Louis René de Rohan
Kardinal im Schatten der Französischen Revolution
im Schatten der Franz. Revolution
3. Der König auf der Flucht
Am 20. Juni 1791 verließ Ludwig XVI. gegen Mitternacht als Kammerdiener verkleidet mit der königlichen Familie die Stadt Paris, in der er seit dem 6. Oktober 1789 festgehalten wurde. Doch am Abend des 21. Juni war der Traum von der Freiheit für den französischen Monarchen in Varennes bereits zu Ende,⋅1⋅ nicht aber die Gerüchte um die Flucht des Königs:
"den 24 Juni alß am sanct ioannes dag kame ein
staffeten nacher hoff, alß wann der könig von
franckreich, auß paris were mit hilff und
vorteil xxxx herauß komen, nacher prißel
ßambtder königin komen ßambt 2 prizen und
einer prinzessin, welches ein große freid war." ⋅2⋅
Königin Marie Antoinette
Lizenz: Louise Élisabeth Vigée Le Brun artist QS:P170,Q213163,
Vigée-Lebrun Marie Antoinette 1783,
als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons
Auch in Kehl hörte man allgemein, der König und die Königin mit dem Dauphin seien entflohen. Doch Genaues war nicht zu erfahren. Einige behaupteten in Straßburg, man habe den König unterwegs wieder festgenommen, andere waren der Meinung, er sei in Metz oder Luxemburg angelangt. Sicher war nur, dass der Straßburger Rheinübergang am 23. und 24. Juni 1791 gesperrt worden war.⋅3⋅
Für die Aristokraten war die Nachricht von der Flucht des Königs allerdings zu erwünscht, als dass man an deren geglücktem Ende hätte zweifeln mögen.⋅4⋅ Man hoffte, dass sich der König an die Spitze der Emigranten stellen würde, um gegen die Revolutionäre in Frankreich vorzugehen. Der in Offenburg weilende Prinz Hohenlohe kam umgehend nach Ettenheim,⋅5⋅ wo die geglückte Flucht ausgiebig gefeiert wurde.⋅6⋅
Noch am 24. Juni gegen 23 Uhr erreichte ein weiterer Bote Ettenheim. Er wollte wissen, dass die königliche Familie vor Metz erkannt und angehalten worden sei.⋅7⋅ Erst am anderen Morgen scheint sich die Niedergeschlagenheit des Regenten langsam auf die ganze Legion übertragen zu haben.⋅8⋅ Niemand durfte allerdings der Meinung Ausdruck verleihen, der König sei nicht in Freiheit.⋅9⋅ Obschon außer den Aristokraten keiner mehr an die Ankunft des Königs in Metz glaubte ‚ wurde noch am 27. Juni am Rheinufer bei Kappel von 4 Uhr an bis spät in die Nacht eine 'Lustbarkeit' gehalten. Den ganzen Tag über wurde getrommelt und geschossen 'und anderes ohnetiges mehren'. Später ging man dazu über, die Franzosen mit 'Vive-le-Roi'-Rufen zu provozieren und schließlich scharf ins Elsass zu schießen; die Elsässer schossen zurück.⋅10⋅
Noch am 30. versuchte man in Ettenheim die Meinung aufrechtzuerhalten, die Königin und der Dauphin seien in Brüssel, Ludwig XVI. jedoch in Metz, und in spätestens 14 Tagen würde man gen Paris aufbrechen.⋅11⋅ In Straßburg - und damit auch in Kehl - wusste man dagegen schon am 26. sicher, dass der König erkannt, mit seiner Familie verhaftet und nach Paris zurückgebracht worden war.⋅12⋅ Erst langsam setzte sich diese Gewissheit bei den Emigranten durch.⋅13⋅
Anmerkungen
vgl. auch die Hachberger Nachricht GLA 74- 6282, 67r-68r;
die Rheinwache war verdoppelt worden. Man sprach sogar davon, dass am Straßburger Ufer Kanonen aufgestellt werden sollten (vgl.: GLA 74-6281, 242r/v).
(Vgl.: GLA 74-6281, 133v, 173v.)
er berichtete auch davon, dass ein Husaren Regiment, das die Flucht des Königs unterstützt habe, fast gänzlich von den Nationalgarden und Linientruppen aufgerieben worden sei.
(Vgl.: GLA 74-6281, 247r/v.)
(Vgl.: GLA 74-6281, 247v.)
unter allen Umständen war zu verhindern, dass die Stimmung der Truppen weiter absank. Mangelnde Beschäftigung hatte schon seit längerem Desertion, Leichtsinn und Übermut gefördert. Mit der Verbreitung von einschlägigen Nachrichten wurde gegen diese Strömungen operiert. Am 12. Juli erzählte ein Dominikanermönch im Lager Ettenheimweiler, dass das Pariser Volk den Kopf der Königin fordere.
(Vgl.: GLA 74-6282, 161r/v.)
Schon die Tatsache, dass man das Fest an den Rhein verlegt hatte war eine Provokation. Weitere Vorkommnisse sind nicht belegt. Im übrigen war man recht zuversichtlich: Beim Schlag gegen Franckreich werde man keinerlei Zeit mit dem Einnehmen von Festungen vergeuden und gleich unter riesigen Verheerungen nach Paris vordringen.
(Vgl.: GLA 74-6282, 8v-9r, 10r/v.)
(Vgl.: GLA 74-6281, 248r-250r.)
mer, vom disch biß zue der stubenthir, eint=
=weders macht man mer darzue, oder weniger,
eß ist halt nix mer zue glauben, ßeinem
negsten fremd gar nit mer amen."
(Joann Conrad Machleid, Diarium II, *136r.)
Dies vermerkte Machleid in seinem 'Diarium'. Abschließend fasste er zusammen, was ihm von der Flucht des Königs bekannt war:
"... mann ßagte der könig von
franckreich, ßeye auff der post komen biß
auff vierstund weit, ßo were er in der frei=
heit geweßen, alß dann ist der könig erkent
worden von dem postmeister, und alß=
dan veraten, und von der nation lermen
gemacht worden, und xxxxx zueruckh
gefüert widerum nacher paris ßambt ßeinem
ganzen hoffhaltung der königin 2 prinz(en)
und einer prinzeßin, wann eß war ist punctum."
(Joann Conrad Machleid, Diarium II, *136r.)