Louis René de Rohan
Kardinal im Schatten der Französischen Revolution
im Schatten der Franz. Revolution
1. Die religiöse Frage und die Geistlichen
Die Verfassungsgeber des revolutionären Frankreichs hielten sich als Vertreter der Nation - wie zuvor der König - für berufen, Fragen der Kirchenverfassung und Kirchenordnung zu entscheiden.⋅1⋅ Im Zuge der Neugestaltung der kirchlichen Verhältnisse löste die verfassungsgebende Versammlung am 13. Februar 1790 zunächst die Mönchsorden auf. Das Kloster zu verlassen oder sich in bestimmten dazu vorgesehenen Einrichtungen zusammenzuschließen, waren die Alternativen, die den Ordensleuten blieben. Am 20. April entzog man der Kirche die Verwaltung ihrer Güter. Darüber hinaus erwog man die Bildung einer Kirchenkommission. Die bürgerliche Kirchenverfassung wurde am 12. Juli 1790 gebilligt.⋅2⋅
Am 1. August wurde Kardinal de Bernis, der französische Botschafter in Rom, von Ludwig XVI. beauftragt, die Zustimmung Pius' VI. zu erhalten. Doch Pius VI., darauf bedacht, die Lage Ludwigs XVI., zu dem er Vertrauen hatte, nicht noch weiter zu verschlimmern, hielt es für angebracht, eine abwartende Haltung einzunehmen. Dies hatte die verhängnisvolle Auswirkung, dass die verfassungsgebende Versammlung, als der Bischof von Quimper am 30. September starb, gezwungen war, ohne die römische Entscheidung zu handeln.⋅3⋅ Die damit bekundete Absicht, den Papst systematisch zu ignorieren und unverzüglich Neuerungen einzuführen, brandmarkte sogar Geistliche, die in keinerlei Weise mit der aristokratischen Opposition liiert waren, als Gegner und verstärkte die Gärung, die sich auf dem Lande auszubreiten begann. Von den örtlichen Behörden alarmiert, versuchte sich die Nationalversammlung rasch durchzusetzen. In Dekreten vom 27. November und 26. Dezember 1790 forderte sie von allen Geistlichen, die ein öffentliches Amt bekleideten - das heißt von den Bischöfen, Pfarrern und Vikaren -‚ die gleiche Eidesleistung, wie von den zivilen Beamten: sie sollten schwören,
"... dem Staat, dem Gesetz und dem König treu zu sein und mit ihrer ganzen Kraft die Verfassung aufrechtzuerhalten." ⋅4⋅
Der Eid auf die 'Zivilkonstitution des Klerus' schloss natürlich die Zustimmung zu der Neuregelung der kirchlichen Angelegenheiten ein. Eidesverweigerung galt als Verzicht auf das Amt, und Unruhestifter sollten vor Gericht gestellt werden ⋅5⋅.
Anmerkungen
(Albert Soboul, Die große Französische Revolution (Frankfurt 1973) 143.)
Erzbischof Boisgelin von Aix war einer der Gegner dieser Einrichtung. Er gab zwar zu, dass eine "... lang anhaltende Abfolge von Mißbräuchen..." in Frankreichs Kirche geherrscht habe, rief aber der Versammlung die grundlegenden Prinzipien der Kirche im Bereich ihrer Ordnung und Jurisdiktion ins Gedächtnis zurück und erklärte dieses Projekt für einen offenen Anschlag auf die Katholische Kirchenverfassung. Die Versammlung überging seine Bemerkungen.
(Vgl.: Albert Soboul, Die große Französische Revolution (Frankfurt 1973) 144.)
begünstigt durch diese Zwangslage setzte sich die 'prestyterialistische Wahlordnung', die eine Bestellung der Bischöfe durch 'Wahlmänner des Volkes' vorsah, durch.
(Vgl.: Albert Soboul, Die große Französische Revolution (Frankfurt 1973) 140-142.)