Die Bibel

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Weiter-ButtonZurück-Button Die Modifizierung der Neueren Urkunden-Hypothese auf der Grundlage von Karl Heinrich Graf und Julius Wellhausen ⋅1⋅

Ein wichtiger Punkt, der zur Weiterentwicklung des Wellhausen'schen Systems führte, war die weitere Untersuchung der einzelnen Quellenstränge. Es wurde immer wieder festgestellt, dass dieselben gar nicht so einheitlich sind, wie es anfangs erschien. Auch innerhalb der vier Quellen wurden Spannungen und Widersprüche entdeckt. So kommt es in der Folge zu weiteren Aufspaltungen der vier klassischen Quellen.

Diese Theorien sind in aller Regel aber recht umstritten. Und je weiter wir jetzt in der Zeit fortschreiten, desto unübersichtlicher wird die Zahl der verschiedenen Thesen.

Ich möchte daher nur die wichtigsten ganz kurz skizzieren.

  • A. Kuenen und O. Procksch entdecken eine ganze Reihe Spannungen im sogenannten Elohisten. Diese Spannungen und Ungereimtheiten führen sie darauf zurück, dass auch der elohistische Text auf zwei verschiedenen Quellen zurückgeht. So teilen sie den Elohisten (E) folgerichtig in einen ersten Elohisten (E1) und einen zweiten Elohisten (E2) ein. Diese Quellenscheidung ist von den Bezeichnungen her nicht mit den Namengebungen der älteren und neueren Urkundenhypothese zur verwechseln.
  • K. Budde konzentrierte sich auf den jahwistischen Erzählfaden, vor allem innerhalb der Urgeschichte Gen 1-11. Er meinte zu entdecken, dass der jahwistische Text hier aus zwei Quellen zusammengesetzt sei, also aus einem ersten Jahwisten J1 und einem zweiten Jahwisten J2. J2 war für ihn dabei nichts anderes als eine Neubearbeitung von J1.
  • R. Smend sen. schied dann den Jahwisten gar in zwei voneinander unabhängige Quellenschichten J1 und J2. Sie seien völlig unabhängig voneinander entstanden und erst später miteinander verknüpft worden.
    Diese Auffassung wurde von Otto Eißfeldt übernommen. Er nannte dabei den ersten Jahwisten (J1) im Unterschied zur Priesterschrift Laienquelle (L). Dabei ist diese Laienquelle für Eisfeldt älter als der Jahwist, der Jahwist also von ihr beeinflusst.
    Ähnlich geht auch Georg Fohrer vor. Er nennt J1 allerdings Nomadenquelle (N). Diese Nomadenquelle ist vom Textumfang her fast mit der Laienquelle von Eißfeldt identisch. Im Unterschied zu Eisfeldt geht Fohrer aber davon aus, dass zunächst einmal eine Grunderzählung (G1) vorgelegen habe. Dieselbe wäre dann unter Einbeziehung nomadischer Überlieferungen zur Nomadenquelle ausgebaut worden. Parallel dazu sei aus G1 aber auch eine zweite Grunderzählung G2 entstanden, aus der sich dann J und E entwickelt hätten.
    Mit diesen Teilungen lässt sich sicherlich einiges an Unstimmigkeiten im Verlauf des Pentateuchs klären. Die Unterscheidung ist aber aus verschiedenen Gründen umstritten.
    Die Fragwürdigkeit dieser Scheidung ist schon daraus ersichtlich, dass die Eißfeldtsche Laienquelle älter und die mit L nahezu identische Nomadenquelle Georg Fohrers jünger als J, ja eine Reaktion auf ihn sein soll - möglicherweise handelt es sich bei der Laienquelle, der Nomadenquelle und anderen Scheidungen lediglich um ältere Überlieferungsschichten in J und nicht um eigenständige literarische Quellen. Möglicherweise haben wir es auch mit verschiedenen Bearbeitungsschichten zu tun. Eine weitere Aufteilung des Jahwisten - genauso wie des Elohisten - scheint daher nicht unbedingt geboten zu sein, wird im folgenden deshalb auch nicht weiter verfolgt.
    Weitere Versuche, wie etwa das Postulat einer Keniterquelle oder die Aufteilung des jahwistischen Stranges in drei unterschiedliche Stränge, lasse ich der Übersichtlichkeit halber hier ganz einfach links liegen. ⋅2⋅
  • Die Aufteilung der Priesterschrift - insbesondere im Blick darauf, dass die in ihr enthaltenen Gesetzescorpora zum Teil sehr alt sind - hat in der Forschung mehr Zustimmung gefunden. Heute wird allgemein angenommen, dass die Priesterschrift (P) in eine Grundschrift (PG), in das priesterschriftliche Heiligkeitsgesetz (PH) und in einen priesterschriftlichen Ergänzer (PS) - wobei "S" für "suppletor" steht - aufzuteilen ist.
    Wir werden bei der Untersuchung der einzelnen Quellenstränge noch im einzelnen darauf zu sprechen kommen.

Fazit ist, dass es in der historisch-kritischen Exegese bis heute im großen und ganzen bei den vier Hauptquellen des Pentateuchs bzw. Hexateuch bleibt.

Die verschiedenen Modifizierungsversuche machen aber deutlich, dass die Pentateuchquellen nicht als homogen betrachtet werden können. Die in den einzelnen Quellen enthaltenen Unstimmigkeiten machen es notwendig, von Bearbeitungen, Ergänzungen und verschiedenen Überlieferungsschichten auszugehen.

Im ein oder anderen Fall scheint es auch geboten zu sein, hinter der einzelnen Quellenschicht noch weitere Quellenschichten zu suchen.

Weiter-ButtonZurück-Button Anmerkungen

1 Vgl.: Lothar Ruppert, Einleitung in das Alte Testament (Teil I) - autorisierte Vorlesungsmitschrift (WS 1984/85) 68-76. Zur Anmerkung Button

2 Die Identifizierung des angeblichen J1 als Keniterquelle (J. Morgenstern, wegen "Kain") oder Se'irquelle (Robert Henry Pfeiffer) ist ebenso problematisch wie die Versuche C. A. Simpsons, den Jahwisten in drei genau voneinander abzuhebende Schichten zu scheiden (J1-3). Zur Anmerkung Button