Die Bibel

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Weiter-ButtonZurück-Button Das Ende des Nordreiches ⋅1⋅

1. Die letzten Könige des Nordreiches

Schon in der Übersicht fällt auf, dass die letzten Könige des Nordreiches recht kurz regierten. Von den fünf Königen, die innerhalb von 20 Jahren auf Sacharja folgten, wurden allein drei ermordet.

Sacharja, übrigens der letzte israelitische König aus der von Jehu begründeten Dynastie, wurde von Schallum (747/46 v. Chr.) ermordet. Bereits nach einem Monat fiel dieser wieder der Verschwörung eines gewissen Menahem (746/45-737/36 v. Chr.) zum Opfer.

Menahems Sohn Pekachja (736/35-735/34 v. Chr.) wurde nach zweijähriger Regierungszeit von Pekach (734/33-733/32 v. Chr.), einem Offizier des Heeres, ermordet.

Pekach wiederum erlag einem Anschlag Hoscheas (732/31-724/23 v. Chr.). Unter seiner Herrschaft fand der Staat Israel schließlich ein Ende.

2. Tiglat-Pileser III.

Im Jahre 745 v. Chr., also etwa zur gleichen Zeit als Jehu in Israel die letzte große Dynastie begründete, kam in Assyrien Tiglat-Pileser III. auf den Thron. Mit ihm begann eine neue Periode in der Expansionspolitik Assurs.

Salmanassar III. hatte sich damit zufriedengegeben, auf mehreren Kriegszügen, die er nach Palästina-Syrien unternahm, Tribut einzufordern. Er hatte aber in diesen Ländern nicht dauernd Fuß gefasst.

Tiglat-Pileser III. verfolgte nun aber das Ziel, den gesamten Vorderen Orient seiner Herrschaft zu unterwerfen.

Hinter dem Eroberungsstreben der Assyrer stand das weitgesteckte religiöse Ziel, die gesamte Welt ihrem Reichsgott Assur zu unterwerfen.

Assur galt den Assyrern als Beherrscher der Welt. Darum mussten alle Könige, die sich den Assyrern als Vasallen unterwarfen, in ihren Staatsheiligtümern neben ihren angestammten Kulten nun dem assyrischen Staatskult den Hauptplatz einräumen. Dieser Staatskult war dem Gott Assur geweiht.

3. Die Unterwerfung Syriens und Palästinas

a. Der Kriegszug 740-738 v. Chr. und die Unterwerfung des Königs von Israel als assyrischer Vasall

Syrien und Palästina als Landbrücke nach Südostkleinasien und Ägypten mussten Tiglat-Pileser ganz natürlich zuerst zum Opfer fallen.

740 v. Chr. fiel er in Nordsyrien ein. 738 v. Chr. unterwarf er den Staat Hamat. Mehrere Kleinstaaten konnte er sich tributpflichtig machen.

Auch Menahem von Israel (746/45-737/36 v. Chr.) unterwarf sich rechtzeitig dem Assyrerkönig. Er konnte so die Besetzung seines Landes verhindern. Menahem erhoffte sich von den Assyrern außerdem eine Stärkung seiner Macht.

Die enorme Tributleistung von 1000 Talenten Silber - das sind über 1000 Zentner - brachte er durch Besteuerung der heerbannpflichtigen Grundbesitzer auf (2 Kön 15,17-20).

b. Der Kriegszug 734 v. Chr. und das anti-assyrische Bündnis

Die Verhältnisse änderten sich jedoch noch einmal grundlegend, als Tiglat-Pileser im Jahre 734 v. Chr. bis in den Südwesten Palästinas vordrang und dabei den Philisterstaat Gaza unterwarf.

In dieser Lage verbündeten sich im Jahre 733 v. Chr. eine Reihe von syrisch-palästinensischen Kleinstaaten unter Führung des Königs Rezin von Damaskus mit König Pekach von Israel (734/33-733/32 v. Chr.). Sie hatten vor, sich gegen Tiglat-Pileser zu erheben.

c. Die Weigerung Ahas' von Juda und der syrisch-ephraimitische Krieg

Auch das Südreich sollte diesem Bündnis beitreten. König Ahas von Juda (742/41-726/25 v. Chr.) weigerte sich aber, diese antiassyrische Koalition zu unterstützen.

Es kam nun zum sogenannten "syrisch-ephraimitischen Krieg". In diesem Krieg versuchten Rezin von Damaskus und Pekach von Israel Ahas abzusetzen, einen Aramäer auf den judäischen Thron zu bringen und Juda zum Bündnis zu zwingen.

Dies geschah zur Zeit des Propheten Jesaja. Wir werden im Zusammenhang mit seinem Buch noch einmal auf diese Ereignisse zu sprechen kommen.

Jesaja warnte Ahas und beschwor ihn, stillzuhalten und auf Jahwe zu vertrauen.

Gegen seinen Rat unterwarf sich Ahas freiwillig dem Assyrerkönig. Er sandte ihm Tribut und bat ihn sogar, gegen Israel und Damaskus einzuschreiten.

d. Die Eroberung weiter Teile Israels (733/732 v. Chr.) und der Fall von Damaskus

Das war vermutlich ohnehin der Plan Tiglat-Pilesers III. gewesen. Er ging noch im selben Jahr gegen Israel vor und eroberte ganz Galiläa und das Ostjordanland.

Es gehörte zur Praxis der assyrischen Eroberungspolitik, die politische, geistige und wirtschaftliche Oberschicht eines eroberten Gebietes zu deportieren. An ihrer Stelle wurde eine fremde Oberschicht aus weit entfernten Gebieten des assyrischen Großreiches angesiedelt. Dadurch sollte die Eigenprägung der eingegliederten Gebiete weitgehend aufgehoben werden und die Möglichkeit von Aufständen gegen die assyrische Zentralgewalt erschwert werden.

So verfuhr Tiglat-Pileser auch mit den eroberten Teilen Israels.

Er teilte das Gebiet in die drei Provinzen "Dor", "Meggido" und "Gilead" und unterstellte sie assyrischen Statthaltern (2 Kön 15,29). ⋅2⋅

König Pekach von Israel war sofort nach seiner Niederlage von Hoschea ermordet worden. Dieser Hoschea hatte sich sofort König Tiglat-Pileser unterworfen. So wurde er von diesem als Vasallenkönig anerkannt und konnte einen kleinen Teil des ehemaligen israelitischen Königtums retten. Ihm verblieben das Gebirge Efraïm und der Stadtstaat Samaria.

732 v. Chr. eroberte Tiglat-Pileser Damaskus und machte das ganze Aramäergebiet zu assyrischen Provinzen.

e. Juda als assyrischer Vasallenstaat

Ahas von Juda war nun zwar von seinen Gegnern befreit. Er war nun aber selbst zum abhängigen Vasallen des Assyrerkönigs geworden.

Das hatte auch kultische Folgen. Der König von Assyrien war nun Kultherr des Staatsheiligtums in Jerusalem. Das kam unter anderem dadurch zum Ausdruck, dass der private Tempelzugang des Königs von Juda, der ja bisher Kultherr gewesen war, zugemauert werden musste.

Der assyrische Staatskult hielt damit Einzug im Jerusalemer Tempel. Ein der assyrischen Hauptgottheit Assur geweihter Altar trat an die Stelle des Jahwealtares. Der Jahwealtar musste als Nebenaltar beiseite gerückt werden (2 Kön 16,10-18).

Tiglat-Pileser III. beherrschte nunmehr das gesamte Gebiet von Syrien-Palästina. Die ehemals selbständigen Staaten hatte er - wie z. B. Damaskus und den Nordteil von Israel - als Provinzen seinem Reich eingegliedert, oder aber - wie Juda und der Reststaat Israel - als tributzahlende Vasallenstaaten von ihm abhängig gemacht.

f. Das Ende des Staates Israel unter Salmanassar V. (727-722 v. Chr.)

Nachfolger des Tiglat-Pileser III. war Salmanassar V. (727-722 v. Chr.). Während seiner Regierung knüpfte Hoschea von Israel Beziehungen zu Ägypten. Von dort erhoffte er sich militärische Unterstützung.

Er wagte es daraufhin, im Jahre 724 v. Chr. die Tributzahlungen an Assur einzustellen und damit das Vasallenverhältnis zu kündigen.

Salmanassar V. zog sofort gegen Israel. Er setzte Hoschea gefangen und bemächtigte sich seines gesamten Gebietes. Samaria belagerte er. Nach dreijähriger Belagerung eroberte Sargon II., Salmanassars V. Nachfolger, die Stadt im Jahre 721 v. Chr.

Auch dieses Mal wanderte die Oberschicht in die Verbannung, und zwar nach Mesopotamien und Medien.

Damit war der Staat Israel endgültig aus der Geschichte ausgelöscht.

Sargon berichtet darüber in seinen Annalen:

"Am Anfang meiner Regierung, in meinem ersten Regierungsjahre, belagerte und eroberte ich Samaria. 27.290 Leute, die in ihr wohnten, führte ich weg. 50 Wagen als Streitmacht meines Königtums hob ich unter ihnen aus... Meine Beamten setzte ich als Statthalter über sie, und Abgabe und Tribut, wie den assyrischen, legte ich ihnen auf." ⋅3⋅

An Stelle der nach Medien deportierten Oberschicht trat nun eine Oberschicht, die Sargon aus Hamat, Babylon und anderen Orten hierher verpflanzte.

Die Angehörigen dieser neuen Oberschicht brachten ihre eigenen Kulte mit, nahmen daneben aber auch den Jahwekult an.

Im Laufe der Zeit gingen die fremden Bevölkerungselemente in der ansässigen Bevölkerung auf (2 Kön 17).

Weiter-ButtonZurück-Button Anmerkungen

1 Vgl.: Martin Metzger, Grundriß der Geschichte Israels (Neukirchen 5. Auflage 1979) 102-135. Zur Anmerkung Button

2 Die von den Assyrern geschaffene Provinzeinteilung blieb auch während der babylonischen und persischen Zeit bestehen.
(Vgl.: Martin Metzger, Grundriß der Geschichte Israels (Neukirchen 5. Auflage 1979) 121.) Zur Anmerkung Button

3 TGI 1 Nr. 28, zitiert nach: Martin Metzger, Grundriß der Geschichte Israels (Neukirchen 5. Auflage 1979) 123. Zur Anmerkung Button