Die Bibel
Entstehung, Gedankenwelt, Theologie ...
Die weitere Entwicklung und endgültige Fixierung des alttestamentlichen Kanons in der römisch-katholischen Kirche ⋅1⋅
- 1. Die endgültige Fixierung des alttestamentlichen Kanons durch das Tridentinische Konzil
- 2. Die darauffolgende Entwicklung innerhalb der römisch-katholischen Kirche
1. Die endgültige Fixierung des alttestamentlichen Kanons durch das Tridentinische Konzil
Katholischerseits reagierte man auf dem Konzil von Trient auf die Infragestellung der Deuterocanonica durch die Reformation. Dies war um so notwendiger, als vereinzelt auch katholische Theologen - wie etwa Thomas Cajetan (gest. 1534 n. Chr.) - wieder die Auffassung des Kirchenvaters Hieronymus zu vertreten begannen.
Durch solche Vorfälle herausgefordert, entschied das Konzil am 8. April 1546 im 1. Dekret der 4. Sessio kirchenamtlich endgültig die durch die Ereignisse der Reformation wieder strittig gewordene Frage des alttestamentlichen Kanons.
Das Tridentinum zählt namentlich 45 alttestamentliche Bücher auf. Dabei übernahm es im Grunde die Kanonentscheidung des Plenarkonzils von Hippo aus dem Jahre 393 n. Chr. Dementsprechend wurde das Buch der Klagelieder auch nicht eigens erwähnt. Es wurde - wie bereits in Hippo - offensichtlich zu Jeremia gerechnet.
Auch der Jeremia-Brief ist vom Tridentinum nicht eigens genannt. Er wird in der Vulgata, der damals offiziellen Ausgabe der Heiligen Schrift, schließlich als 6. Kapitel des Baruch-Buches geführt.
Nach der Aufzählung der biblischen Bücher erklärt das Konzil:
"Si quis autem libros ipsos integros cum omnibus suis partibus, prout in Ecclesia catholica legi consueverunt et in veteri vulgata latina editione habentur, pro sacris et canonicis non susceperit, et traditiones praedictas sciens et prudens contempserit: anathema sit." (DS 1504.)
Dies bedeutet übersetzt soviel wie:
"Wer aber eben diese ganzen Bücher mit allen ihren Teilen, wie sie in der katholischen Kirche gelesen werden und in der alten, lateinischen Vulgata-Ausgabe enthalten sind, nicht als heilig und kanonisch anerkennt und wer bewusst und mit Bedacht die Überlieferungen, von denen die Rede war, verachtet, der sei ausgeschlossen."
Der Ausdruck
"integros cum omnibus suis partibus"
ist offenbar gegen die Reformatoren gerichtet, die die griechischen Zusätze der Septuaginta zu den Büchern Ester und Daniel als apokryph verwarfen.
2. Die darauffolgende Entwicklung innerhalb der römisch-katholischen Kirche
Das 1. Vaticanum hat diese Entscheidung Trients noch einmal bekräftigt. Damit verwarf das 1. Vatikanische Konzil die Auffassung der Theologen, die auch nach dem Tridentinum an der Position des Hieronymus festhielten. Zu diesen Theologen gehören etwa
- der Orientalist und Exeget Martin Johann Jahn (1750-1816)
- und J. N. Sepp, der - noch vor dem Konzil - im Jahre 1870 eine Schrift unter dem Titel "Kirchliche Reformentwürfe, beginnend mit der Revision des Bibelkanons" veröffentlichte.
Das 2. Vaticanum brauchte sich dann mit der Kanonfrage nicht mehr zu befassen. Katholischerseits gibt es gegenwärtig kaum eine Diskussion um den alttestamentlichen Kanon.
Anmerkung