfach in Kauf, weil uns die Vorteile die uns diese Mobilität verheißt, weit wichtiger zu sein scheinen, als die Gefahr, die damit verbunden ist.

Und niemand kommt auf die Idee Autofahren zu verbieten, weil Menschen dadurch ums Leben kommen.

Niemand verbietet es, auf eine Leiter zu steigen, obschon so viele Menschen bei Stürzen sterben. Im besten Fall sorgen wir für entsprechende Sicherheitsvorkehrungen. Nicht selten blenden wir das bestehende Risiko ganz einfach aus.

So allein funktioniert Leben. Wer beim Vorwärtsgehen immer nur auf den Boden blickt, um ja nicht über irgendetwas zu stolpern, fällt in aller Regel über kurz oder lang auf die Nase. Leben gibt es nicht nur dort, wo es keine Bedrohung durch den Tod gibt. Leben gibt es allüberall trotz all der Bedrohungen durch den Tod.

Jörg Sieger

Unser Leben währt siebzig Jahre, / und wenn es hoch kommt, sind es achtzig. Das Beste daran ist nur Mühsal und Beschwer, / rasch geht es vorbei, wir fliegen dahin.

Psalm 90,10

Anmerkungen

1 Vgl. Artikel "Todesursache" = https://de.wikipedia.org/wiki/Todesursache und Gewalt gegen Frauen Jeden 3. Tag wird in Deutschland eine Frau von (Ex-)Partner ermordet, Focus-Online = https://www.focus.de/familie/eltern/familie-heute/gewalt-gegen-frauen-jeden-dritten-tag-wird-in-deutschland-eine-frau-von-ehemann-oder-ex-partner-ermordet_id_11388628.html (abgerufen am 2. Mai 2020). Zur Anmerkung Button

2 Die Angst vor der Ansteckung, BNN, Nr. 101 vom 2. Mai 2020, Seite 3. Zur Anmerkung Button