Die Bibel

Entstehung, Gedankenwelt, Theologie ...


Weiter-ButtonZurück-Button Salomo ⋅1⋅

1. Die Sicherung der Herrschaft

Nach dem Tod seines Vaters entledigte sich Salomo zunächst seiner politischen Gegner, durch deren Konkurrenz er sich bedroht fühlte.

Seinen ältesten Bruder Adonja, der einst vor ihm Ansprüche auf den Thron geltend gemacht hatte, ließ Salomo durch den Söldnerführer Benaja ⋅2⋅ umbringen. Gleiches Schicksal erlitt Joab, ein Parteigänger des Adonja, und Schimi, ein früherer Gegner Davids. Den Priester Abjatar, der ebenfalls auf der Seite Adonjas gestanden hatte, schickte Salomo in die Verbannung (1 Kön 2).

Damit folgte Salomo dem Beispiel orientalischer Herrscher, die nach der Thronbesteigung ihre Macht auf solche Weise zu sichern suchten.

2. Eine Zeit der Prachtentfaltung

Als Salomo um die Mitte des 10. Jahrhunderts v. Chr. das Großreich seines Vaters David als Erbe übernahm, wäre es seine erste Aufgabe gewesen, den Bestand dieses Reiches nach außen zu festigen und den Versuch zu unternehmen, nach innen einen Ausgleich zwischen den disparaten Elementen des Reiches herbeizuführen.

Diese Aufgabe hat Salomo jedoch nicht erfüllt. Er genoss vielmehr die Früchte, die sein Vater mühsam erworben hatte.

Die Zeit seiner Herrschaft ist gekennzeichnet durch

  • Prachtentfaltung im Stile orientalischer Großkönige.
  • Hinzu kamen intensive Bau-
  • und Handelstätigkeit,
  • reger Diplomatenverkehr
  • und eine erste Blüte geistigen Lebens in Israel.

3. Die Hofhaltung Salomos

Ein Blick in die kostspielige Hofhaltung Salomos erhalten wir durch Angaben über den erstaunlich hohen täglichen Verbrauch an Getreide und Fleisch an seinem Hof (1 Kön 5,2-3).

Das fällt um so mehr ins Gewicht, wenn man bedenkt, dass Fleisch für den Orientalen eine seltene Kostbarkeit ist, die normalerweise nur den Feiertagen vorbehalten bleibt.

Für die hohen Aufwendungen der Hofhaltung Salomos hatte die Bevölkerung aufzukommen. ⋅3⋅

4. Neuerungen im Heerwesen

Der alte Heerbann Israels und auch die Söldnertruppe Davids setzten sich lediglich aus Fußtruppen zusammen. Salomo führte nun den pferdebespannten Streitwagen in Israel ein.

Diese Streitwagenabteilungen kamen bei Salomo jedoch nie zu kriegerischem Einsatz. Sie dienten vielmehr der Repräsentation seiner königlichen Macht und Würde.

Zur Unterbringung seiner beträchtlichen Streitwagenkräfte ließ Salomo überall im Land Garnisonsstädte mit Stallungen und Kasernenbauten errichten. Überreste salomonischer Festungsbauten kamen bei Ausgrabungen in Megiddo, Hazor und Geser zutage (1 Kön 5,6; 9,15. 17-19).

5. Der Ausbau Jerusalems

a. Der Palast Salomos

Sein besonderes Augenmerk richtete Salomo aber auf den Ausbau von Jerusalem. Auf dem Nordosthügel von Jerusalem ließ er einen Palastkomplex anlegen. Die Fläche des neuen Palastkomplexes hatte mindestens den gleichen Umfang wie die gesamte alte Davidsstadt zusammengenommen, die ja auf dem Südosthügel zwischen Kidrontal und Stadttal lag.

Die Palastbauten gruppierten sich um zwei Höfe.

Um den ersten Hof lagen eine Torhalle, Kasernen für die königliche Garde, Stallungen, Arsenale und eine Audienzhalle.

Um den zweiten Hof gruppierte sich der eigentliche Wohnpalast für den König, seinen Harem und seinen Hofstaat (1 Kön 7,1-12).

b. Der Tempel Salomos

Etwas höher und weiter im Norden ließ Salomo einen Tempel anlegen. Er war vom Palastkomplex durch eine eigene Umfassungsmauer und einen weiteren Vorhof getrennt. Durch eigene Zugänge war er mit dem Palast verbunden.

Der salomonische Tempel war dreiteilig und bestand aus Vorraum, Heiligtum und Allerheiligstem. ⋅4⋅

Der salomonische Tempel übertraf an Größe die bronzezeitlichen und eisenzeitlichen Heiligtümer, die uns durch Ausgrabungen im palästinensisch-syrischen Raum bekannt sind.

Sein Bautyp entspricht bis in Einzelheiten - nämlich zwei Säulen vor dem Eingang, Dreiteiligkeit und erhöhtes Adyton (Allerheiligstes) - einer eisenzeitlichen Tempelanlage, die auf dem tell-tenat, ebenfalls in Verbindung mit einem Palastkomplex, in Nordsyrien ausgegraben wurde.

Was wir über die Ausstattung des Tempels wissen, hat ebenfalls Parallelen im phönizisch-syrischen Raum.

Das nimmt nicht Wunder, denn Salomo ließ seinen Tempel und Palast von phönizischen Baufacharbeitern errichten. Er selbst stellte nur die Bauhilfsarbeiter. Die Israeliten hatten schließlich noch keine Erfahrung in der Errichtung von Großbauten (1 Kön 5,15ff).

Der Jerusalemer Tempel wurde im übrigen als Staatsheiligtum erbaut. Der König war Kultherr im Tempel. Das geht schon aus der baulichen Verbindung von Palast und Tempel hervor.

Es kam auch darin zum Ausdruck, dass der König die Tempelweihe selbst vollzog. Auch die Priester wurden von ihm eingesetzt.

c. Zur Gewichtung von Tempel und Palast

Auffallend ist, dass die Bauzeit des Palastes 13 Jahre und die des Tempels 7 Jahre betrug. Hier scheinen zwar auch Symbolgehalte mit im Spiel zu sein, aber trotz allem dürfte sich darin die Erinnerung niedergeschlagen haben, dass am Palast weit länger gebaut wurde, als am Tempel. Auch die Dimensionierung des Palastes übertraf den Tempel bei weitem.

Dies macht ein wenig deutlich, welchen Stellenwert die beiden Gebäude besaßen.

6. Salomos Wirtschaftspolitik

a. Handelsbeziehungen zu Hiram von Tyrus

Ölbaum

Ölbaum.

Foto-Button© Katholisches Bibelwerk Linz, Kapuzinerstr. 84, A-4020 Linz

Wie schon sein Vater, so unterhielt auch Salomo Handelsbeziehungen zu Hiram von Tyrus.

Hiram stellte Salomo nicht nur Bau­fach­ar­beiter, er lieferte auch das nötige Bauholz aus den Zedernwäldern des Li­banon. Bezahlt wurde mit Getreide- und Öl­lie­fe­rungen (1 Kön 5,24-25).

b. Salomos See­handel

Auch der Zugang zum Golf von Akaba stand Salomo durch die Vorherrschaft über Edom offen. Ihn nutzte Salomo aus, indem er in Elat und Ezjon-Geber Häfen anlegen und mit Hilfe phönizischer Schiffsbauleute eine Handelsflotte bauen ließ.

Mit dieser von phönizischen Schiffsleuten bemannten Flotte importierte er die Güter der Länder beiderseits des Roten Meeres. Zu diesen Gütern gehörten:

  • Gold,
  • Elfenbein,
  • Edelhölzer,
  • vor allem aber Pferde und Wagen aus Ägypten.

Mit den Pferden und Wagen trieb Salomo einen ertragreichen Zwischenhandel.

Handelspartner waren die Könige der aramäischen und hetitischen Kleinstaaten in Nordsyrien (1 Kön 9,26-28; 10,11-22. 28).

Eine zweite Flotte befuhr das Mittelmeer bis hin nach Spanien (Tarschisch).

c. Die Nutzung von Bodenschätzen

Ausgrabungen in Elat und Ezjon-Geber lassen erkennen, dass Salomo darüber hinaus die Kupferminen am Golf von Akaba ausbeuten ließ. Er ließ Bergwerke anlegen und das Kupfererz an Ort und Stelle verhütten.

Die reichen Erträge aus dieser Handelstätigkeit, die vermutlich königliches Monopol war, gestatten Salomo die Entfaltung von sagenhaftem Prunk und Glanz nach dem Vorbild orientalischer Großkönige (1 Kön 10,14-22).

7. Etwas zu Salomos diplomatischen Beziehungen

Nachhall der Bewunderung, die Salomos Reichtum allenthalben fand, stellt die Erzählung vom Staatsbesuch der Königin von Saba dar (1 Kön 10,1-3).

In dieser Erzählung werden außerdem die ausgedehnten diplomatischen Beziehungen Salomos exemplarisch veranschaulicht.

Diplomatische Beziehungen und politische Gründe waren sicher auch ausschlaggebend dafür, dass Salomo Frauen aus den Nachbarstaaten, u. a. auch eine ägyptische Prinzessin, in seinen Harem aufnahm. Die Anwesenheit dieser ausländischen Prinzessinnen hatte übrigens zur Folge, dass Salomo den Kult ausländischer Gottheiten auf dem Südausläufer des Ölberges gestattete (1 Kön 11,1-8).

8. Geistiger und kultureller Austausch ⋅5⋅

Im Zusammenhang mit den diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zur internationalen Welt ergab sich für die Zeit Salomos wie von selbst auch die Pflege des geistigen und kulturellen Austausches. Auch an der Weltkultur seiner Zeit erhielt Israel dadurch Anteil.

Zur Ausbildung der Beamten hat Salomo in Jerusalem eine Schule eingerichtet. Dabei ging es um folgende Disziplinen:

  • Beschreiben von Papyrusblättern oder Holztafeln bildete das Grundfach.

Weiterer Unterrichtsstoff waren:

  • Schulung im Aufnehmen von Diktaten,
  • Kenntnis des Ägyptischen und der Sprachen der Nachbarstaaten Israels,
  • später auch Kenntnis des Assyrischen und Babylonischen
  • und nicht zu vergessen: juristische Kenntnisse.

Der Unterricht begann in der Regel im 10.-12. Lebensjahr und umfasste 8 bis 10 Jahre.

Diese Maßnahmen begründeten den Ruf der Weisheit Salomos.

9. Kritik an Salomos Herrschaft

Bei aller Bewunderung für den Glanz, der von Salomos Königtum ausging, bei allem Stolz, mit dem man noch in späteren Zeiten vom Reichtum Salomos zu berichten wusste, hat es in Israel nicht an Kritik am Königtum Salomos gefehlt.

Höchstwahrscheinlich setzte sie schon zu seinen Lebzeiten ein, in der späteren Tradition wird dieser Eindruck auf jeden Fall erweckt.

Der Gegensatz zwischen dem Luxusleben am Hof und dem Alltag der Bevölkerung wurde immer krasser. Damit war der Grund zur späteren unguten Entwicklungen gelegt.

Die Kehrseite der salomonischen Prachtentfaltung waren:

  • erhöhte Abgaben der Bevölkerung,
  • Dienstleistungen für den König
  • und erhebliche Eingriffe in das Eigenleben und die Selbstverwaltung der Stämme.

Die ausgedehnte Handelstätigkeit Salomos brachte Geldwirtschaft und das Entstehen eines Kaufmannsstandes mit sich. Damit war aber der Grund zu Klassenunterschieden gelegt, die sich in der Folgezeit vertiefen sollten.

10. Der außenpolitische Niedergang

Luxus und Glanz des salomonischen Königtums können nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Großreich Davids bereits unter Salomo abzubröckeln begann. Salomo tat offenbar wenig zur Festigung seiner Macht nach außen.

Gleich zu Beginn der Regierungszeit Salomos ließ sich der edomitische Prinz Hadad, der sich dem Zugriff Davids hatte entziehen können, ⋅6⋅ zum König von Edom ausrufen. Er konnte offenbar einen Teil des Gebietes von Edom zurückgewinnen. Von dort aus unternahm er Störaktionen gegen Salomo (1 Kön 11,14-22).

Eine noch größere Gefahr für Israel entstand durch den Aramäer Reson. Er sammelte eine Söldnerschar um sich und nahm Damaskus ein. Darauf ließ er sich zum König von Damaskus machen. Salomo ging dadurch der wichtigste Teil der aramäischen Provinz verloren.

Sein Einfluss auf die übrigen Aramäerstaaten wurde durch den Verlust von Damaskus geschwächt. In der Region Aram-Zoba wurde er ganz unterbunden.

Das nun gegründete Königreich Damaskus wurde in der Folgezeit zeitweilig zum gefährlichsten Gegner des Nordreiches (1 Kön 11,23-25).

Georg Fohrer nimmt Salomo bei all dem jedoch - insbesondere im Blick auf seine kulturellen Leistungen - in Schutz:

"Ungeachtet der Schwäche der Struktur des Großreiches, die ihm als Folge der Eroberungspolitik notwendigerweise anhaftete, und ungeachtet der Angleichung an das absolute Königtum des Alten Orients, der David und Salomo sich nicht entziehen konnten, ist Salomo eine überragende Gestalt unter den judäischen und nordisraelitischen Königen. Als einziger von ihnen hätte er die Bezeichnung "der Große" verdient. Aber man nennt ihn nicht so, denn er hat keinen anderen Staat überfallen, keine Beute gemacht und nicht genug Menschen getötet." ⋅7⋅

11. Der innenpolitische Niedergang und das Auseinanderbrechen des Reiches

Hand in Hand mit dem außenpolitischen Niedergang stiegen auch die innenpolitischen Schwierigkeiten.

So kam es zu einem bedrohlichen Zwischenfall, als sich der Efraïmiter Jerobeam gegen Salomo erhob. Salomo selbst hatte ihn mit einem hohen Amt im Nordreich betraut.

Dieses Aufstandes konnte Salomo zwar Herr werden, Jerobeam entkam aber nach Ägypten.

Der Aufstand Jerobeams macht deutlich, dass im Nordreich gewisse Unzufriedenheit mit der Regierung Salomos und Tendenzen zur Abspaltung von der Dynastie Davids vorhanden gewesen sein müssen.

Als Salomo im Jahre 926 v. Chr. starb, wählten die Stämme des Südens seinen Sohn Rehabeam offenbar ohne jegliche Schwierigkeiten zu seinem Nachfolger als Stadtkönig von Jerusalem und König von Juda.

Auch im Norden war man nicht abgeneigt, Rehabeam als König von Israel anzuerkennen. Man wollte jedoch durch vertragliche Regelung bestimmte Missstände abgestellt sehen.

Das Ungeschick und die politische Dummheit Rehabeams bei den nun folgenden Verhandlungen in Sichem führten jedoch dazu, dass sich die Stämme des Nordreiches vom Haus Davids lossagten.

Sie machten Jerobeam, der einst gegen Salomo rebelliert hatte und vom Propheten Ahija von Schilo zum Nagid, also zum Thronanwärter designiert worden war, zum König von Israel.

Weiter-ButtonZurück-Button Anmerkungen

1 Vgl.: Martin Metzger, Grundriß der Geschichte Israels (Neukirchen 5. Auflage 1979) 82-100. Zur Anmerkung Button

2 Benaja hatte Salomo zum Obersten des Heerbannes gemacht (1 Kön 2). Zur Anmerkung Button

3 Zu diesem Zweck teilte Salomo, wie ein in 2 Kön 4,7-19 enthaltenes Dokument deutlich werden lässt, den Nordstaat in 12 Verwaltungsbezirke (Gaue) ein. Jeder Gau hatte einen Monat lang für den Unterhalt des Hofes zu sorgen.
In der Gauliste erscheinen kanaanäische Stadtstaaten unterschiedslos neben ehemals rein israelitischen Stämmen. Das zeigt, dass die ehemals selbständigen kanaanäischen Stadtstaaten dem Staat Israel völlig eingegliedert waren.
Die Frage, ob uns nur durch Zufall lediglich die Verwaltungsbezirke des Staates Israel, aber nicht auch die des Staates Juda überliefert sind, oder ob nur der Nordstaat, nicht aber auch der Südstaat zu Abgaben herangezogen wurde, muss offenbleiben.
Auf jeden Fall geht aus jener Gauliste eindeutig hervor, dass auch unter Salomo die beiden Staaten Israel und Juda nicht zu einer Einheit verschmolzen waren, sondern als zwei verschiedene Staaten, die je eigene Verwaltungseinheiten bildeten, existierten.
Die Einteilung in Gaue und das vermehrte Abgabewesen bedeuteten natürlich einen erheblichen Eingriff in das Eigenleben und die Eigenverwaltung der Stämme. Zur Anmerkung Button

4 Die Höhe des Tempelgebäudes betrug etwa 15 m, seine Breite etwa 10 m und seine Länge insgesamt etwa 40 m.
Der Vorraum maß 5 x 10 m, das Heiligtum 20 x 10 m, das Adyton (Allerheiligste) war ein Kubus von 10 x 10 x 10 m, lag höher als das Heiligtum und war über dem heiligen Felsen errichtet. Es befand sich also über der höchsten Stelle des Nordosthügels, wo sich höchstwahrscheinlich einst eine kanaanäische Kultstätte befunden und schon David einen Altar errichtet hatte (1 Kön 6). Zur Anmerkung Button

5 Vgl. zu diesem Abschnitt: Georg Fohrer, Geschichte Israels (Heidelberg 1979) 116. Zur Anmerkung Button

6 Er war nach Ägypten geflohen Zur Anmerkung Button

7 Georg Fohrer, Geschichte Israels (Heidelberg 1979) 119. Zur Anmerkung Button