Kar- und Ostertage 2020
ein wahrhaft besonderes Osterfest
Beten hilft?!
Freitag, 3. April 2020
"Beten hilft?!"
So ist die christliche Gebetswoche in Bruchsal überschrieben, in der Menschen vieler Konfessionen und christlicher Gemeinden immer in der letzten Januarwoche miteinander zum Gebet einladen, zum Gebet im Rathaus, in Schulen, in Behörden, ganz bewusst an anderen Orten als Kirchen und Gemeindesälen. Es löst bei den Einrichtungen, auf die wir zugehen, um anzufragen, zunächst Erstaunen aus. Wenn ich zum Beispiel im Finanzamt anrufe und sage: „Hallo, wir würden gerne bei Euch beten“, kommt dann schon als Reaktion, Gebet? Hier bei uns? Wenn dann Anliegen der Mitarbeitenden gesammelt und diese vorgebracht werden, merken Menschen, da liegt jemandem etwas an mir.
brennende Kerze im Fenster,
als Zeichen, hier wird gebetet
Foto: Marieluise Gallinat-Schneider
Aber wir tun uns oft auch schwer damit. Es kostet Überwindung vor anderen Menschen zu beten, vor Kolleginnen und Kollegen gar, am Arbeitsplatz, also an einem ungewohnten Ort. Der Ort des Gebetes ist in der Vorstellung vieler Menschen der private Bereich oder sogar nur in die Kirche.
In Klöstern wird für die Anliegen der Menschen gebetet. Wenn wir mit Firmgruppen in Baden-Lichtenthal waren, waren die Jugendlichen erstaunt, wenn die Schwestern zu ihnen beim Abschied sagten, sie würden für sie beten.
Ein Gebet rund um den Erdkreis wie beim Weltgebetstag, ein Friedensgebet mit vielen Konfessionen und Religionen, ein Gebet wie das Hausgebet im Advent kann das Anliegen verstärken. Außerdem tut es gut, sich in einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten zu befinden.
Viele Kirchen rufen jetzt, nachdem es keine Gottesdienste gibt, zu unterschiedlichen Gebetsaktionen auf. Diese stoßen teilweise auf Kritik, weil sie die Gefahr von Aktionismus in sich tragen. Aber ich bekomme momentan immer wieder Mails von Menschen, denen ich in den Gemeinden verbunden bin, die ihr Bedauern ausdrücken, dass wir uns nicht sehen können, nicht miteinander austauschen können, auch keinen Gottesdienst miteinander feiern, es ihnen aber sehr gut tue. abends eine Kerze ins Fenster zu stellen, wenn um 19 Uhr alle Kirchenglocken in Bruchsal läuten und dann zu wissen, es wird in vielen Wohnungen und Häusern in ökumenischer Verbundenheit gleichzeitig gebetet.
Die Kirche von Chapaize
Foto: Jörg Sieger
Ich weiß nicht, ob es Ihnen auch schon einmal so gegangen ist. Wenn ich manchmal in sehr alte, romanische Kirchen komme, habe ich plötzlich den Gedanken, wie viele Menschen haben hier im Laufe der Jahrhunderte gebetet?
Ich stelle mir vor, wie Gläubige darum gebetet haben, dass Kriege beendet werden, sie von den Folgen verschont werden, dass Seuchen wie die Pest an ihnen vorüber gehen, wie sie um Angehörige getrauert haben, sich in persönlichen Schicksalsschlägen und Leid in diesem sakralen Raum an Gott gewandt haben.
Die Aura dieser vielen Gebete verstärkt den Eindruck des Gebäudes, es atmet für mich förmlich den Geist Gottes in dem Bewusstsein der Menschen und ihrer Anliegen, die hier vorgetragen wurden.
Ich höre immer wieder den Gedanken, die Coronakrise werde empfunden wie in einem Krieg. Ich glaube, solche Zeiten sind für viele nur im Gebet durchzustehen und in dem Wissen, dies nicht allein zu tun.
Ich glaube an die Kraft des Gebetes, auch jetzt in dieser schwierigen Zeit. Und ich glaube, es ist hilfreich, sich dabei verbunden zu fühlen mit all den Menschen, die schon immer gebetet haben und denjenigen, die im selben Moment ihre Gebete sprechen.
Von daher wünsche ich mir, bleiben wir im Gebet miteinander verbunden!
Marieluise Gallinat-Schneider
Bittet und es wird euch gegeben; sucht und ihr werdet finden; klopft an und es wird euch geöffnet! Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet.
(Evangelium nach Matthäus 7,7-8)