Unser Gottesdienst

Verstehen, deuten, neue Wege beschreiten


Weiter-Button Zurück-Button "Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig." (Num 6,25) - Segen und Segnen

Was ist ein Segen? Wer segnet eigentlich wen? Eine Hierarchie unterschiedlicher Segen? "Gehet hin in Frieden" oder "Geht und bringt den Frieden?"

"Worte sind Schall und Rauch!" sagt ein Sprichwort. Und Sie alle wissen, dass diese Volksweisheit recht hat: Worte sind nur allzu häufig sehr schnell dahingesagt, nichts wert, Schall und Rauch.

Von der Wirkmächtigkeit des Wortes

Aber auch Schall und Rauch tun ihre Wirkung! Wenn es irgendwo qualmt oder großes Getöse gibt, dann hat auch das seine Wirkung. Schall und Rauch sind nicht einfach nichts.

Und auch Worte sind nicht einfach nichts. Ein Wort, das gesagt worden ist, das ist eben ein Wort. Und solch ein Wort, zieht seine Kreise und lässt sich nicht mehr einfangen. Es ist gesagt und entfaltet jetzt seine Wirkung.

Ein böses Wort kann sehr viel Unheil bewirken.

Aber Gott sei Dank: Nicht nur das Böse wirkt! Auch das Gute wirkt, und deshalb kann ein gutes Wort, auch sehr viel Gutes wirken.

Wie wohltuend ist es, wenn jemand sagt, dass ich das oder jenes gut gemacht habe. Und wie not-wendend kann es sein, wenn mir jemand bedeutet, es sei gut, dass es mich gibt. Auch die guten Worte wirken und sie entfalten ein Wirkung, die unser Leben ungemein bereichert:

Sie sind ein Segen; ein Segen für uns Menschen.

Das Wort Segen

Nichts anderes sagt schließlich auch das lateinische Wort für "segnen", dieser Ausdruck, der sich in unserem alten deutschen "gebenedeit" erhalten hat. "Benedicere" heißt das lateinische Wort, und das heißt nichts anderes als "Gutes sagen"! Jemandem ein gutes Wort sagen, ihm das Gute zuzusprechen.

Das ist ein Segen: ein gutes Wort. Das rechte Wort zur rechten Zeit, das schon ist ein Segen. Und deshalb gibt es wahrscheinlich auch sehr viel mehr Segen in der Welt, als wir manchmal wahrnehmen.

Jeder kann segnen

Und deshalb ist es auch ein weit verbreiteter Irrtum, wenn Menschen meinen, dass es Segen nur in der Kirche gibt, und dass segnen nur der Pfarrer könne. Segnen kann jeder!

Es gibt den Muttersegen: wenn eine Mutter das Kind zu Bett bringt, und es vor dem Schlafen gehen noch einmal Gott anvertraut. Es gibt den Vatersegen, den wir schließlich schon aus der Bibel kennen. Es gibt Segen in vielerlei Formen und Arten. Die Bedeutung eines Segens hängt nicht davon ab, wer ihn spendet.

Kein besserer oder schlechter Segen

Es wäre ein fataler Irrtum, wenn wir meinen würden, dass es besseren oder schlechteren Segen gibt. Als ob ein Bischof jetzt besser, oder wirkungsvoller segnen würde als ein Pfarrer.

Im Segen wirkt nicht derjenige, der ihn spendet. Im Segen wirkt das Gute, und letztlich der Gute, jener Gott, der uns zugesagt hat, dass er das Gute für uns wirken will.

Kein Zauber

Und ein Segen ist auch keine Zauberformel, die von einem großen Zauberer gesprochen werden müsste.

Viele Segnungen, die sich in der Volksfrömmigkeit großer Beliebtheit erfreuen, stehen in der Gefahr, so missverstanden zu werden. Der Blasiussegen zum Beispiel ist kein besonders wirkmächtiger Zauber, der mich davor beschützen würde, eine Erkältung zu bekommen.

Wenn wir uns segnen lassen, dann lassen wir uns die Verheißung Gottes auf den Kopf hin zusagen, wir lassen uns neu in Erinnerung bringen, dass Gott in dieser Welt für uns wirkt, dass er das Gute für uns möchte und dass er uns mit seinem Beistand zur Seite steht.

Das, was uns da zugesagt wird, das ist das Wichtige - nicht wer es uns sagt und auf welche Weise es geschieht!

Warum segnen wir Dinge

Diese eigentliche Intention des Segens immer im Blick zu haben, ist auch wichtig, wenn es um die Segnung von Dingen geht. Kreuze, Rosenkränze, Marien- und Heiligenbilder, all diese Dinge bleiben, was sie sind, auch wenn sie gesegnet werden. Es sind Bilder, Kerzen, Gegenstände und sie haben aus sich heraus keinerlei Macht.

Keine Wetterkerze hat schon jemals vor Blitzschlag geschützt. Wenn einer schützt, dann ist es Gott.

Wenn wir aber Dinge segnen, dann kann das nur zwei Gründe haben. Wir wollen einerseits einen bestimmten Gegenstand dem profanen Gebrauch entziehen und ihn zu einem Symbol machen.

Dieses Kreuz soll mich daran erinnern, dass Gott mich durch seinen Sohn erlöst hat. Und diese Kerze soll mich immer darauf hinweisen, dass Christus das Licht der Welt ist und keine Finsternis so dunkel sein kann, als dass er sie nicht zu erhellen in der Lage wäre. Das ist der eine Grund, weswegen wir Gegenstände segnen.

Ansonsten segnen wir eine Sache immer im Blick auf den Menschen. Die Menschen, die dieses Feuerwehrauto benutzen, mögen mit ihm anderen Menschen Hilfe in Not bringen. Und sie mögen selbst bei den Einsätzen keinen Schaden nehmen.

Keinen anderer Sinn haben die Segensfeiern, die unsere Kirche kennt.

Segensfeiern

Dabei sind alle diese Feiern ganz ähnlich aufgebaut.

Sie beginnen in aller Regel mit einem Eröffnung, enthalten einer Lesung ein paar erläuternden Worten, das Segensgebet Fürbitten, das Vater Unser, und eine Entlassung mit Segen.

Der Segensgestus

Um den Segen zu spenden, gibt es viele Möglichkeiten.

Die Handauflegung ist eine Form des Segnens oder das Kreuz, das mit dem Daumen auf die Stirn eines Kindes etwa gezeichnet wird. Auch das Ausbreiten der Hände gehört an diese Stelle.

In den verschiedenen Gottesdiensten hat sich bei uns das mit der rechten Hand in die Luft gezeichnete Kreuz als Segensgestus durchgesetzt. So kennt man den Segen etwa vom Entlassungsteil der Messe her.

Dabei hätte im Mittelalter niemand einfach mit der flachen Hand - wie es heute meist üblich ist - gesegnet. Die flache Hand ist im Grunde ein nichtssagender Gestus.

Die Segenshand des Mittelalters hingegen war lesbare Verkündigung. Drei Finger deuten bei diesem klassischen Segensgestus nach oben, denn der Segen ergeht im Namen des Dreifaltigen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Zwei Finger deuten nach unten, denn der Segen ergeht durch Jesus Christus, der Gott und Mensch zugleich gewesen ist

Eine späte Erscheinung

Dies ist letztlich auch die Symbolik, die den Schlusssegen in der Messfeier begleitet.

Dabei ist dieser Schlusssegen noch gar nicht so alt. Er wurde erst seit dem Spätmittelalter der Messe beigefügt.

Zuvor segnete der Priester lediglich einzelne Gläubige, die darum baten. Das geschah dann schon auf dem Weg zur Sakristei, oft mit dem Kelch, der Patene und besonders mit dem Korporale, das der Priestern dabei kranken und schmerzenden Gliedern auflegte.

Beim Auszug zu segnen ist heute nur noch Gewohnheit der Bischöfe, freilich oft sehr rituell stilisiert - "einmal nach links, einmal nach rechts".

Aus der Tatsache, dass der Schlusssegen verhältnismäßig jung ist, erklärt sich auch, dass bis 1967 der Entlassungsruf bereits vor dem Segen erfolgte. Wenn die Menschen, der lateinischen Aufforderung prompt Folge geleistet hätten, hätte der Priester eigentlich nur Davoneilende segnen können! Die Umstellung war also lange überfällig und auch folgerichtig.

Der Schlusssegen in der Messe

In der Messe, so wie wir sie heute kennen, ist es demnach in aller Regel so, dass der Hauptzelebrant nach den abschließenden Vermeldungen den Segen mit dem gleichen Gruß einleitet, wie er auch zu Beginn der Messe üblich ist.

Die Gemeinde antwortet auf den Ruf - "Der Herr sei mit euch" - wiederum mit: "Und mit deinem Geiste."

Dann folgt an Festtagen oder aus gegebenem Anlass ein ausführlicheres, oft dreiteiliges Segensgebet, das dann in die dreifaltige Segensformel mündet:

"Es segne euch der allmächtige Gott, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist."

Dazu zeichnet der Priester mit der Hand das Kreuz in die Luft. Die Gemeinde antwortet mit "Amen".

Die dreiteiligen Segnungen

Das Messbuch enthält zahlreiche dreiteilige Segnungen für die Feste und Festzeiten, aber auch für das übrige Kirchenjahr.

Sie können nicht nur am Ende der Messe verwendet werden, sondern auch sonst bei Wortgottesdiensten, einer Tageszeit des Stundengebetes oder zum Abschluss einer Sakramentsspendung.

Gerade für die Gestaltung von Wortgottesdiensten und Andachten ist hier ein selten ausgeschöpfter Schatz an Vorlagen vorhanden.

Der Wettersegen

Mit dem Schlusssegen kann - nach altem Brauch zwischen Christi Himmelfahrt und dem Festtag Kreuzerhöhung im September - auch der "Wettersegen" verbunden werden. Gerade in ländlichen Gegenden war und ist dieser Segen sehr beliebt.

Es sind zwei Formulare angeboten, eines nach Art der feierlichen dreiteiligen Schlusssegen, das andere in der Form der klassischen "Segensgebete über das Volk".

Beide Formulare sind gut formuliert und nachvollziehbar. Sie sind nach Johannes Emminghaus - gute Beispiele dafür, wie man alte Naturalsegnungen auch für die Gegenwart glaubwürdig umsetzen kann: Gott wird hier über den Dingen angerufen und um seinen Schutz gebeten. Alle an einen Zauber oder Magie erinnernden Elemente und Formulierungen sind vermieden.

Als Beispiel sei hier die eine Möglichkeit für den Wettersegen angeführt, die in der Form der "Segensgebete über das Volk" gehalten ist. Sie lautet:

"Gott, du Schöpfer aller Dinge, du hast uns Menschen die Welt anvertraut und willst, dass wir ihre Kräfte nützen. Aus dem Reichtum deiner Liebe schenkst du uns die Früchte der Erde: den Ertrag aus Garten und Acker, Weinberg und Wald, damit wir mit frohem und dankbarem Herzen dir dienen. Erhöre unser Gebet: Halte Ungewitter und Hagel, Überschwemmung und Dürre, Frost und alles, was uns schaden mag, von uns fern. Schenke uns alles, was wir zum Leben brauchen. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
Und der Segen des allmächtigen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, komme auf euch herab und bleibe bei euch allezeit. Amen."

Die Entlassung

Auf den Segen folgt nun unmittelbar die Entlassung, die - wenn ich recht informiert bin - in Schonach im Schwarzwald nach der Liturgiereform zu wahrer Begeisterung unter den Männern der Gemeinde geführt haben soll. Auf die Aufforderung: "Gehet hin in Frieden" sollen vor allem die Männer, voller Inbrunst "Dank sei Gott, dem Herrn'" geantwortet haben, befand sich doch schräg gegenüber der Kirche das Wirtshaus "zum Frieden".

In Frieden gehen oder Frieden bringen?

Der Entlassgruß ist dabei keine strenge Übersetzung der lateinischen Vorlage, "Ite missa est" was soviel bedeutet wie, "Geht, es ist Entlassung!"

Im Deutschen wurde, der Ruf - eigentlich sehr schön - im Anschluss an biblisches Vorbild, (etwa Mk 5,34 u. ö) neu formuliert. Er entspricht damit übrigens auch dem Entlassruf der byzantinischen Liturgie, der "Gehen wir in Frieden". lautet.

Mir ist dabei das "Geht in Frieden" nicht unwichtig. Vielerorts wird der Ruf mittlerweile ja in: "Geht und bringt den Frieden" variiert. Damit ist aber gleich wieder eine Aufgabe und ein Arbeitsauftrag verbunden. Wir müssen aber nicht immer gleich etwas tun.

Das genau ist ja das entscheidende bei der Feier der Heiligen Messe. Wir werden in dieser Feier beschenkt und dürfen nun als Beschenkte gehen. Dies klingt beim Segen und der feierlichen Entlassung auf sehr schöne Weise an. Wir dürfen in Frieden unseres Weges gehen, denn der Gott des Friedens begleitet uns.


Erste These

Damit bin ich aber schon bei den abschließenden Thesen.

Gerade im Segen wird nämlich deutlich, dass Gott uns beschenkt. All das, was er für uns ist und für uns tut, wird uns auf den Kopf zugesagt. Deshalb ist der Segen ein wichtiges und unverzichtbares Zeichen. Gerade in Wortgottesdiensten sollte er deshalb nicht entfallen.

Wenn der Segen bei diesen Gottesdiensten entfällt, unterstützt dies nur die irrige Auffassung, dass Wortgottesdienste mindere Gottesdienste seien. Es ist deshalb völlig falsch, wenn sich der Vorsteher oder die Vorsteherin eines priesterlosen Gottesdienstes einfach nicht trauen, eine Segensformel zu sprechen.

Zweite These

Dabei sollte diese Formel auch wirklich eine Segensformel sein. "Es segne euch..." ist noch einmal etwas anderes, als "Es segne uns..." Jemandem anderen das Gute, Gottes Segen zuzusprechen, unterscheidet den Segen vom Gebet um den Segen.

Es ist falsche Bescheidenheit des Vorstehers oder der Vorsteherin eines Gottesdienstes wenn er oder sie am Ende der Gemeinde den Segen vorenthält.

Und selbstverständlich sollte dabei auch, die trinitarische Formel

"Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes."

Verwendung finden, die man genauso wenig aus falschverstandener Demut weglassen darf. Jeder kann segnen, und wer zum Vorsteher für einen Gottesdienst bestellt ist allemal.

Dritte These

Nicht unwichtig ist auch der Hinweis, dass Segensfeiern eigentlich den Charakter wirklicher Gottesdienste haben sollten.

Nichts ist dem Charakter einer Segnung weniger förderlich, als das Murmeln irgendeines Segensgebetes, womöglich in einem Winkel der Sakristei, um zwei zuvor abgegebene Rosenkränze schnell noch zu weihen.

Dadurch wird dem magischen Verständnis des Segens als irgend eines Zaubers, den der Priester gleich einem Medizinmann verrichtet, Vorschub geleistet.

Vierte These

Und abschließend sei noch einmal, weil man es offenbar nicht oft genug betonen kann, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Wirksamkeit eines Segens, absolut nicht daran hängt, wer den Segen erteilt.

Es ist nicht der, der es ausspricht, nicht der Priester nicht der Bischof, nicht einmal der Papst, der dann sein Angesicht über uns leuchten lässt. Der Herr, unser Gott, der Herr lasse sein Angesicht über euch leuchten, er wende euch sein Antlitz zu, und schenke euch seine Gnade.

(Dr. Jörg Sieger)

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