Louis René de Rohan
Kardinal im Schatten der Französischen Revolution
im Schatten der Franz. Revolution
10. Kaiserliche Intervention
Schon am 14. November war dem Kaiser in Wien eine Beschwerde der Franzosen über die Emigranten im bischöflich Straßburgischen vorgelegt worden. Worms hatte Condé ausgewiesen und an Ludwig XVI. ein Entschuldigungsschreiben gesandt; Rohan wurde vom Kaiser zu erkennen gegeben, dass die Truppen am Rhein nicht länger geduldet werden könnten.⋅1⋅ Am 16. Januar 1792 übermittelte der Freiburger Regierungsrat Fechtig den kaiserlichen Entscheid.⋅2⋅
a. Nach Oberkirch
Im Januar 1792 wurden außer dem Regiment 'Royal Rohan', das der Kardinal in seiner Nähe behalten wollte, sämtliche im Oberamt Ettenheim stationierten Soldaten in die Untere Herrschaft des Hochstiftes verlegt.⋅3⋅ Am 13. Januar verließ Condé Ettenheim und am 16. folgte der Rest der Mirabeau'schen Legion.⋅4⋅ Auch das Regiment der 'Chevaliers de la Couronne', das im Oberamt Ettenheim beherbergt worden war, zog sich in Richtung Oberkirch zurück; die von Condé ursprünglich nach Ettenheim beorderten Wagen und Transporte wurden nach Oberkirch umdirigiert. Zwei bis zweieinhalbtausend Leute lagen daraufhin in der Unteren Herrschaft.⋅5⋅
Das Kloster Allerheiligen im 18. Jahrhundert.
Im Besitz des Heimatmuseums Oppenau - Bild bearbeitet von Jörg Sieger
Insbesondere das Kloster Allerheiligen litt unter der Einquartierung. Am 14. Januar erschien eine Ordonanz bei Küchenmeister Pater Lorenz in der Oberkircher Niederlassung, um dem Kloster mitzuteilen, dass der Prince de Condé dort sein Hauptquartier einrichten werde. Das Haus wurde mit Beschlag belegt und der obere Stock als neue Wohnung des Prinzen geräumt.⋅6⋅ Condé zog noch am gleichen Abend mit dem Versprechen, dem Kloster alles zu bezahlen, in Oberkirch ein.⋅7⋅
Neben Oberkirch war auch in Sasbach, Renchen, Ulm und Kappel jedes Haus mit Soldaten besetzt, so dass die Eigentümer kaum Platz fanden. In Renchen und Sasbach lagen je 500 Mann.⋅8⋅
Rohan war der Meinung, mit dem Abzug der Soldaten aus der Oberen Herrschaft dem Protest der Anliegerstaaten Genüge geleistet zu haben, doch der Oberrheinische Kreis gab sich mit dieser Verlegung nicht zufrieden. Man forderte, dass die Legion bis Ende Januar zu entlassen sei.⋅9⋅
Ganz im Gegensatz zu dieser Forderung, wurde die Ausrüstung der Soldaten vermehrt, die Desertion durch eine große Zahl von Rekruten ausgeglichen. Eine Unmenge von Flüchtlingen strömte in vollgestopften Chaisen Anfang 1792 ins Rechtsrheinische.⋅10⋅ Die Emigranten spielten sogar mit dem Gedanken, einen Teil der Soldaten wieder nach Ettenheim, wo nur nach das Regiment 'Royal Rohan' lag, zurückzuverlegen.⋅11⋅ Selbiges Regiment sollte zusätzlich auf 1.100 Mann ausgebaut werden.⋅12⋅
Der Abt von Maursmünster befand sich im Auftrag des Kardinals in Wien, um eine Verlängerung der Aufenthaltsfrist für die Truppen zu erwirken,⋅13⋅ während Abbé d' Eymar und Oberamtsverweser Stuber ebenfalls in dieser Sache unterwegs waren.⋅14⋅ Im eigenen Interesse berief der Herzog von Württemberg nach Verhandlungen mit der Regierung in Freiburg und dem Kardinal eine Konferenz auf den 6. Februar nach Hornberg ein, wo man über Maßregeln zur Auflösung des Mirabeau'schen Korps verhandeln wollte.⋅15⋅ Abbé d' Eymar enttäuschte die Versammlung jedoch mit der Mitteilung, dass das Korps nicht aufgelöst, sondern demnächst von einem nichtoberrheinischen Reichsstand übernommen werde.⋅16⋅
Die Vertreter des oberrheinischen Kreises, versuchten daraufhin vor allem sicherzustellen, dass eine weitere Stationierung der Emigrantentruppen am Oberrhein auch tatsächlich ausgeschlossen sei.⋅17⋅ Als der Abmarschbefehl für das Regiment Berwick nach Koblenz am 13. Februar 1792 wieder zurückgenommen wurde, schien es noch einmal, als sollten die Soldaten doch im Oberkirchischen bleiben.⋅18⋅ Am 20. Februar 1792 begann jedoch der anbefohlene Abmarsch endgültig. Die ehemalige Mirabeau'sche Legion marschierte ins Hohenlohische. Bis zum 6. März war die Untere Herrschaft des Bistums Straßburg geräumt.⋅19⋅
b. 'Royal Rohan'
Das immer noch in Ettenheim einquartierte Regiment 'Royal Rohan', das unter der Leitung des 25jährigen Prinzen Louis de Rohan-Rohan stand, wollte der Kardinal in der Oberen Herrschaft als Schutztruppe erhalten.⋅20⋅ Keinerlei Anstalten, die Soldaten des Kardinals zu verlegen, wurden getroffen. Immer noch wurde exerziert und rekrutiert,⋅21⋅ obschon das Truppenwachstum durch die starke Desertion zum Stillstand gekommen war.⋅22⋅ Am 28. April hatte sich der Kardinal in Freiburg ohne viel Erfolg um die Genehmigung für eine Beibehaltung des Regiments eingesetzt,⋅23⋅, da er nach der von Frankreich aus am 20. April erfolgten Kriegserklärung militärischen Schutz unbedingt nötig habe.⋅24⋅ Am 29. April fuhr der Prince de Rohan-Rohan nach Koblenz, um - wie man sagte - von dort aus die Erlaubnis zum weiteren Verbleib in Ettenheim erwirken zu können, wenn nicht gar die jetzige Hohenlohische Legion wieder zurückzuführen.⋅25⋅ Als am 20. Mai 1792 die Fahnen des Regiments in Ettenheim geweiht wurden,⋅26⋅ war jedoch bereits bekannt, dass in wenigen Tagen der Abmarsch der Soldaten bevorstand.⋅27⋅ Ende Mai verließ 'Royal Rohan' die Stadt in Richtung Worms.⋅28⋅
Nicht nur der Kardinal bedauerte den Abmarsch der Soldaten. Die Zahl der an den Fremden Verdienenden war nicht gering gewesen,⋅29⋅‚ und neben der ungeheuren Belastung der Bevölkerung gab es selbstredend auch einige positiven Begleiterscheinungen der Einquartierung.⋅30⋅
Anmerkungen
die Lebenshaltungskosten in Ettenheim sanken durch die Verlegung der Truppen beträchtlich.
(Vgl.: GLA 74-6285, 66v-67r.)
dabei wurden auch die Zimmer des Prälaten nicht geschont. Die Verfügungsgewalt über die Küche wurde den Mönchen entzogen, die daraufhin klagten, keinen Ort mehr zu haben, wo ihre Köchin wirken könne.
(Vgl.: GLA 74-6285, 59r-62v.)
als in Renchen durch Unfug der Soldaten das Sonnenwirtshaus samt den Stallungen niederbrannte, entstanden 6000 fl Schaden, die Condé übernehmen wollte. 150 Louisd'or bezahlte er umgehend.
(Vgl.: GLA 74-6285, 61v-62r.)
die Rohan'schen waren in verschiedenen angemieteten Zimmern untergebracht. Bis zu 20 Soldaten teilten sich diese Räume, die außer Strohsäcken und einem Ofen, in dem die ganze Nacht ein Feuer unterhalten wurde, keinerlei Einrichtung hatten.
(Vgl.: GLA 74-6285, 80r.)
die weiße Kokarde der Soldaten des Regiments Rohan wurde durch eine rote ersetzt, um sie als Reichstruppen auszuweisen.
(Vgl.: GLA 74-6285, 136r.)
die Emigranten hatten die Hoffnung immer noch nicht aufgegeben, in wenigen Wochen in Frankreich einzumarschieren.
(Vgl.: GLA 74-6285, 47r-48r; vgl. GLA 74-6284, 203v-205r, 208r/v.)
Enghien klagt über die Verzögerung des Angriffs:
"In Koblenz wartet man immer auf die Hilfe der Mächte. Der König wollte es, und man gehorchte seinen Befehlen. Aber wer weiß, ob nicht ein kühner Streich unserem unglücklichen Monarchen das Leben gerettet hätte. Und könnte man ihm nicht helfen, selbst gegen seinen Willen? Gäbe es eine bessere Entschuldigung für einen Ungehorsam, als den König zu retten und unserer Geschichte ein blutiges Blatt zu ersparen, und all das zu leisten ohne die Hilfe der Fremden?"
(Zitiert nach: Johann Baptist von Weiß, Weltgeschichte (fortgesetzt von Richard von Krailik) Bd. XX (Graz/Leipzig 3. Auflage 1896) 385.)
die Mirabeau'sche Legion führte ab dieser Zeit den Namen 'Legion Hohenlohe' (vgl.: GLA 74-6285, 136r/v):
"Meier forderte in seinem Votum sofortigen Aufschluß, an wen, wohin und wann die Truppen überlassen werden sollten, um genau beurtheilen zu können, ob auf diese Weise der Zweck der Conferenz erfüllt werde. Da dieselben unbewaffnet transportirt werden sollten, wäre es wünschenswerth, daß sofort mit der Entwaffnung begonnen würde. Für den Fall, daß der Plan der Truppenüberlassung sich nicht verwirklichen sollte, möge der Cardinal erklären, welche andere Vorkehrungen er dann zu treffen gedenke.
Abbé d' Eymar verweigerte jedoch jeden weiteren Aufschluß und verließ Hornberg am folgenden Tage (7. Febr.) mit der Erklärung, sein Auftrag sei erschöpft, ohne sich durch einen ihm nachgesandten Sekretär zur Rückkehr bewegen zu lassen.
Man beschloß daraufhin, den Cardinal selbst zu ersuchen, die Conferenz neu zu beschicken oder die dem Abbé d'Eyrnar vorgelegten Fragen bestimmt zu beantworten.
Der Cardinal entschuldigte das Benehmen seines Abgesandten, da derselbe "Gesundheitshalber" die Conferenz habe verlassen müssen, und beauftragte zugleich den Hofrath Stuber, an dessen Stelle sich nach Hornberg zu begeben. Stuber gab nunmehr die etwas bestimmtere Erklärung ab, das Gebiet des Reichsstandes, der die Truppen in Dienst nehme, sei weder im schwäbischen Kreise noch am Rhein gelegen, der Abzug des Corps werde in kurzer Frist erfolgen, da der Prinz von Condé die erforderlichen Requisitionsschreiben "täglich" erwarte; für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung werde Sorge getragen, die Waffen werde man erst einen Tag nach dem Abmarsch der Truppen nachführen lassen. (9. Febr.)"
(Erdmannsdörfer über den Bericht des Geh. Rath Meier über die 'Hornberger Conferenz', Karlsruhe, 14. Februar 1792 (Bernhard Erdmannsdörfer (Hrsg.), Politische Correspondenz Karl Friedrichs von Baden 1783-1806, Bd. I (Heidelberg 1888) 424));
um die Verhandlungen günstig zu beeinflussen, hatte man in der Unteren Herrschaft den Anschein der Abrüstung erweckt, indem die Gewehre eingesammelt und in Magazine gebracht worden waren, was jedoch nichts daran änderte, dass sie in greifbarer Nähe waren.
(Vgl.: GLA 74-6285, 117r/v.)
(Vgl.: GLA 74-6285, 117v; vgl. die Äußerungen d'Enghiens hier.)
eine Auseinandersetzung um falsche Angaben über die Truppenstärke durch den Vicomte ist einer der letzten Belege über die Beziehung Rohans zu Mirabeau. Aufgrund der Verwarnung durch den Kardinal reichte Mirabeau seine Demission ein, die von Condé jedoch nicht angenommen wurde.
(Vgl.: GLA 74-6285, 148r/v.). Louis Boniface Riqueti de Mirabeau Tonneau starb am 15. September bei einem Duell nach einem Trinkgelage in Freiburg.
(Vgl.: Joann Conrad Machleid, Diarium II, *154v; Justus Franz Wittkop, Graf Mirabeau (Esslingen o. J.) 369.)
Waffen, die man passierenden Franzosen im Badischen abgenommen hatte, wurden zurückgefordert.
(Vgl.: GLA 74-6286, 58r/v.)
als den Soldaten erlaubt wurde, außerhalb der Stadt spazieren zu gehen, verschwanden 20 Mann auf einmal.
(Vgl.: GLA 74-6286, 73r/v; vgl. auch 79v.)
während der Fastenzeit wurde den Soldaten ohne Ausnahme Christenlehre erteilt.
(Vgl.: Joann Conrad Machleid, Diarium II, *147r.)
(Vgl: Bernhard Erdmannsdörfer (Hrsg.), Politische Correspondenz Karl Friedrichs von Baden 1783-1806, Bd. I (Heidelberg 1888) 396.)
die Offiziere speisten im Schloss und die Gemeinen erhielten jeweils 20 Sous.
(Vgl.: GLA 74-6286, 136r.)
(Vgl: Joann Conrad Machleid, Diarium II, *142r/v.).