Die Bibel
Entstehung, Gedankenwelt, Theologie ...
Die philologische Epoche ⋅1⋅
Im Mittelalter werden erste Zweifel an der Verfasserschaft durch Mose laut.
1. Ibn Esra
Abraham Ibn Esra, ⋅2⋅ ein jüdischer Gelehrter des Mittelalters (1092-1167), bringt - wenn auch in ganz vorsichtiger Form - die ersten Zweifel an der mosaischen Verfasserschaft zum Ausdruck.
- Aus dem Bericht vom Tod des Mose (Dtn 34,5);
- aus Stellen wie Gen 22,14, wo berichtet wird, dass etwas bis auf den heutigen Tag so sei,
- und aus Dtn 3,11, jenem Vers, der den Sarg des Königs Og von Baschan als sehenswürdiges Altertum schildert,
schloss er bereits, dass Mose nicht der Verfasser des Pentateuchs sein könne.
Das ist dann auch schon langsam der Übergang zu einer kritischeren Auseinandersetzung mit dem Pentateuch. Otto Kaiser umschreibt diese nun einsetzende Phase mit dem Ausdruck philologische Epoche.
2. Das 16. und 17. Jahrhundert
Diese sogenannte philologische Epoche setzt etwa mit der Reformationszeit ein.
Jetzt setzt sich die kritische Haltung gegenüber der Verfasserschaft durch Mose, die sich ja bei Ibn Esra bereits andeutete, endgültig durch.
- Andreas Bodenstein, genannt Karlstadt, zum Beispiel behauptete in seinem Buch "De Canonicis Scripturis", das im Jahre 1520 erschien, dass die 5 Bücher Mose nicht von Mose stammen können.
- 1574 erklärte der kath. Jurist Andreas Masius, der Pentateuch sei möglicherweise von Esra oder vielleicht auch von jemanden ganz anderen aus alten Urkunden zusammengestellt worden.
- Für das 17. Jh. sind der englische Philosoph Hobbes und der holländisch-jüdische Gelehrte Spinoza zu nennen. Gerade Spinoza war es, der auf die schon erwähnten Beobachtungen von Ibn Esra aufmerksam machte. Auch der Protestant Jean de Clerc (Clericus) äußert sich in dieser Zeit über die Entstehung des Pentateuchs in ähnlicher Weise.
- Von größtem Einfluss auf die spätere kritische Forschung war dann der französische Oratorianer Richard Simon. In seiner 1678 erschienenen "Histoire Critique de Vieux Testament" stellt er die These auf, dass Mose nur die Gesetze verfasst habe. Alles andere sei dann von anderen aufgeschrieben worden. Diese anderen Schriftsteller wären etwa als Annalenschreibern oder Chronisten zu denken, die die einzelnen Berichte beigesteuert hätten.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass für Simon auch diese anderen Verfasser von Gott inspiriert waren. Die Bedeutung des Textes als Heilige Schrift änderte sich für Richard Simon also nicht, auch wenn ihn Mose nicht in seiner Gänze verfasst haben sollte.
Anmerkungem
(Vgl.: Art.: Abraham, A. ben iben Esra, in: Brockhaus Enzyklopädie (Mannheim 1986) I/58.)