Kar- und Ostertage 2020

ein wahrhaft besonderes Osterfest


"Grün, grün, grün..."

Gründonnerstag, 9. April 2020

"Grün, grün, grün sind alle meine Kleider
Grün, grün, grün ist alles, was ich hab
Darum lieb ich alles was so grün ist
Weil mein Schatz ein Jäger, Jäger ist"

An dieses Kinderlied musste ich denken, als ich das erste Mal erzählt bekam, dass viele Familien in Deutschland am Gründonnerstag etwas Grünes essen, Gemüse wie Spinat, Grünkohl, vielleicht dazu Kartoffeln und Ei? Dies ist Brauch, weil der Tag ja Gründonnerstag heißt.

Aber um die Farbe grün geht es nicht. Der Name des Tages kommt von "greinen" einem alten deutschen Wort, das weinen bedeutet

Am Gründonnerstag feiern wir das letzte Abendmahl Jesu, den Moment, in dem er das letzte Mal mit seinen Freunden gegessen, getrunken, sicher auch gefeiert hat. Der Sederabend ist der Abend, an dem sich jüdische Gemeinden innerhalb des Paschafestes, zu dem die Menschen damals in Jerusalem versammelt waren, das Gedenken an den Auszug aus Ägypten vergegenwärtigen. Es wird Lamm gegessen, Fladenbrot, Fruchtmus, Eier, Bitterkräuter und grüne Kräuter gehören dazu. Das Essen hat eine Symbolik. Die Speisen erinnern an das Leben in Ägypten in der Sklaverei, an den Auszug aus Ägypten. Das Fruchtmus soll die Lehmziegel, die die Israeliten brennen mussten versinnbildichen, die Bitterkräuter die Knechtschaft und das Salzwasser, in das die Kräuter getunkt werden, die Tränen.

Auch beim jüdischen Sedermahl geht es um beides, um die Freude der Befreiung, aber auch die Erinnerung an die Zeit der Gefangenschaft.

Jesus war am Sederabend wie alle gläubigen Juden in Jerusalem. Er war dort mit seinen engsten Anhängerinnen und Anhängern zur Feier versammelt. Er wird beim letzten Abendmahl die Bitterkeit sicher noch stärker empfunden haben, er wusste, es ist der Abschied und hatte Angst vor dem, was auf ihn zukommt.

Näher als in diesem Bibeltext kann Jesus uns Menschen kaum sein. Er muss erfahren, dass seine engsten Vertrauten den Ernst der Lage nicht einschätzen können, ihm nicht beistehen. Sie lassen ihn alleine und schlafen ein. Er ist einsam, von allen Menschen verlassen.

Aber nicht nur das. Er verspürt auch eine Gottverlassenheit, er verspürt Todesangst. Er hadert mit dem, was geschieht. Er fragt nach dem Warum und hofft, dass der Kelch an ihm vorbeigehen kann.

Dietrich Bonhoeffer dichtet in "Von guten Mächten"

"Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern
Des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
So nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
Aus deiner guten und geliebten Hand."

So hat er es in seiner Gefängniszelle auch verspürt. Auch er wusste, er muss bald sterben. Er greift diese Bibelstelle vom Gründonnerstag auf, fühlt sich Jesus darin sicher nah. Heute vor 75 Jahren wurde Dietrich Bonhoeffer von den Nazis umgebracht. Daher wollen wir mit dem Textausschnitt aus dem Lied, das ihn unsterblich gemacht hat, auch seiner gedenken.

Diesen bittren Kelch, hat Jesus in diesem Moment zwischen Mahl und Verhaftung erlebt, aber er ahnte auch, wie schlimm es noch werden wird. Das hat ganz viel mit Tränen zu tun.

Hat Jesus geweint?

Ich weiß es nicht. Was ich jedoch weiß: Mit Spinat hat der Gründonnerstag wahrlich nichts zu tun! Das was da im Garten Getsemani während der Ölbergwache geschehen ist, ist an Dramatik kaum zu überbieten. Und es rührt mich auch beim Lesen oder Hören der Passion immer wieder zu Tränen.

Das ist der Jesus, der sich in Stunden des Leids mit mir solidarisiert, der Jesus, zu dem ich rufen und flehen kann, weil ich weiß, er kennt meine Ängste, meine Fragen, meine Zweifel und meine Ohnmacht, weil er sie selbst durchlebt hat.

Marieluise Gallinat-Schneider

Sie kamen zu einem Grundstück, das Getsemani heißt, und er sagte zu seinen Jüngern: Setzt euch hier, während ich bete! Und er nahm Petrus, Jakobus und Johannes mit sich. Da ergriff ihn Furcht und Angst und er sagte zu ihnen: Meine Seele ist zu Tode betrübt. Bleibt hier und wacht! Und er ging ein Stück weiter, warf sich auf die Erde nieder und betete, dass die Stunde, wenn möglich, an ihm vorübergehe. Er sprach: Abba, Vater, alles ist dir möglich. Nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht, was ich will, sondern was du willst. Und er ging zurück und fand sie schlafend. Da sagte er zu Petrus: Simon, du schläfst? Konntest du nicht einmal eine Stunde wach bleiben? Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet! Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach. Und er ging wieder weg und betete mit den gleichen Worten. Als er zurückkam, fand er sie wieder schlafend, denn die Augen waren ihnen zugefallen; und sie wussten nicht, was sie ihm antworten sollten. Und er kam zum dritten Mal und sagte zu ihnen: Schlaft ihr immer noch und ruht euch aus? Es ist genug. Die Stunde ist gekommen; siehe, jetzt wird der Menschensohn in die Hände der Sünder ausgeliefert. Steht auf, wir wollen gehen! Siehe, der mich ausliefert, ist da.

(Evangelium nach Markus 14,32–42)