Die Bibel
Entstehung, Gedankenwelt, Theologie ...
Die Schriften, in denen das hebräische Alte Testament überliefert wurde ⋅1⋅
- 1. Die erste Verschriftung alttestamentlicher Texte
- 2. Das Aramäische wird Umgangssprache
- 3. Die Verwendung der aramäischen Quadratschrift
- 4. Weitere Verwendung der althebräischen Schrift neben der Quadratschrift
1. Die erste Verschriftung alttestamentlicher Texte
Als die ältesten Bestandteile des Alten Testaments in vorexilischer Zeit, also grob gesagt zwischen 1000 und 500 v. Chr., zum ersten Mal aufgezeichnet wurden, war in Palästina-Syrien diese phönizisch-althebräische Schrift in Gebrauch.
Sie blieb es auch bis weit über das Exil hinaus, dann natürlich in einer etwas weiterentwickelten Form.
2. Das Aramäische wird Umgangssprache
In der Zwischenzeit wurde das Hebräische jedoch von einer anderen Sprache verdrängt. Das Aramäische, die internationale Verkehrssprache im Assyrerreich und dann Amtssprache der persischen Reichskanzlei, setzte sich im 4. Jahrhundert v. Chr. im gesamten Nahen Osten durch.
Zur Zeit Jesu wird beispielsweise durchweg aramäisch gesprochen. Auch Jesus sprach nicht hebräisch. Dies lässt sich an einem kleinen Beispiel verdeutlichen:
Psalm 22 beginnt im hebräisch abgefassten Psalter mit den Worten:
אֵלִי אֵלִי לָמָה עֲזַבְתָּ֑נִי [">eli >eli lama <asabtani"]. (Ps 22,2)
Das ist die hebräische Version. Jesus, der wie alle seine Zeitgenossen aber aramäisch spricht, zitiert ihn am Kreuz deshalb auch auf aramäisch. Von daher werden seine Worte am Kreuz denn auch auf aramäisch überliefert. Im Neuen Testament stehen daher die Worte:
Ελωι ελωι λεμα σαβαχϑανι; ["Eloi, eloi lema sabachthani?"] (Mk 15,34)
Dies ist übrigens ein wichtiger Hinweis darauf, dass Jesus diesen Satz am Kreuz tatsächlich gesprochen hat. Ein späterer Autor hätte, wenn er Jesus diesen Ausspruch in den Mund hätte legen wollen, mit Sicherheit den hebräischen Wortlaut des AT zitiert.
Das Aramäische ist mit dem Hebräischen verwandt, wenngleich es auch nicht, wie oft behauptet, von ihm abstammt. Es hat seine eigene Geschichte und vielleicht sogar eine größere Bedeutung als das Hebräische.
3. Die Verwendung der aramäischen Quadratschrift
Im Zeitraum vom 4. bis 2. Jahrhundert v. Chr. machte sich die Tatsache, dass man in Israel eine andere Sprache verwandte, auch in der Schrift deutlich. In diesem Zeitraum wurde die Verwendung der althebräischen Zeichen weitgehend durch die der aramäischen Quadratschrift ersetzt.
Die Quadratschrift hat ihren Namen von der Form ihrer Buchstaben, die man fast allesamt in ein Quadrat einschreiben kann.
Nun schrieb man aber auch die alten, hebräischen Texte nicht mehr in der alt-hebräischen Schrift, sondern verwandte einfach die nun übliche aramäische Quadratschrift.
Von daher ist erklärbar, dass die hebräische Bibel nicht in althebräischen Zeichen, sondern in der aramäischen Quadratschrift überliefert ist.
Dies ist etwa ähnlich einzuschätzen, wie etwa der Wechsel von deutscher Schrift zu lateinischer Schrift in den Druckerzeugnissen unseres Jahrhunderts. Zu Beginn unseres Jahrhunderts wurden deutschsprachige Bücher ja auch noch in der sogenannten deutschen Schrift gedruckt. Mittlerweile wurde die Schrift einfach durch die lateinische ersetzt und die deutschen Zeichen geraten weitgehend in Vergessenheit.
4. Weitere Verwendung der althebräischen Schrift neben der Quadratschrift
Nichtsdestoweniger gab es bis weit in nachchristliche Zeit die Verwendung der althebräischen Schriftzeichen neben der aramäischen Quadratschrift.
a. Die althebräische Schrift als Buchschrift
Anscheinend wurde sie als Buchschrift weiter verwendet und erlebte in der Zeit des Nationalismus und der Restauration unter den Makkabäern eine Renaissance. Sie erscheint auf jeden Fall bei den Texten, die man in Qumran gefunden hat, auf Schriftstücken, die aus derselben Zeit stammen, wie in Quadratschrift abgefasste Texte.
b. Bibelhandschriften in althebräischer Schrift
Aus jüdischen Nachrichten in Mischna und babylonischem Talmud geht hervor, dass es noch in den beiden ersten Jahrhunderten n. Chr. Bibelhandschriften in althebräischer Schrift gab, denen allerdings nicht der höchste Grad der Heiligkeit zuerkannt wurde wie den Rollen in der Quadratschrift.
c. Die althebräische Schrift als besonders heilige Schrift
Doch muss die althebräische Schrift zumindest eine Zeitlang als besonders heilig gegolten haben. Wenigstens möchte man sich so eine auffallende Besonderheit in einigen der neugefundenen Texte erklären:
- Im Habakuk-Kommentar, in den Hodajot und in der Psalmenrolle aus Höhle 11 von Qumran wird im allgemeinen die Quadratschrift gebraucht. Der Gottesname Jahwe bzw. el und eli werden aber jeweils mit althebräischen Buchstaben geschrieben.
- Ebenso findet sich in einer fragmentarisch erhaltenen Lederrolle mit dem griechischen Text der Zwölf Propheten, die im August 1952 Beduinen im Nahal Hever in der Wüste Juda entdeckt haben, das Tetragramm in althebräischen Buchstaben. Sie wurde wahrscheinlich zwischen 50 v. Chr. und 50 n. Chr. geschrieben.
Das zuletzt genannte Fragment bestätigt die Angabe des Origines, der behauptet, dass man in korrekten Abschriften des griechischen Alten Testaments für das Tetragramm althebräische Buchstaben verwendete.
Noch im 5. Jahrhundert n. Chr. finden wir in einem griechischen Aquilafragment den Gottesnamen in althebräischen Buchstaben.
d. Die Samaritaner und die althebräische Schrift
Am Rande möchte ich im Übrigen darauf hinweisen, dass auch die Samaritaner ihr heiliges Buch, die Tora, in althebräischer Schrift tradiert haben.
Entgegen der bisherigen Annahme haben sie sich wahrscheinlich erst in hasmonäischer Zeit endgültig von den Juden getrennt. Vielleicht haben sie die Schrift deshalb in althebräisch tradiert, weil sie den Anspruch auf ältere und reinere Tradition erhoben haben und in der Einführung einer neuen Schrift eine unbefugte Neuerung sehen mochten. ⋅2⋅
Anmerkungen
Vgl. auch: Alfons Deissler, Einleitung in das Alte Testament - Zusammenschrift entsprechend einer autorisierten Vorlesungsmitschrift des WS 1969/70 bzw. einer nicht autorisierten Mitschrift anhand von Bandaufnahmen des WS 1976/77 mit teilweisen Ergänzungen für das WS 1979/80 (Albert-Ludwig-Universität Freiburg i. Br.) 16.