Unser Glaube

Ein Versuch zeitgemäßer Antworten


Weiter-Button Zurück-Button "Für wen halten die Leute den Menschensohn?" (Mt 16,13) - Jesus von Nazaret, der Christus

Wer war Jesus von Nazaret? Was wissen wir über ihn? Entspricht das Bild in den Evangelien tatsächlich den geschichtlichen Tatsachen? War er allwissend? Was dachte er von sich selbst? Gründete er eine neue Religion? Gottes Sohn und trotzdem ganz Mensch - was heißt das? Was bedeutet sein Tod für uns und was meint die Schrift damit, dass er von den Toten auferstanden ist?


Jesus Christus wollte wissen, ob die Menschen noch an ihn glauben. Also erschien er erneut auf der Erde und begegnete zwei Theologiestudenten. Und Jesus fragte sie: "Was sagen die Leute, wer ich sei?"

Und die beiden antworteten wie aus der Pistole geschossen: "Du bist die Manifestation unseres eschatologischen Wesensgrundes, die Verkündigung, die sich kundtut im Konflikt und im Ablauf des Harmonisierungsprozesses." Und Jesus sagte: "Was bin ich?"

Gelernte Sätze, überkommene Bilder

Ein Witz, der sehr tief blicken lässt. So hatten es diese beiden Theologiestudenten eben gelernt - genauso wie wir auch unsere Lehrsätze über Jesus gelernt haben; andere Sätze als der eben genannte sicherlich, aber eben auch gelernte.

Wenn wir danach gefragt werden, wer dieser Jesus Christus ist, dann antworten auch wir meist wie aus der Pistole geschossen: Er ist der Sohn Gottes, der Erlöser, unser Bruder und Herr ...

Und dabei fallen uns eine Fülle von Bildern ein, die unser Jesusbild nachhaltig geprägt haben: Der gute Hirt mit dem Lamm auf den Schultern, der junge Mann im langen Gewand, mit Bart und langen Haaren und natürlich mit Sandalen.

Und meist überstrahlt all diese Bilder eine Süßlichkeit, wie sie ganz besonders von der Künstlerschule der Nazarener im 19. Jahrhundert geprägt wurde. Ich erinnere mich z. B. noch sehr gut an das große Bild aus dem Schlafzimmer meiner Großeltern.

Aber ist Jesus das wirklich? Fassen wir ihn mit diesen Bildern bereits? Und wen fassen diese Bilder überhaupt? Den Gottessohn, den Sohn des Zimmermanns, den Menschen?

Kaum sichere Auskünfte über den historischen Jesus von Nazaret

Vielleicht können wir erst dann eine Antwort auf solche Fragen versuchen, wenn wir darauf schauen, was wir überhaupt mit einiger Gewissheit sagen können. Und fangen wir - ganz naheliegend - mit dem Menschen Jesus von Nazaret an. Schauen wir zunächst so auf ihn, wie ihn ein Historiker betrachten würde. Was weiß man denn überhaupt?

Nun liegt es wohl am nächsten, ganz einfach in den Berichten über Jesus nachzusehen: in den Evangelien. Doch da fangen die Schwierigkeiten schon an: Wer in den Evangelien sichere Auskünfte über den Menschen Jesus von Nazaret sucht, der wird sehr schnell feststellen, dass das gar nicht so einfach ist.

Der Markustext, das vermutlich älteste Evangelium, beginnt seinen Bericht erst mit der Taufe. Über die Zeit davor wird überhaupt nichts gesagt. Auch das Johannesevangelium spricht mit keinem Wort davon, was sich vor dem öffentlichen Auftreten Jesu ereignet hat.

Hinzu kommt, dass die Evangelien - mit Ausnahme des Berichts über das Leiden Jesu - aus vielen kleinen Erzählungen zusammengesetzt sind. Kaum eine von ihnen lässt wirklich darauf schließen, wann und wo genau sich das berichtete Geschehen zugetragen hat.

Geburt vor Christi Geburt

Zumindest wann Jesus geboren wurde, können wir den Berichten einigermaßen sicher entnehmen. Denn wenn es stimmt, dass Jesus zur Zeit König Herodes des Großen auf die Welt kam, dann kann man mit einiger Sicherheit sagen, dass er so um das Jahr 7 vor unserer Zeitrechnung geboren wurde.

Das heißt aber auch, dass er sicher nicht in der angenommenen Stunde Null zur Welt kam. Abt Dionysius Exiguus, der im 6. Jahrhundert unsere Zeitrechnung einführte, hat sich nämlich ganz einfach verrechnet. Zur Zeit seiner angenommenen Stunde Null war Herodes der Große schon fast vier Jahre tot.

Jesu Lebenslauf

Sicher wissen wir, dass Jesus in Nazaret heranwuchs und als frommer Jude erzogen wurde. Darauf deutet schon sein Name hin, der eigentlich "Jeschua" ausgesprochen wird. Dieser unter damaligen Juden gebräuchliche Vorname bedeutet so viel wie "Jahwe ist Rettung".

Wir können weiter davon ausgehen, dass Jesus - wie alle Juden in Israel damals - Aramäisch sprach, dass er das nur noch im Gottesdienst verwendete Hebräisch aber ebenfalls verstand. Er konnte wohl lesen und schreiben, und war von der zeitgenössischen hellenistischen Kultur vermutlich nicht besonders beeinflusst - zumindest gibt es dafür keinerlei Hinweise.

Als Beruf hat er in der elterlichen Werkstatt wahrscheinlich das Zimmermannhandwerk erlernt.

Nachdem er so in aller Stille herangewachsen war, hat er kurze Zeit - vielleicht einige wenige Jahre - für öffentliches Aufsehen gesorgt, und wurde dann an einem Freitag während des Pessachfestes gekreuzigt.

Manche meinen, dass dies am 7. April 30 gewesen sein könnte. Andere Forscher setzen als Todesjahr das Jahr 27 an. Dies macht nur wieder deutlich, wie schwierig und unsicher genaue Datierungen hier sind.

Mit diesen wenigen Angaben kommen wir mit den historisch greifbaren Fakten auch schon ans Ende.

Von den Grenzen der Überlieferung

Schwierig wird es, wenn wir danach fragen, was dieser Jesus damals gepredigt hat und was er tatsächlich selbst gesagt hat. Die Worte Jesu in den Evangelien sind erst nach Ostern aufgeschrieben worden, wurden oft lange mündlich tradiert - und das von Menschen, die zum Glauben gekommen waren, dass Jesus der auferstandene Christus ist. Auf dem Hintergrund dieses Glaubens, gaben diese Menschen Jesu Worte weiter.

So wurden dieselben nicht wie in einem Zeitungsbericht, sondern eher wie in Predigten überliefert. Sie wurden neu zusammengestellt, manchmal erweitert und auf die jeweilige Situation der Gemeinde hin ausgelegt.

Was aber hat Jesus - historisch betrachtet - tatsächlich getan? Welche Botschaft hat er verkündet?

Jesu Bewusstsein einer Sendung

Wir müssen wohl - mit aller gebotenen Vorsicht - von einer Entwicklung im Leben des Menschen Jesus von Nazaret ausgehen.

Er scheint, ergriffen von der Überzeugung, dass Gottes Eingreifen unmittelbar bevorstand, in die Öffentlichkeit gegangen zu sein. Gerade zu seiner Zeit war das nicht selten. Einige andere taten sich in gleicher Weise hervor und begannen in dieser "Endzeit", "die verlorenen Söhne und Töchter Israels" zu sammeln. Ganz ähnlich können wir Jesu erstes Anliegen umschreiben. Es ging ihm anfangs einzig und allein um Israel.

"Geht nicht zu den Heiden, und betretet keine Stadt der Samariter" (Mt 10,5),

sagte er seinen Jüngern, denn offensichtlich fühlte sich Jesus

"nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt" (Mt 15,23).

Ein Ereignis in seinem Leben scheint dann aber so etwas wie ein Umdenken anzuzeigen: Im Gebiet von Tyrus kam eine Syrophönizierin - eine Heidin also - und bat ihn darum, dass er ihre Tochter gesund machen möge.

Und wie Jesus jetzt reagierte, scheint mir so grausam zu sein, dass man es kaum im Nachhinein erfunden haben kann. Man legt dem Messias schließlich kaum etwas in den Mund, was ihn, den man verehrt, im Nachhinein schlecht macht. Die Antwort aber, die Jesus im Evangelium dieser Frau gibt, zeigt ihn von einer grausamen Seite.

Jesus weist ihre Bitte mit den Worten ab:

"Lasst zuerst die Kinder satt werden"

- und damit meint er Israel -,

"denn es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den Hunden vorzuwerfen" (Mk 7,27).

Die Mutter, die hier für ihre kranke Tochter bittet, bezeichnet er mit einem der furchtbarsten Schimpfworte im Orient überhaupt: er nennt sie Hund. Und er tut es und weist sie einzig und allein aus dem Grund ab, weil sie eine Ausländerin, eine Fremde, eine Heidin ist.

Was diese Frau daraufhin tut, fasziniert mich mehr und mehr, je öfter ich diese Stelle lese. Sie zieht sich keinesfalls beleidigt zurück. Sie antwortet selbstsicher und mit einem ganz eigenen Stolz:

"Ja, du hast recht, Herr! Aber auch für die Hunde unter dem Tisch fällt etwas von dem Brot ab, das die Kinder essen" (Mk 7,28).

Diese Frau muss einen ungeheuren Eindruck auf Jesus gemacht haben. Er reagiert daraufhin, als ob es ihm wie Schuppen von den Augen fiele. Er heilt ihre Tochter und versteht seine Sendung in der Folge immer mehr als Sendung für alle Menschen.

Entwicklung im Leben Jesu?

Aber kann das sein? Hat Jesus eine Entwicklung durchgemacht? Kann sich der Gottessohn entwickeln? Gott weiß doch alles - und dementsprechend muss auch Jesus allwissend gewesen sein. Dann aber muss er auch seine eigentliche Sendung von Anfang an gekannt haben. Und er muss sein eigenes Geschick dann doch bereits vorher gewusst oder zumindest geahnt haben!

Das meinten die Christen zu allen Zeiten, und sie haben die Göttlichkeit des Erlösers mit fortschreitender Zeit immer mehr unterstrichen. Schon in den Evangelien selbst beginnt dieser Prozess.

Als Jesus beispielsweise in seiner Heimat abgelehnt wird, schreibt das Markusevangelium, wenn man es wörtlich übersetzt, ganz deutlich:

"... und er konnte dort auch nicht eine Machttat tun" (Mk 6,5).

Etwa zwei Jahrzehnte später empfand man dies offenbar schon als anstößig. Man konnte doch nicht allen Ernstes sagen, dass Gottes Sohn in Nazaret kein Wunder wirken konnte. Und so schließt das spätere Matthäusevangelium den gleichen Bericht mit der deutlich abgeschwächten Formulierung:

"... und er wirkte dort nicht viele Machttaten" (Mt 13,58).

Das ist kein Einzelfall. Aus dem schmerzerfüllten Schrei beim Sterben am Kreuz, den Markus überliefert (vgl. Mk 15,37), wird bei Lukas der laute Ruf:

"Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist" (Lk 23,46).

Mit fortschreitender Zeit betonte man Jesu Göttlichkeit immer stärker, wurden die Schilderungen immer erhabener, die Wunder immer großartiger, aber die Person Jesu im Gegenzug immer blutleerer.

Am Ende bleibt das strahlende, aber fahle Antlitz eines Nazarener-Christus auf einem kitschigen Andachtsbild: mit starrem, gleichsam durchbohrendem, aber ansonsten leeren Blick. Und das alles nur, weil wir uns einfach nicht vorstellen können, dass Gott wirklich Mensch geworden ist. Nicht Gott lief auf der Erde herum, sondern Gott ist Mensch geworden! Und zum Menschsein gehört eben auch, dass wir unvollkommen, verwundbar und auch nicht allwissend sind.

Ich bin davon überzeugt: Jesus hat nicht gewusst, dass er Gott ist, und er musste die Dinge dieses Lebens genauso lernen, wie wir es tun. Nichts ist ihm in den Schoß gefallen. Und er hat deshalb auch erst langsam begriffen, an welches Ziel ihn sein Weg führen wird. Das alles gehört zum Menschsein dazu.

Jesus, der Menschensohn

Wie sehr Jesus sich als Mensch verstanden hat, zeigt der einzige Titel, den er vermutlich selbst auf sich angewandt hat: der Titel "Menschensohn". Schließlich bedeutet "Menschensohn" nach damaligem jüdischem Sprachverständnis zunächst nichts anderes als "Mensch".

Jesus, der Wunderrabbi?

Ich möchte daher der Wundertätigkeit Jesu nicht den großen Stellenwert beimessen, den man ihr oft gibt. Das will nicht heißen, dass Jesus keine Wunder gewirkt habe, oder wir alle Evangelienberichte nun hinterfragen müssten. Die Heilungen Jesu nehmen selbstverständlich in den Evangelien breiten Raum ein. Aber Wunder werden auch von anderen berichtet, und sie reichen bei weitem nicht aus, um die Bedeutung Jesu zu umschreiben.

Wenn Jesus nur jener Wunderrabbi gewesen wäre, der mit seinen Heilungen die Menschen in Bann gezogen hätte, dann wäre er der jüdischen Führung kaum so gefährlich geworden. Jesus selbst verstand sich aber nie als Wunderrabbi.

Die Botschaft Jesu

Für Jesus war das, was er zu verkünden hatte, viel wichtiger. Und Inbegriff seiner Verkündigung war die Botschaft vom Gottesreich, einer Herrschaft Gottes, die davon geprägt ist, dass Gott den Menschen seine Liebe anbietet: eine Liebe, die verzeiht, die den Menschen annimmt, die allen Menschen gilt und die letztlich - wie er selbst immer mehr sah - bis an die Enden der Erde reicht.

Auf diese Gottesherrschaft hin galt es sich neu auszurichten. Sie erfordert offenbar eine Neuorientierung des ganzen Lebens.

Als Jesus darüber hinaus deutlich machte, dass die Liebe Gottes zu den Menschen unabhängig von erstarrten Ritualen ist, unabhängig von kultischen Vorschriften und religiösen Machtapparaten, als er deutlich machte, dass der Mensch selbst über den kultischen Vorschriften steht, da geriet er mit der Obrigkeit seiner Zeit immer stärker aneinander - eine Auseinandersetzung, die letztlich mit seinem Tod endete.

Es würde ihm heute wahrscheinlich gar nicht sehr viel anders ergehen.

Der leidende Gottesknecht

Seinen eigenen Weg scheint Jesus mit fortschreitender Zeit immer stärker im Bild des leidenden Gottesknechtes gedeutet zu haben. Dieses Bild fand er in der Schrift, beim Propheten Jesaja. Dort konnte er lesen:

"Er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen. Wir meinten, er sei von Gott geschlagen, von ihm getroffen und gebeugt. Doch er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen, wegen unserer Sünden zermalmt. Zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt" (Jes 53,4-5).

Vielleicht hat er immer mehr das Bewusstsein erlangt, dass er selbst mit diesem Gottesknecht gemeint war. Und möglicherweise hat er genau in diesem Bewusstsein dann seinen Weg nach Jerusalem angetreten - obwohl er sich leicht ausrechnen konnte, dass dies kein gutes Ende nehmen würde.

Aber Jesus konnte in den Liedern vom Gottesknecht auch einen anderen Hinweis finden. Am Ende heißt es nämlich:

"Doch der Herr fand Gefallen an seinem zerschlagenen (Knecht), er rettete den, der sein Leben als Sühnopfer hingab" (Jes 53,10).

Es kann also durchaus sein, dass Jesus diesen Weg am Ende im Bewusstsein gegangen ist, dass Gott letztlich doch alles zum Guten fügen wird, denn Gott steht - das konnte er dem Propheten Jesaja entnehmen - auf der Seite dieses Knechtes, der bereit ist, sein Leben hinzugeben.

Der auferstandene Herr und der Zweifel der Menschen

Im Glauben wissen wir, dass Jesus die Überzeugung, dass Gott zu ihm steht, nicht getrogen hat. Im Glauben wissen wir, dass Gott diesen Jesus von den Toten auferweckt hat. Und ich sage ganz bewusst: Im Glauben wissen wir das.

Denn einen naturwissenschaftlich hieb- und stichfesten Beweis dafür gibt es nicht. Selbst das leere Grab ist kein Beweis dafür.

Deshalb nützt es auf der anderen Seite auch nichts, wenn immer wieder Wissenschaftler kommen, die beweisen wollen, dass das Grab nicht leer war, oder Jesus gar nicht am Kreuz, sondern erst später gestorben sei und so weiter.

Da das Ereignis der Auferstehung nicht zu greifen ist, ist es auch nicht zu widerlegen. Selbst wenn das Grab nicht leer gewesen sein sollte, würde das nichts am Glauben ändern, denn Jesus ist auferstanden in eine Wirklichkeit, die Raum und Zeit - und dementsprechend auch unsere Art von Körperlichkeit - übersteigt.

Es führt kein Weg daran vorbei: An der Auferstehung werden sich die Geister scheiden, denn nur im Glauben kann ich die Einsicht mittragen, dass Gott diesen Jesus, den Christus, nicht im Tod ließ.

Dieser Glaube aber erschließt erst die eigentliche Bedeutung Jesu. Denn durch die Auferweckung seines Sohnes macht Gott klar, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, sondern dass derjenige, der sich an diesen Gott hält, auch durch den Tod hindurch von Gott gehalten ist.

Gründet Jesus eine neue Religion?

Eigentlich ist der Glauben an den todüberwindenden Gott eine Einsicht, zu der Menschen auch schon vor Jesus hätten gelangen können. Etwas Neues war dies nicht. Jesus hat hier gar nicht so viel Neues gelehrt. Nahezu alles, was er gesagt hat, steht auch schon im ersten Testament der Bibel. Und die Erforschung der Qumran-Texte - der Schriften aus den Höhlen am Toten Meer - hat deutlich gemacht, dass vieles davon zur Zeit Jesu bereits diskutiert wurde und damals durchaus präsent war.

Jesus bringt nicht direkt etwas Neues - und schon gar keine neue Religion. Er schält vielmehr das, was in den Verkrustungen seiner Zeit und in einer erstarrten religiösen Praxis verborgen war, aufs Neue und endgültig heraus. Er verschafft dem, was Gott schon von jeher den Menschen sagen wollte, als letztgültiger und unüberbietbarer Bote Gehör (vgl. Mk 2,1-12).

Und er ist durch seinen Tod und seine Auferstehung im Letzten dafür verantwortlich, dass diese göttliche Botschaft in der Missionstätigkeit der auf ihn gründenden Kirche die Provinzialität einer einzelnen Nationalreligion überwindet und zur weltumspannenden Heilsbotschaft für alle Menschen wird.

Darin liegt letztlich die historisch greifbare Bedeutung dieses Jesus von Nazaret, von dem wir glauben, dass uns in ihm Gott auf unüberbietbare Weise nahe gekommen ist, dass Gott in ihm Mensch geworden ist.

Gott und Mensch

Wie diese Verbindung von Gottheit und Menschheit dann genau zu denken ist, wie wir uns diese Menschwerdung vorstellen können, das kann ich nicht sagen. Und ich werde es nicht einmal versuchen. Denn alle Versuche, dieses Geheimnis denkend zu durchdringen, wirken am Ende hilflos und manchmal sogar lächerlich.

Die einzig gute Deutung, die ich kenne, ist gleichzeitig die älteste. Und mit ihr möchte ich diese Überlegungen schließen. Es ist der urchristliche Hymnus aus dem Philipperbrief. Hier wird im Grunde alles gesagt, was wir zum Thema Gottheit und Menschheit in Jesus Christus wirklich sagen können. Mit dieser Auskunft sollten wir uns denn auch bescheiden.

Im Philipperbief heißt es:

"(Jesus Christus) war Gott gleich,
hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein,
sondern entäußerte sich und wurde wie ein Sklave
und den Menschen gleich.
Sein Leben war das eines Menschen;
er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod,
bis zum Tod am Kreuz.
Darum hat ihn Gott über alle erhöht
und ihm den Namen verliehen,
der größer ist als alle Namen,
damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde
ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu
und jeder Mund bekennt: "Jesus Christus ist der Herr" -
zur Ehre Gottes, des Vaters" (Phil 2,6-11).

(Dr. Jörg Sieger)

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