Louis René de Rohan
Kardinal im Schatten der Französischen Revolution
im Schatten der Franz. Revolution
4. Rohan und die Theologie
Siegel unter der Ernennungsurkunde
von Joseph Chavanne zum Kaplan der
Ettenheimer Kaplaneistiftung (4. September 1796).
Rohans theologischer Horizont lässt sich - unter der Voraussetzung, dass der Kardinal seine Hirtenbriefe schwerlich selbst verfasst hat - aufgrund der Quellenlage kaum eruieren. Während des gesamten Aufenthaltes in seinem Ettenheimer Exil ist lediglich eine 'theologische' Äußerung aus dem Mund des Fürstbischofs selbst überliefert. Als im Frühjahr 1795 der aufgeklärte protestantische Theologe Friedrich Christian Laukhard den Kardinal in Ettenheim aufsuchte und beide auf Laukhards Konfession zu sprechen kamen, habe der Straßburger Bischof geantwortet:
"Das ist einerlei! Die Liebe zum Guten macht die wahre Religion, der Name tut dazu nichts." ⋅1⋅
Wenn wir die Frage der Glaubwürdigkeit von Laukhards Aufzeichnung - welche letztendlich wohl nicht mehr zu beantworten sein wird - dahingestellt lassen, so haben wir es mit einer Äußerung Rohans zu tun, die sicher von wenig theologischem Gespür zeugt. Während die liturgischen und praxisbezogenen Kenntnisse des Kardinals als durchaus gediegen erscheinen,⋅2⋅ dürfte seine Ausbildung in dogmatischen und systematischen Fragen kaum zureichend gewesen sein. Daraus jedoch folgern zu wollen, dass Rohan zu keinem anderen Glaubensbekenntnis fähig gewesen sei, scheint nach Lage der Dinge allerdings bedeutend zu weit zu gehen. Das energische Eingreifen des Kirchenfürsten gegen den Umsturz der traditionellen, für sein Empfinden gottgewollten Ordnung und der kirchlichen Verhältnisse Frankreichs, lässt die tiefe Verwurzelung innerhalb der katholischen Tradition erahnen. Nicht nur der Politiker, auch der Bischof, der ganze Mensch waren durchdrungen vom Zeitalter des 'Ancien régime', aus dem der katholische Glaube und seine Gedankenwelt nicht wegzudenken war.
Anmerkungen
Laukhard berichtet weiter:
"Ich wunderte mich, einen katholischen Bischof, dessen Hirtenbriefe zu Anfang der Revolution ganz anders lauteten, so reden zu hören. Aber einige Tage darauf, als ich einem Benediktiner zu Ettenheimmünster diese Aeußerung des Kardinals erzählte, belehrte mich dieser eines Besseren, indem er sagte, der Kardinal habe als Prinz wenig Theologie studiert; er wisse also nicht recht, wie wichtig der wahre Glaube sei usw."
(Friedrich Christian Laukhard, Magister F. Ch. Laukhards Leben und Schicksale, Bd. I (Stuttgart 1908) 322.)
(Vergleiche in diesem Zusammenhang beispielsweise die Abschnitte 1 und 2 dieses Kapitels.)