Unser Glaube

Ein Versuch zeitgemäßer Antworten


Weiter-Button Zurück-Button "... und an alle Heiligen in ganz Achaia." (2 Kor 1,1) - Die Gemeinschaft der Heiligen

Wer will denn schon ein "Heiliger" werden!? Was ist das überhaupt? Und sind "Selige" so etwas wie "halbe Heilige"? Was soll ein Heiligsprechungsprozess, und wie kann man als moderner Mensch überhaupt noch Heilige verehren? Wo sind unsere Toten, und was ist mit Gericht und Fegefeuer?


Ein katholischer Priester und der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer unterhielten sich. Es ging dabei um die Frage, was denn beide für ein Ziel in ihrem Leben hätten. Der katholische Priester sagte: "Ich will ein Heiliger werden!" Dietrich Bonhoeffer gab zur Antwort: "Ich möchte glauben lernen!"

Das Bild vom "komischen Heiligen"

Nicht wahr, die Antwort Bonhoeffers ist die sympathischere!? Wenn jemand sagt, dass er ein Heiliger werden möchte, dann klingt das unheimlich überheblich. Es klingt so abgeklärt und so selbstsicher. Und erschwerend kommt hinzu, dass das Bild, das viele von Heiligen haben, alles andere als ansprechend ist. Da fallen uns "komische" Gestalten aus so mancher mittelalterlichen Legende ein oder mit Gold und Edelsteinen verzierte Knochengerippe aus barocken Reliquienschreinen.

Wer will denn da heute noch allen Ernstes ein Heiliger sein? Heilig, das klingt nach weltfremd, verschroben und immer ein paar Zentimeter über dem Boden schwebend.

Was ist eigentlich "heilig"

Vielleicht ist es gerade deshalb so notwendig, wieder einmal genau hinzuschauen, was Heiligkeit eigentlich bedeutet.

Wenn wir diesen Begriff ganz eng fassen, dann ist "heilig" eigentlich nur einer: der Heilige nämlich, Gott selbst. Die Bibel nennt Gott heilig - im Hebräischen "qadosch", was vom Wort her vielleicht ursprünglich so etwas wie "getrennt" oder "gesondert" bedeutet. Die Heilige Schrift verwendet dieses Wort, weil sie damit zum Ausdruck bringen möchte, dass Gott ganz anders ist - ganz anders als alles, was wir sonst in dieser Welt erleben.

Der Heilige ist der ganz Andere. Er ist zwar in dieser Welt anwesend, er begegnet uns immer wieder, aber er gehört nicht zu dieser Welt, er übersteigt sie. Er ist "transzendent", wie die Theologen sagen.

Heilige Orte

Wenn die Bibel auch Orte "heilig" nennt, dann tut sie es deswegen, weil Menschen an diesen Orten die Gegenwart Gottes erlebt haben. Ein Ort ist heilig, weil dort der Heilige, der ganz Andere, weil Gott dort einem Menschen spürbar nahe gekommen ist.

Solche heiligen Orte hat man dann ausgesondert, dem normalen, alltäglichen Gebrauch entzogen. Ein solcher Ort war nun dazu geeignet, an diese Begegnung mit dem heiligen Gott zu erinnern. So einen Ort, an dem Menschen die Gegenwart Gottes schon einmal spüren durften, empfand man als hilfreich, sich der Nähe Gottes wieder neu bewusst zu werden. Dadurch wurde ein solcher Ort zum heiligen Ort. Er war nun nicht mehr profan, alltäglich, er wurde nun der Sphäre des Heiligen zugerechnet.

Heilige Menschen

Menschen hat man wohl erst später heilig genannt. Zunächst einige wenige. Man nannte sie heilig, weil sie offensichtlich in ganz besonderer Weise mit Gott verbunden waren.

Diese Männer und Frauen waren absolut keine weltfremden Sonderlinge, sie schwebten nicht Zentimeter über dem Boden und sie waren auch keine Verstorbenen. Heilig nannte man jemanden, der ganz offensichtlich zu Gott gehört.

Heiliges Volk

So begann sich auch Israel als heilig zu betrachten - nicht weil das Volk so herausragende moralische Qualitäten gehabt hätte. Heilig war Israel, weil das ganze Volk zu Gott gehört.

Und deshalb konnte auch Paulus alle Menschen, die zu Christus gehören, als Heilige ansprechen. Er schreibt an die "Heiligen in Korinth", an die "Heiligen in ganz Achaia". Und er meint damit alle Menschen, die dort leben und zu Christus gehören.

Weil Christus Mensch geworden, für uns gestorben ist und von Gott auferweckt wurde, deshalb wissen wir Menschen endgültig, dass wir alle zur Welt Gottes gehören, zu seinem Reich. Wir gehören zu Gott, der der Heilige schlechthin ist. Und deshalb sind wir Heilige. Wir alle sind heilig!

Die Toten sind nicht einfach tot

Was aber sollen dann die Heiligen, die wir in der Kirche verehren? Warum braucht es dann überhaupt so etwas wie Heiligsprechung oder Heiligenverehrung?

Heiligenverehrung ist dann nichts anderes als der Ernstfall unseres Glaubens. Wenn ich der Botschaft Christi wirklich glaube, dann sind die Menschen, die gestorben sind, die irgendwann dieses Leben beendet haben, nicht weg. Sie sind nicht einfach tot. Schon im Psalm 73 heißt es:

"Ich aber bleibe immer bei dir, du hältst mich an meiner Rechten. Du leitest mich nach deinem Ratschluss und nimmst mich am Ende auf in Herrlichkeit." (Ps 73,24-25)

Und Paulus beschreibt im Philipperbrief seine Hoffnung, dass er unmittelbar nach seinem irdischen Tod bei Christus sein wird, in dieser neuen Wirklichkeit des Lebens.

"Ich sehne mich danach, aufzubrechen und bei Christus zu sein - um wie viel besser wäre das!" (Phil 1,23)

Das ist für mich eine der Grundbotschaften unseres Glaubens: Der Tod ist kein Aus und keine Ende. Er ist ein Tor, wie ein Hindurchgang in eine neue Wirklichkeit des Lebens.

Antworten der Theologie

Die klassischen Formulierungen der Theologie über den Tod haben das manchmal leider verdeckt. Beim Versuch, das, was nach dem Tode kommt in Worte zu fassen, wird deutlich, wie Sprache versagt und wie abstrus die Gedankengebilde werden können, die dabei herauskommen, wenn wir Menschen versuchen, das Unsagbare, ja sogar Undenkbare in Worte zu kleiden.

So sagt eine moderne Richtung der evangelischen Theologie zum Beispiel, dass der Mensch mit seinem Tod zunächst ganz tot sei. Es gäbe nach dem Tod nichts mehr, was leben würde.

Katholischerseits und in weiten Teilen der evangelischen Theologie - natürlich da und dort verschieden akzentuiert - sieht man die Dinge anders:

Man hilft sich hier mit der Unterscheidung von Leib und Seele und sagt, dass der Körper zwar tot sei, die Seele aber weiterlebe. Sie würde den Leib gleich nach dem Tod verlassen und an den Ort ihrer Bestimmung gelangen. Die Gerechten gingen gleich in Gottes Herrlichkeit ein. Diejenigen, die ewige Strafe verdient hätten, kämen in die Hölle. Und diejenigen, die zwar nicht ganz gut, aber auch nicht ganz schlecht seien, gelängen an einen Läuterungsort: das Fegefeuer.

Deshalb betet man in der katholischen Tradition auch für Verstorbene, insbesondere für die im "Fegefeuer", damit Gott sie aus diesem Zustand befreie und im Gericht Gnade vor Recht ergehen lasse.

Gottes Gericht in den klassischen Antwortversuchen

Das Gericht steht dann ja noch aus. Es kommt in der katholischen "Lehre von den Dingen nach dem Tod" (Eschatologie) - genau wie in der evangelischen - erst am jüngsten Tag. Dann, so sagt klassischerweise die Theologie, wird Gott die Leiber aus den Gräbern auferwecken. Die Seelen aus dem Himmel kämen zurück und würden wieder mit Ihren Leibern vereint. Auch die Seelen aus dem Fegefeuer kehrten zurück, um wieder ihre Leiber zu erhalten. Selbst die Verlorenen in der Hölle kämen noch einmal hervor, um wieder ihren Leib zu bekommen. Nach dem Gericht müssten diese dann aber gleich wieder in die Hölle hinab.

Bei den Seelen aus dem Fegefeuer entscheide sich jetzt, wo ihr Platz sei - im Himmel oder in der Hölle. Und die Gerechtgesprochenen ziehen dann allesamt in die himmlische Herrlichkeit ein.

Von den Grenzen des Denkens

Hier zeigt sich, wie schnell dieses Denken anfängt in sprachliche Verlegenheiten hineinzuführen. All diese Vorstellungen und Erklärungsversuche - die darum bemüht sind, jedes Detail bis ins Letzte zu klären - muten am Ende immer komisch bis lustig an. Vor allem, wenn man noch dazu nimmt, wie sich die Theologen im Mittelalter mit der Frage beschäftigt haben, welche Gestalt der Auferstehungsleib haben müsse. Manche gaben auf diese Frage die Auskunft, dass dieser Auferstehungsleib ja ein vollkommener Leib sein müsse - die einzig wirklich vollkommene Form sei aber die Kugel. So sagten diese mittelalterlichen Theologen allen Ernstes, dass wir in Kugelgestalt auferstehen würden.

Ich möchte uns jetzt die Vorstellung ersparen, wie wir dann alle einmal durch den Himmel "kugeln" werden.

Gefangen in den Kategorien von Raum und Zeit

Bei diesem Bild spürt man deutlich, woran all diese Gedankengebäude im Letzten kranken. Sie versuchen die Vorgänge nach dem Tod zu beschreiben, indem sie von Orten und von Zeiten sprechen. Sie berücksichtigen dabei aber nicht, dass Raum und Zeit Kategorien dieses Lebens sind.

Wenn wir beschreiben wollten, was genau nach dem Tode auf uns wartet, dann müssten wir in der Lage sein, all dies jenseits unseres Raumes und unserer Zeit zu beschreiben.

Nur können wir außerhalb von Raum und Zeit nicht einmal denken, geschweige denn etwas beschreiben!

Versuch einer Antwort

Vielleicht sollten wir deshalb von dem, was uns nach dem Tod erwartet, bescheidener sprechen.

Ich glaube daran, dass es nach dem Tode weitergeht - ohne Unterbrechung, daran krankt meines Erachtens die evangelische Ganztod-Theologie. Mit meinem Tod durchbreche ich die Schranken von Raum und Zeit. Und deshalb gibt es diese lange Zeit zwischen meinem persönlichen Tod und dem Ende dieser uns bekannten Welt, dem jüngsten Tag, nur für die Menschen, die noch in dieser Zeit "gefangen" sind. Wenn ich diese Zeit jedoch mit meinem persönlichen Tod durchbreche, dann fällt für mich der Zeitpunkt meines Todes und das Ende der Welt zusammen. Die Zeit zwischen beiden Ereignissen spielt - von der anderen Seite der Todesschranke her betrachtet - keine Rolle mehr.

Wenn man will, könnte man es - ungeheuer verkürzend und damit sicher auch wieder falsch - überspitzt so formulieren: Obwohl wir alle zu unterschiedlichen Zeiten sterben, kommen wir auf der anderen Seite der Todesbarriere alle gemeinsam an. Denn dort spielt die Zeit, die wir hier kennen, keine Rolle mehr.

Und auch der Raum wird keine Rolle mehr spielen - zumindest nicht in der Weise, wie wir ihn hier erfahren haben. Deshalb ist es eine sinnlose Diskussion, wenn wir danach fragen, wie denn der Leib aussehen wird, den wir dann haben werden. Ich bin mir ganz sicher, dass das unsere Vorstellungskraft völlig übersteigt.

Auferstehung mit Leib und Seele?

Andererseits bin ich mir aber sicher, dass wir in diesem neuen Leben irgendwie leibhaft sein werden.

Leibhaft zu sein bedeutet für mich nicht so sehr, einen irgendwie gearteten Körper zu haben oder gar Materie in unserem Sinn zu sein. Leibhaftigkeit ist für mich vor allem etwas, was mit Sinnenhaftigkeit zu tun hat.

Wenn wir mit anderen in Kontakt treten, wenn wir mit unserer Umgebung in Verbindung treten, dann geschieht dies immer durch unseren Leib: Wir tasten, wir befühlen, wir bewegen uns, wir greifen, sehen mit den Augen, riechen jemanden oder etwas mit der Nase, hören mit unseren Ohren und sprechen andere an. All dies sind Dimensionen unseres Lebens und Zusammenlebens, die durch unseren Leib vermittelt werden.

Und in diesem Sinne werden wir sicherlich auch nach dem Tode leibhaft sein. Wir werden die anderen, die uns in diesem Leben wichtig geworden sind, wiedererkennen, mit ihnen in Verbindung sein, feiern, fröhlich und glücklich sein.

Vielleicht meint das Sprechen von der leib-seelischen Auferstehung der Toten genau das: dass wir nämlich wir selbst sind, mit unserer ganzen Identität - wofür die Seele steht - und dass wir dies gemeinsam mit den anderen sind: mit aller Sinnenhaftigkeit und Sinnenfreude, die wir schon in diesem Leben schätzen gelernt haben und die immer durch unseren Leib vermittelt wird.

Ich kann nicht beweisen, dass es so sein wird. Aber ich jedenfalls stelle es mir so vor.

Eine etwas andere Sicht des Fegefeuers

In diesem Zusammenhang ist mir auch wichtig geworden, was man in der Tradition der katholischen Kirche Fegefeuer genannt hat. Ich denke dabei aber nicht an einen Ort, an dem man Jahrzehnte und Jahrhunderte lang schmoren müsste - hier wären wir schon wieder im Denken in Raum und Zeit gefangen.

Nein, die Sache an sich ist mir wichtig geworden. Gott wird mir - der ich nicht gut bin, aber auch nicht ganz schlecht - am Ende nicht einfach sagen: "Klassenziel verfehlt! Ab in die Hölle mit dir!" Sondern er wird in seiner Liebe am Ende gleichsam aus mir "herausbrennen", was noch fehlt, um zu dem Menschen zu werden, wie er ihn gedacht hat.

Das mag dann brennen, aber nicht als Feuer, in dem ich gleichsam gequält werde, sondern wie es eben brennt - und auch weh tut -, wenn ich mich in meiner ganzen Kleinheit und Unwürdigkeit der verzeihenden Größe und barmherzigen Liebe Gottes gegenübersehe.

So wird das Sprechen vom Fegfeuer für mich zum Symbol dafür, dass Gott letztlich das Heil aller Menschen möchte.

Solidargemeinschaft der Lebenden und Verstorbenen

Deshalb vertraue ich auch darauf, dass alle, die mir wichtig waren, aber bereits verstorben sind, nicht einfach weg, sondern in Gottes Hand geborgen sind. Ich bleibe mit ihnen verbunden. Wir, die Lebenden, bilden mit den Verstorbenen zusammen eine große Gemeinschaft: die Gemeinschaft all derer, die zum Herrn, zum heiligen Gott gehören und deswegen auch heilig sind. Daher ist Heiligenverehrung für mich auch so etwas wie der Ernstfall des Glaubens.

Ich glaube nämlich daran, dass diejenigen, die uns vorangegangen sind und jetzt bei Gott leben, noch immer das Gleiche tun, was schon in ihrem irdischen Leben so wichtig gewesen ist: dass sie nämlich an andere denken und für sie beten.

Ich spüre jeden Tag, wie gut es tut und wie notwendig es in so vielen Situationen ist, dass Menschen mir sagen: "Ich denke an dich!" oder "Ich bete für dich!" Diese Verbundenheit der Glaubenden im Gebet hört im Tod aber nicht auf. Sie gewinnt vielleicht sogar eine ganz neue Intensität. Ich darf zu den Menschen, die mir vorausgegangen sind und die mir wichtig waren, sprechen. Ich darf darauf vertrauen, dass sie mich hören. Und ich darf mir sicher sein, dass sie an mich denken, für mich beten, dass wir im Gebet verbunden sind.

Und dies gilt nicht nur für diejenigen, die wir in der Kirche als Heilige verehren. Dies gilt ganz unterschiedslos von allen, von denen wir ganz persönlich glauben, dass sie bei Gott sind. Ich darf ruhig zu und gemeinsam mit meinem Partner, der bereits verstorben ist, meinen Eltern, meinem Kind oder auch lieben Freund beten. Und ich darf ganz sicher sein, dass sie alle bei Gott sind.

Denn genau das sagt für mich der Glaubenssatz von der Gemeinschaft der Heiligen. Wir sind vor Gott eine große Solidargemeinschaft der Lebenden und Verstorbenen - oder besser: der bereits bei Gott lebenden Menschen -, eine Solidargemeinschaft, die im Gebet miteinander verbunden ist.

Was soll Heiligsprechung?

Dass Kirche jetzt einzelne Menschen "herauspickt" und nach einem regelrechten Prozess heiligspricht, hat einen ganz anderen Hintergrund. Gerade bei der Verehrung von Heiligen gab es in früherer Zeit so manche Unsitte: angefangen vom unseligen Reliquienkult bis hin zu einem regelrechten Reliquienhandel, bei dem findige Geschäftsleute Heilige regelrecht erfunden haben, um irgendwelche Knochen teuer an abergläubische, betuchte Familien und geltungssüchtige Ordensgemeinschaften zu verkaufen.

Um solchem und ähnlichem Unwesen einen Riegel vorzuschieben, hat Kirche gesagt, dass bei denen, die im offiziellen Gottesdienst verehrt werden sollen, erst einmal genau geprüft werden muss, ob das "alles so in Ordnung ist". Zwar dürfen wir darauf hoffen, dass Gott alle Menschen zum Heil führen möchte, aber bei den Menschen, die offiziell in der Kirche als Heilige verehrt werden, sollte vorher eingehend geprüft werden, ob sie auch wirklich einen Vorbildcharakter für andere haben.

Wenn jemand heiliggesprochen wird, wenn seine Verehrung im offiziellen Gottesdienst der Kirche demnach erlaubt wird, dann sagt das nichts über all die Menschen aus, die von kirchlicher Seite nicht ausdrücklich als Heilige genannt werden.

Selige sind keine "halben Heiligen"

Vielleicht sollte in diesem Zusammenhang auch erwähnt werden, dass Selige keine "halben Heilige" sind, die erst zur Heiligkeit aufsteigen müssten. Seligkeit ist keine Vorstufe der Heiligkeit. Bevor jemand heiliggesprochen wird - und damit seine weltweite kirchliche Verehrung zugelassen wird -, wird seine Verehrung im Gottesdienst zuerst einmal in einem begrenzten Gebiet eingeräumt: meist in dem Land, in dem der oder die Betreffende gewirkt hat. Erst nach einer gewissen Zeit, wenn sich zeigt, dass der bzw. die Selige weltweite Bedeutung hat, wird die Möglichkeit der offiziellen Verehrung in der Heiligsprechung ausgeweitet.

Diese Unterscheidung ist also lediglich eine territoriale, kirchenrechtliche Kategorie, die nichts über die Qualität der entsprechenden Person aussagt.

All diese kirchlichen Regelungen ändern schließlich nichts daran, dass wir alle, die wir zu Jesus Christus gehören und Gottes Eigentum sind, sein heiliges Volk, eben "Heilige" sind.

Heilig werden oder "glauben lernen"?

Wenn wir an den Beginn dieser Überlegungen zurückdenken - an die Antwort Dietrich Bonhoeffers, dass das Ziel seines Lebens "glauben zu lernen" sei -, dann mag uns diese Antwort noch immer näher liegen als die Äußerung des Priesters, er möchte ein Heiliger werden. Aber vielleicht besteht zwischen beiden Aussagen auf dem Hintergrund unseres Nachdenkens gar kein so großer Widerspruch. Heilig werden wir nicht durch absonderliche Taten. Und ein Heiliger zu sein ist auch keine besondere Form kirchlicher Karriere. Heilig wird man dadurch, dass man wirklich glauben lernt: an den einen Herrn Jesus Christus nämlich, durch den wir dieses Leben haben, der Weg, Wahrheit und Leben ist, und durch den wir dieses Leben zukünftig in Fülle haben werden.

(Dr. Jörg Sieger)

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