Die Bibel

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Weiter-ButtonZurück-Button Der zweite Petrusbrief ⋅1⋅

Schließen wir hier nun den zweiten Petrusbrief an, auf den wir gerade eben ja schon zu sprechen gekommen sind.

1. Abfassungszeit

Er wird durchweg als das späteste Dokument des ganzen Neuen Testamentes eingeschätzt. Da er den Judasbrief als Vorlage verwendete, ist er sicher eine ganze Zeit nach dem Judasbrief entstanden. Damit müssen wir also mit einer Abfassungszeit schon im beginnenden 2. Jahrhundert n. Chr. rechnen.

Von daher ist auch zu erklären, warum sein Stil und die Terminologie deutliche Beziehungen zur Literatur der apostolischen Väter aufweist.

Als Verfasser wird ein Symeon Petros (2 Petr 1,1) vorgestellt, der auch den ersten Brief abgefasst zu haben vorgibt (2 Petr 3,1). Somit ist klar, dass der Verfasser auch den ersten Petrusbrief kennt. Insofern dieser - wie wir angenommen haben - in den 90er Jahren des 1. Jahrhunderts n. Chr. anzusetzen ist und die Domitianische Verfolgung zum Hintergrund hat, erweist sich auch hier die Annahme der späten Abfassung des zweiten Petrusbriefes als richtig.

2. Inhalt und Aufbau

Der Inhalt und die Gliederung des Schreibens stellen sich nun folgendermaßen dar: ⋅2⋅

2 Petr 1,1-2
Anschrift und Gruß.
2 Petr 1,3-11
Göttliche Gaben und menschliche Tugenden.
2 Petr 1,12-21
Die Bürgschaft der christlichen Hoffnung.
2 Petr 2,1-22
Die Irrlehrer.
2 Petr 3,1-13
Parusie und Weltgericht.
2 Petr 3,14-18
Schlussmahnungen.

Als Adressaten nennt der Brief - im Unterschied zum ersten Petrusbrief - alle Christen. Ganz konsequent wird das Schreiben durch den Petrusrahmen und das gezeichnete Petrusbild als pseudonym vorgestellt. Es wird so getan, als hätte Petrus diesen Brief kurz vor seinem Tod geschrieben. Das verleiht dem Text natürlich gleichsam testamentarischen Charakter. Ähnliches haben wir ja bereits bei den Pastoralbriefen beobachtet.

Die Zeugenschaft Jesu Christi und dessen Wirken wird durch die Erinnerung an die Verklärung in 2 Petr 1,12-18 deutlich. Dort stellt sich der Verfasser ganz unter die apostolische Tradition und nimmt diese auch in Anspruch, um die Glaubensverkündigung zu sichern.

Der Vergleich zeigt, dass diese Darstellung der Verklärung stark von der matthäischen Version beeinflusst ist. Hier kann man demnach eine literarische Abhängigkeit von Matthäus greifen, was ebenfalls die These von einer Abfassung sicher nach den 80er bzw. 90er Jahren des 1. Jahrhunderts stützt.

3. Intention

Mit dem zweiten Petrusbrief wird ein apostolisches Testament geliefert, das in seiner Intention etwa mit in der Abschiedsrede des Paulus vor den Presbytern aus Ephesus in Milet vergleichbar ist (Apg 20,17ff). Hier wie dort nahmen die Verfasser, Führer der nachapostolischen Zeit, die Autorität der Apostel in Anspruch, um deren Erbe in den Gefährdungen der Gegenwart auszulegen und zu schützen.

Die eigentliche Problemstellung des zweiten Petrusbriefes ist die Parusieverzögerung, also das Ausbleiben der Wiederkunft Christi. Das Thema des Briefes ist demnach die Eschatologie, die Lehre von den letzten Dingen.

Der Petrus des Briefes hat sich mit Meinungen auseinanderzusetzen, die behaupten, dass sich vom Anfang der Welt an überhaupt nichts verändert und Jesus Christus demnach auch keine Änderung bewirkt habe. Dem entgegnet der Verfasser mit einem Hinweis auf die Sintflut, die schon einmal das Gericht über die Menschheit gebracht habe. Er verweist auf den eschatologischen Weltenbrand und erklärt, dass das Ausbleiben des Endgerichts nichts anderes sei, als ein Zeichen der Langmut des Herrn. Wenn die Parusie immer noch nicht gekommen sei, dann bedeute das nicht, dass die Verheißung Christi hinfällig ist. Dies hänge einzig und allein damit zusammen, dass Gott allen eine Chance der Umkehr geben möchte. Gott wartet in Geduld zu, damit die Menschen sich bekehren können.

Wenn der Brief in diesem Zusammenhang in 2 Petr 3,15-16 darauf zu sprechen kommt, dass Paulus schwer zu verstehen und zu interpretieren sei, dann geht er gegen die Gnostiker vor. Diese verwenden Paulus offensichtlich als Hauptzeugen. Der zweite Petrusbrief versucht Paulus vor diesem Missbrauch zu bewahren. Auch dies deutet wieder auf eine recht späte Abfassungszeit hin. Die Paulusedition muss bereits abgeschlossen gewesen sein. Nur so wäre ja zu erklären, dass Paulus allgemein greifbar und dementsprechend auch für die Argumentation verwendbar war.

Weiter-ButtonZurück-Button Anmerkungen

1 Wo nicht anders vermerkt folge ich meinem Lehrer Rudolf Pesch, Einführung in das Neue Testament II - nicht autorisierte Vorlesungsmitschrift des WS 1980/81 (Albert-Ludwig-Universität Freiburg i. Br.). Zur Anmerkung Button

2 Vgl.: Karl Hermann Schelke, Die Petrusbriefe - Der Judasbrief (Freiburg 1980). Zur Anmerkung Button