Die Bibel

Entstehung, Gedankenwelt, Theologie ...


Weiter-ButtonZurück-Button Von der Bilderschrift zur Buchstabenschrift ⋅1⋅

Bereits im 4. Jahrtausend vor Christus ist eine Verschriftung von Worten im Orient belegbar.

  • Wir kennen eine Bilderschrift bei den Sumerern und Ägyptern.
  • Bei den Sumerern setzt dann die Entwicklung der Keilschrift als Symbolschrift ein.

Die Ausgrabungen und die Funde, die im Laufe der letzten 100 Jahre gemacht wurden, haben gerade Palästina-Syrien als ein Land von überraschend reicher Schriftkultur erwiesen. Im 2. Jahrtausend vor Christus wurden dort mehrere Schriftsysteme erfunden, aber auch auswärtige Schriften wie die Keilschrift gebraucht.

Vermutlich wurde gerade in diesem Raum der Schritt weg von komplizierten Schriftsystemen mit mehreren hundert Zeichen hin zum denkbar einfachsten Schriftsystem, nämlich dem Alphabet mit etwas mehr als zwanzig Zeichen vollzogen.

Dies geschah dadurch, dass man sumerische Schriftzeichen nahm und diese nun nicht mehr als Symbole für Worte sondern als Symbole für einzelne Laute verwendete.

1. Beispiele für frühe Alphabete

Tintenfässer

Tintenfässer aus dem Scriptorium von Khirbet Qumran,
1. Jahrhundert vor bis 1. Jahrundert nach Christus
Töpferware, Höhe 6 cm, Durchmesser 4,5 cm.

Foto-ButtonAccession number: 96.45(58)
Collection the Israel Antiquities Authority.
Photo © Israel Museum, Jerusalem, by Avraham Hay.

Schon sehr früh entwickelte sich so die sogenannte Sinaischrift, die in einer Reihe von Inschriften bei den Bergwerken von serabit el-chadem auf der Sinaihalbinsel erhalten ist und um das Jahr 1500 v. Chr. angesetzt wird. ⋅2⋅

Verwandt mit ihr dürfte die protopalästinischen Schriften sein, die man auf Fundgegenständen aus Mittel- und Südpalästina entdeckte. Die entsprechenden Gegenstände werden auf die Zeit zwischen 1700 und 1200 v. Chr. datiert. ⋅3⋅

Aus der Zeit um 1400 v. Chr. stammt das keilschriftliche Alphabet von Ugarit in Nordsyrien.

Die Entzifferung dieser Schriften steckt, mit Ausnahme von dem ugaritischen Alphabet, noch in den Anfängen.

2. Die phönizisch-althebräische Schrift

Ungeklärt ist auch noch, ob und wie diese Schriften in Zusammen­hang miteinander stehen und wie sie die weitere Entwicklung beeinflusst haben. Nächster Schritt ist auf jeden Fall die phöni­zisch - althe­brä­ische Schrift,

"... die Mutter aller Alpha­bete der Vergan­gen­heit und Gegen­wart." ⋅4⋅

Diese Schrift ist uns in einer jüngeren, ent­wickel­te­ren Form vom 11./10. Jahr­hundert v. Chr. an bezeugt. Die bekanntesten Do­ku­men­te, sind fol­gende:

  • Das Ostrakon von Izbet Sartah. Eine mit Tinte beschriebene Tonscherbe. Sie enthält so etwas wie alphabetische Schulübungen und stammt aus dem 11. Jahrhundert v. Chr.
  • Der Ahiram-Sarkophag von Byblos, der aus der Zeit um 1000 v. Chr. stammt.
  • Ein sogenannter Bauernkalender von Geser aus der Zeit um das Jahr 950 v. Chr.
  • Der im Jahre 1868 vom Missionar Klein entdeckte Mescha-Stein aus der Zeit um 840 v. Chr. Von den 34 Zeilen in phönizisch-althebräischer Schrift sind 27 ganz erhalten. Sie feiern den Sieg Moabs über Israel nach einer Zeit der Demütigung Moabs (vgl. 2 Kön 3,4ff) und berichten von Städtebauten Meschas.
    "Diese Stele des Königs Mescha von Moab ist von großer Bedeutung als das einzige historische Denkmal des moabitischen Königreiches und als Bericht über historische Beziehungen zwischen Moab und Israel, die im Alten Testament beschönigt odEr nicht erwähnt wurden. Sie zeigt ferner, dass das Moabitische ein mit dem Hebräischen fast identischer semitischer Dialekt war, und beweist die hohe Entwicklung der Schrift in einem kleinen Reich abseits der historischen Hauptstraßen im 9. Jahrhundert v. Chr." ⋅5⋅
  • Ostraka von Samaria aus dem 8. vorchristlichen Jahrhundert
  • das Papyrus-Palimpsest von Murabba'at aus dem 8. oder 7. Jahrhundert v. Chr.
  • die Schiloachinschrift aus der Zeit um 700 v. Chr.
  • und die Ostraka von Lachisch
  • und Arad aus dem 6. Jahrhundert v. Chr.

Der Ursprung der phönizisch-althebräischen Schrift dürfte jedoch lange vor ihrer bis jetzt ersten Bezeugung liegen.

Festhalten können wir demnach, dass den Israeliten im Kulturland von früh an in dem phönizischen und dem daraus entwickelten althebräischen Alphabet eine - abgesehen von der Vokallosigkeit - kaum noch einer Verbesserung bedürftige, leicht erlernbare Schrift zur Verfügung stand.

3. Verbreitung der Schreibkunst in Alt-Israel

Aus mehr als 400 Hinweisen im Alten Testament wissen wir darüber hinaus, dass die Schreibkunst in Israel weit verbreitet war. ⋅6⋅

Das alles war für die Entstehung des Alten Testaments gewiss nicht ohne Bedeutung.

Weiter-ButtonZurück-Button

Anmerkungen

1 Vgl.: Ernst Würthwein, Der Text des Alten Testaments - Eine Einführung in die Biblia Hebraica (Stuttgart 1988) 3-7.
Vgl. auch: Alfons Deissler, Einleitung in das Alte Testament - Zusammenschrift entsprechend einer autorisierten Vorlesungsmitschrift des WS 1969/70 bzw. einer nicht autorisierten Mitschrift anhand von Bandaufnahmen des WS 1976/77 mit teilweisen Ergänzungen für das WS 1979/80 (Albert-Ludwig-Universität Freiburg i. Br.) 16. Zur Anmerkung Button

2 Ansetzung nach Albright, Basor 110, 1948, S. 6ff.
(Vgl.: Ernst Würthwein, Der Text des Alten Testaments - Eine Einführung in die Biblia Hebraica (Stuttgart 1988) 5.) Zur Anmerkung Button

3 Fundorte sind Geser, Lachisch, Sichem und andere.
(Vgl.: Ernst Würthwein, Der Text des Alten Testaments - Eine Einführung in die Biblia Hebraica (Stuttgart 1988) 5.) Zur Anmerkung Button

4 Ernst Würthwein, Der Text des Alten Testaments - Eine Einführung in die Biblia Hebraica (Stuttgart 1988) 4. Zur Anmerkung Button

5 G. R. Dreiver, Semitic Writing (2. Auflage 1954) 109, zitiert nach: Ernst Würthwein, Der Text des Alten Testaments - Eine Einführung in die Biblia Hebraica (Stuttgart 1988) 138. Zur Anmerkung Button

6 Vgl.: D. Firinger, CHB 1 (1970) 13. Warner, VT 30 (1980) 81-90 gibt freilich zu bedenken, dass vor allem soziale Barrieren einer weiteren Verbreitung entgegenstehen konnten.
(Vgl.: Ernst Würthwein, Der Text des Alten Testaments - Eine Einführung in die Biblia Hebraica (Stuttgart 1988) 5.) Zur Anmerkung Button