Die Bibel

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Weiter-ButtonZurück-Button Palästina-Syrien in der Bronzezeit (3. Jahrtausend v. Chr. bis etwa 1200 v. Chr.) ⋅1⋅

Was hat sich nun in diesem Raum abgespielt? Oder genauer gesagt, welche Ereignisse sind es, die in den biblischen Büchern einen Niederschlag gefunden haben?

Diese Nachfrage muss zunächst mit einer Einschränkung beginnen: Hier kann nämlich keine umfassende Geschichte Israels geboten werden.

Da ohne eine geschichtliche Orientierung die Bücher des Alten Testamentes aber nicht einordbar sind, soll zumindest in Grundzügen das Wesentliche gesagt werden.

Als die Stämme Israels gegen Ende der späten Bronzezeit in Palästina einwanderten, stießen sie nicht in einen leeren Raum vor, sondern kamen in ein Land, das bereits eine bewegte Geschichte hinter sich hatte.

1. Die frühe Bronzezeit

In der frühen Bronzezeit war in Palästina eine semitisch sprechende Bevölkerung ansässig. Wie Ausgra­bungen zeigen, gab es gut gebaute Städte wie Megiddo, Bet-Schean, Jericho, Ai, Bet-Jera.

In der Zeit, als in Ägypten die Pyramiden gebaut wurden (26. bis 23. Jh. v. Chr.), blühte auch in Palästina eine hohe Kultur.

Ganz sicher können wir auch von einem regen Kulturaustausch mit Ägypten ausgehen.

2. Die erste Hälfte der mittleren Bronzezeit (2000-1800 v. Chr.)

Die erste Hälfte der mittleren Bronzezeit (2000-1800 v. Chr.) wird von zahlreichen Kämpfen der palästinensischen Stämme geprägt. Es handelt sich hierbei in der Mehrzahl um Fehden der einzelnen Stämme untereinander. Es scheint geradezu typisch für diese Zeit zu sein, dass sich die einzelnen palästinensischen Stämme untereinander befehdeten.

Viele Städte wurden in dieser Zeit zerstört. Die Besiedlungsdichte des Landes nahm ab.

Im 19. und 18. Jahrhundert v. Chr. konnte sich daher in Palästina eine neue, westsemitische Herrenschicht niederlassen und auch durchsetzen. Es war dies eine ähnliche Bevölkerungsschicht, wie diejenige, die in dieser Zeit das Zweistromland unterworfen und als 1. Dynastie von Babylon das altbabylonische Reich gegründet hatte.

3. Der zweite Teil der mittleren Bronzezeit (18.-16. Jh. v. Chr.) - Die Herrschaft der Hyksos

Die Welt der Erzväter

Die Welt der Erzväter.

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Der zweite Teil der mitt­leren Bronzezeit (18-16. Jh. v. Chr.) war be­stimmt durch die Herrschaft eines Volks­stammes, der im Zuge einer großen Völker­bewe­gung aus nördlicher oder nordöstlicher Rich­tung, möglicher­weise aus dem Kaukasus, ge­kommen war. Er fiel nach Palästina/Syrien, Ägyp­ten und wahr­schein­lich auch in das Zweistromland ein und beherrschte diese Ge­bie­te.

Man nennt diesen Volks­stamm die "Hyksos".

Die Hauptstadt der Hyksos wurde Awaris im Nildelta.

Gunneweg weist darauf hin, dass es sich bei der Erlangung der Vorherrschaft durch die Hyksos eigentlich weniger um eine kriegerische Eroberung handelte als vielmehr um eine langsame Infiltration. Man kann also nicht von einer Eroberung durch die Hyksos sprechen. Der Ausdruck Unterwanderung scheint angebrachter zu sein. ⋅2⋅

Durch die Hyksos kam nun aber zum ersten Mal ein großer Teil des Vorderen Orients unter eine einheitliche Herrschaft. Das bedeutete für Palästina/Syrien zugleich, dass es zum ersten Mal in das Gesamtgeschehen des Vorderen Orients einbezogen wurde. Ja, es gewann sogar so etwas wie eine Brückenfunktion zwischen Ägypten und dem Zweistromland.

Über die Eigenart der Hyksosherrschaft haben wir kaum unmittelbare Quellen. Sie ist jedoch aus Erscheinungen der Folgezeit zu erschließen.

Die Hyksos brachten eine neue Bewaffnungstechnik mit: das Sichelschwert, die Tüllenaxt, den Schuppenpanzer und vor allem den pferdebespannten Kriegswagen.

Gerade die Einführung des Kriegswagens hatte zwei entscheidende Folgen:

  • Zum einen veränderten sich die soziologischen Verhältnisse. Es setzte sich nun die Feudalordnung durch. Denn der Ritterstand, diejenigen, die sich die teuren Waffen und vor allem die Pferde leisten konnten, bekamen nun eine entsprechende gesellschaftliche Stellung. In der Folge herrschte ein freier Ritteradel mit Grundbesitz über eine zu Abgaben verpflichteten Untertanenbevölkerung.
  • Zum anderen veränderte sich die Festungsbautechnik. Die Städte wurden zu starken Festungen mit mächtigen, geböschten Mauern ausgebaut. Die Kriegswagentechnik bedingte breite Tordurchfahrten, die durch zwei oder drei Tordurchgänge und starke Türme besonders gesichert waren. Derartige Toranlagen hat man z. B. in Sichem und Meggido gefunden.

4. Die späte Bronzezeit (16.-13. Jahrhundert v. Chr.) - unter ägyptischer Herrschaft

Den Pharaonen der beginnenden 18. Dynastie, also ab 1580 v. Chr., gelang es dann wieder, die Hyksos etwas zurückzudrängen. In der späten Bronzezeit (16.-13. Jahrhundert v. Chr.) stand Palästina also unter ägyptischer Herrschaft.

In der Schlacht bei Meggido (1479 v. Chr.) brach Thutmoses III. endgültig die Herrschaft der Hyksos. Dadurch konnten die Ägypter ihr Herrschaftsgebiet über Palästina und Syrien bis zum Eufrat erweitern.

Das auf die Hyksos zurückgehende Feudalsystem ließen sie bestehen. Für die Neuorganisation war es sehr hilfreich. Die Ägypter machten die Feudalherren, die mittlerweile zu Stadtkönigen avanciert waren, nun ganz einfach zu ihren Vasallen.

a. Amenophis III. (1411-1375 v. Chr.) und Amenophis IV. (1378-1358 v. Chr.)

Das 14. Jahrhundert v. Chr. wurde vor allem durch die beiden Pharaonen Amenophis III. (1411-1375 v. Chr.) und Amenophis IV. (1373-1358 v. Chr.) geprägt.

Eine wichtige Quelle für diese Zeit ist das Archiv von "tell el-'amarna", das ausgegraben werden konnte. "tell el-'amarna" ist die Hauptstadt Amenophis' IV. Sein Tontafelarchiv, das wie erwähnt wiedergefunden wurde, enthält die Korrespondenz der beiden Pharaonen mit ihren Vasallenfürsten, also auch mit den Stadtkönigen Palästinas.

Abgefasst ist diese Korrespondenz in der damaligen Diplomatensprache, nämlich der babylonischen Keilschrift.

Diese sogenannten Amarnabriefe machen deutlich, dass die Pharaonen ihre Herrschaftsansprüche über das den Hyksos abgenommene Gebiet nicht durchsetzen konnten. Die Stadtkönige entzogen sich ihrer Vasallenpflicht und ließen sich auch nicht zum Gehorsam zwingen.

Auch dem Streit der Stadtfürsten untereinander konnten die Ägypter keinen Einhalt bieten. Bezeichnend hierfür ist der Hilferuf des Königs Abdi Chepa von Jerusalem. Er fühlte sich offensichtlich durch Übergriffe der Dynastie Labaja von Sichem bedroht. Als Ausweg aus dieser Bedrohung bezichtigte er Sichemiten ganz einfach in seinem Schreiben des Abfalls von Ägypten. Anscheinend hegte er die Hoffnung, dass die Ägypter mit militärischer Macht eingreifen würden. Aber sein Hilferuf blieb offenbar ohne Antwort.

b. Sethos I. (1319-1301 v. Chr.) und Ramses II. (1301-1234 v. Chr.)

Pharaonen der 19. Dynastie, vor allem Sethos I. (1319-1301 v. Chr.) und Ramses II. (1301-1234 v. Chr.), gelang es dann noch einmal, die ägyptische Herrschaft über Palästina/Syrien durchzusetzen.

Inzwischen waren jedoch die Hetiter aus Kleinasien nach Nordsyrien vorgestoßen. So kam es 1297 v. Chr. zur Schlacht bei Kadesch am Orontes (Syrien). Sie verlief unentschieden. Die Expansion der Ägypter nach Norden und das Vordringen der Hetiter nach Süden kamen somit zum Stehen.

1280 v. Chr. schlossen Ramses II. und Hattusil, der Herrscher der Hetiter, einen Friedensvertrag, in dem Kadesch als "Ewige Grenze" zwischen Ägyptern und Hetitern festgelegt wurde.

Die Hetiter blieben daher im Norden, aber Ägypten konnte in der Folge seine Kräfte nicht mehr bündeln. Sein Einfluss in Palästina / Syrien ging immer mehr zurück.

Als um 1200 v. Chr. die Macht Ägyptens dann zum Erliegen kam und damit die ägyptische Vorherrschaft über Palästina verloren ging, bildete sich in Palästina ein Machtvakuum. Es gab hier nun keinerlei zentrale Gewalt mehr. Das Land war aufgelöst in zahlreiche Stadtstaaten, deren Könige einander bekämpften. Jeder suchte sein begrenztes Gebiet auf Kosten des anderen zu erweitern.

Parallel zu diesen Entwicklungen und auf dem Hintergrund dieser Zeit sind die Patriarchenerzählungen der Bibel und die sogenannte "Landnahme" der Israeliten zu denken.

Weiter-ButtonZurück-Button Anmerkungen

1 Vgl.: Martin Metzger, Grundriß der Geschichte Israels (Neukirchen 5. Auflage 1979) 15-17. Zur Anmerkung Button

2 Vgl.: Antonius H. J. Gunneweg, Geschichte Israels bis Bar Kochba (Mainz 3. Auflage 1972) 11. Zur Anmerkung Button