Kar- und Ostertage 2020
ein wahrhaft besonderes Osterfest
Osternacht
Karsamstag, 11. April 2020
Für mich hat der Karsamstag hohe symbolische Bedeutung. Wir gehen nicht vom Karfreitag, an dem wir an das Sterben Jesu am Kreuz denken, über zum Osterjubel. Nein, es wird ganz langsam hell. Die Osternacht zeigt uns den Weg vom Dunkel ins Licht. Jesus ist am Kreuz gestorben und lag im dunklen Grab. Am Gründonnerstag und Karfreitag haben wir diese Grabesruhe ausgehalten. Nun kommen wir aus dieser Stille in die Osterfreude.
Die Natur lehrt uns, geduldig zu sein, denn es dauert eine ganze Zeit, bis aus dem, was in dunkler Erde versteckt war, neues Leben keimt und entsteht. Ich habe letztes Jahr in der Fastenzeit Samen als Zeichen für Auferstehung geschenkt bekommen. Lange wusste ich nicht, ob daraus tatsächlich etwas wird. Nach den Sommerferien entdeckte ich eine wunderschöne Sonnenblume.
Ein Zeichen für Leben, das nach langer Dunkelheit entsteht, sich einen Weg zum Licht bahnt. Es macht deutlich, Leben ohne Tod ist eine Einbildung. Der Tod gehört zum Leben. Das wissen wir alle.
Im Tod ist das Leben! Wir haben lange so getan, als ob wir das vergessen hätten, wollten nicht sehen, dass es kein Leben ohne Risiko gibt. Das Virus hat uns gezeigt, was die Realität ist.
Aber im Vergleich mit der Natur erkennen wir auch, das Leben bahnt sich einen Weg, nach der Dunkelheit gibt es wieder ein Blühen. Gerade das kann jetzt im Frühling, der sich mit seiner Pracht entfaltet, gut tun.
Blumengruß
Foto: Marieluise Gallinat-Schneider
Eine Nachricht der letzten Wochen hat mir wehgetan:
"Es ist Tulpen-Saison in den Niederlanden - doch wegen der Coronavirus-Pandemie und der dadurch weggebrochenen Nachfrage müssen die Produzenten derzeit jeden Tag Millionen Blumen vernichten…Die durch die Coronavirus-Pandemie erzwungene Schließung von Geschäften und Läden werde "dramatische" Folgen haben, sagte die Chefin der Königlichen Gesellschaft der Blumenzwiebel-Produzenten, Prisca Kleijn. Es gebe "keine Nachfrage mehr nach Blumen", weil die Pandemie ganz Europa im Griff habe." ⋅1⋅
Zugegeben, es gibt Wichtigeres als Blumen. Aber wenn ich an meine Freude über die Sonnenblume, über einen Blumengruß denke, dann sind Blumen immer ein Zeichen von Auferstehung, ein Zeichen von großer Freude. Wenn mir jemand als Dankeschön einen Blumenstrauß vor die Bürotür stellt, ich zum Geburtstag eine Amaryllis gebracht bekomme, wenn meine Tochter von der Fahrradtour in Coronazeiten Tulpen von einem Selbstpflückerfeld mitbringt, so sind das alles Zeichen, die sagen: "Manchmal feiern wir mitten im Tag ein Fest der Auferstehung".
Daher kam mir sofort der Gedanke, wieso werden in den Niederlanden die Blumen vernichtet? Wieso gibt es gerade jetzt keine Nachfrage nach Blumen? Wäre es nicht gerade jetzt für Einsame, Isolierte, wichtig, ein solches Blühen als Zeichen für Leben, für Licht zu erhalten?
Wir befinden uns heute erst am Karsamstag, wir feiern heute die Osternacht. Es ist dieses "Hindurch", dass den Tag ausmacht. Wir gehen vom Dunkeln zum Licht. Wir beginnen am Grab und fangen langsam an, Freude zu empfinden.
Die Natur lehrt uns geduldig zu sein. Wir warten noch gespannt, was aus den Keimen wird, die wir in die Erde gesteckt haben, wir sehen grüne Setzlinge, aber noch nicht die leuchtenden Blumen. Ich habe den Eindruck, dieser Zustand passt am besten zur diesjährigen Situation. Noch entspringt uns kein Osterjubel. Noch singen wir ein sehr verhaltenes Halleluja.
Wir wissen, es gibt kein Leben ohne Risiko, das wird uns jetzt wieder ganz neu bewusst.
Dennoch gibt es Zeiten, in denen die Sorgen kleiner sind.
- Wir fragen uns, wann können wir wieder lauthals jubeln und uns freuen?
- Wann wird die Sorge um die Risikopatientinnen und die Senioren wieder etwas kleiner?
- Wann wird die drückende Belastung, die viele finanziell zu tragen haben, wieder einer Beschäftigung weichen, die die Menschen ernährt?
Dies sind Gründe, die den Osterjubel erschweren.
Aber wir sehen auch Zeichen von Auferstehung, Blumengrüße, die Helligkeit im Dunkel bringen.
Guter Gott,
Alles auf der Erde wächst und vergeht,
alles auf der Erde, stirbt und entsteht.
Alles auf der Erde hat seine Zeit,
der Schmerz und die Heiterkeit.
Alles auf der Erde atmet deinen Geist,
der uns im Dunkeln Licht verheißt.
Lass uns nach der Dunkelheit das Licht der Osterfreude sehen,
das Licht der Auferstehung.
So dürfen wir rufen, Halleluja, Jesus lebt.
Wir bitten Dich, schenke uns diese Freude
durch Christus unsern Herrn Amen.
Marieluise Gallinat-Schneider
Anmerkungen
Eine Hilfestellung für einen Gottesdienst zuhause finden Sie hier: Hausgottesdienst für die Osternacht.