Die Bibel

Entstehung, Gedankenwelt, Theologie ...


Weiter-ButtonZurück-Button Der Philipperbrief ⋅1⋅

Kommen wir damit zum Philipperbrief, einem Schreiben, das wieder Anlass zu literarkiritischen Diskussionen gibt.

1. Die Adressaten

Nach Phil 1,1 schreibt Paulus diesen Brief...

"... an alle Heiligen in Christus Jesus, die in Philippi sind, mit ihren Bischöfen und Diakonen." (Phil 1,1.)

Die Nennung der Episkopen und Diakone scheint dabei ein späterer Zusatz zu sein. Zur Zeit des Paulus dürfen wir noch nicht mit einer ausgeprägten hierarchischen Struktur rechnen.

a. Die Gemeindegründung

Schauen wir zunächst wieder auf die Vorgeschichte dieses Schreibens. Wie kam es zur Gemeindegründung in Philippi?

Auf der zweiten Missionsreise kamen Paulus, Silas und Timotheus auf dem Weg nach Saloniki zunächst nach Philippi (Apg 16,11ff), einer als Militärkolonie ausgebauten Stadt, die 15 km landeinwärts lag.

Die Gottesfürchtige Lydia aus Thyatira in Lydien wurde nach dem Bericht der Apostelgeschichte bekehrt. Ihr Haus war in der Folge der Mittelpunkt der neu entstehenden Gemeinde.

Die Gründung dieser Gemeinde fällt nach unserer Chronologie auf das Frühjahr bzw. den Sommer des Jahres 49 n. Chr.

b. Die Struktur der Gemeinde

Phil 3,3 legt nun nahe, dass die Gemeinde überwiegend aus Heidenchristen bestand. Deutlich ausgesprochen wird dies jedoch nicht. Paulus schreibt im dritten Kapitel:

"Gebt acht auf die Hunde! Gebt acht auf die Pfuscher! Gebt acht auf die (Männer der) Zerschneidung! Denn die Beschneidung sind wir, die wir im Geist Gottes anbeten, unseren Ruhm in Christus Jesus haben und unser Vertrauen nicht auf das Fleisch setzen." (Phil 3,2-3.)

Dies setzt eigentlich eine Gemeinde voraus, die in der Mehrzahl unbeschnitten war.

c. Einzelne bekannte Gemeindemitglieder

Neben der Lydia aus Thyatira, die die Apostelgeschichte erwähnt, kennen wir noch andere Mitglieder dieser Gemeinde aus der Erwähnung im Philipperbrief des Paulus.

  • In Phil 4,2 nennt Paulus zwei Frauen, die Euodia und die Syntiche. Manche vermuten, dass eine davon mit der Lydia aus der Apostelgeschichte identisch ist. Lydia ist nämlich nicht zuerst ein Name, sondern bezeichnet vielmehr die Herkunft dieser Frau, bedeutet also nichts anderes als "die Lydierin".
  • In Phil 4,3 wird ein Klemens genannt, der bei der Verkündigung mitgearbeitet hatte.
  • Und Phil 2,25 sowie Phil 4,18 erwähnen den Epaphroditus, der als Gesandter der philippischen Gemeinde eine Geldspende überbracht hat und Mitarbeiter des Paulus geworden ist.

d. Der Verlauf des ersten Gründungsbesuches in Philippi

Der erste Besuch des Paulus in Philippi, der Gründungsbesuch, endete nun mit einem gleichsam dramatischen Höhepunkt. Paulus trieb nämlich nach der Darstellung der Apostelgeschichte aus einer Frau einen Wahrsagegeist aus. Daraufhin wurde er von den Leuten, die bisher von den Prophezeiungen der Wahrsagerin lebten, angezeigt. Es kam zur Auspeitschung und Inhaftierung des Paulus und des Silas.

Interessant ist, dass Timotheus in diesem Zusammenhang im Bericht der Apostelgeschichte plötzlich nicht mehr erwähnt wird.

Die Apostelgeschichte berichtet nun weiter, dass Paulus und Silas auf wunderbare Weise aus dem Kerker befreit wurden (Apg 16,25-34).

Der historische Kern dieser Befreiungserzählung dürfte wohl weit prosaischer sein. Er dürfte darin zu finden sein, dass Paulus und Silas aus Philippi ausgewiesen wurden, nachdem sie sich auf ihr römisches Bürgerrecht berufen haben.

In 1 Thess 2,2 bestätigt Paulus selbst, dass er in Philippi Schlimmes erdulden musste.

e. Die Geldspende aus Philippi

Ich habe eben bereits erwähnt, dass Epaphras dem Paulus, nachdem dieser aus Philippi hatte fliehen müssen, eine Geldspende überbrachte. Dies bestätigt Paulus in Phil 4,15-16 und 2 Kor 11,8-9. Mit diesen Spenden unterstützte die phlippische Gemeinde die Arbeit des Paulus in Saloniki und in Korinth.

Vielleicht tat sich Lydia als reiche Frau hier besonders hervor.

f. Die weitere Beziehung

Auf der dritten Missionsreise wird Paulus die Gemeinde von Philippi wohl ein zweites Mal besucht haben. Dass Paulus ein zweites Mal nach Philippi kommen möchte, bringt er im Philipperbrief klar zum Ausdruck.

Sicher war im übrigen auch die Gemeinde in Philippi in das Kollektenvorhaben des Paulus eingebunden. Nachrichten darüber haben wir allerdings nicht. Interessanterweise wird diese Kollekte, die dem Paulus ansonsten ja so wichtig war, in dem Schreiben, das wir an die Gemeinde von Philippi vor uns haben, nirgendwo erwähnt. Dies ist eine Auffälligkeit, die wir zu klären haben werden.

2. Der Anlass des Briefes

Damit aber sind wir bereits beim eigentlichen Brief an diese Gemeinde angelangt. Wie kommt es nun zum Brief an die Philipper? Suchen wir, um diese Frage beantworten zu können, nach Hinweisen im Brief selber.

In Phil 1,26 redet Paulus von seinem Vorhaben, erneut nach Philippi zu kommen. Er spricht davon, dass die Philipper seinen Kampf kennen (Phil 1,30) und in Verbindung mit ihm stehen. Diese Verbindung wird offensichtlich über Timotheus aufrechterhalten, wie man aus Phil 2,19-24 erschließen kann.

Wenn Paulus in Phil 1,26 nun also einen zweiten Aufenthalt in Philippi ins Auge fasst, dann können wir daraus schließen, dass er erst einmal in der Stadt gewesen ist, nämlich bei seinem Gründungsbesuch. Das bedeutet aber, dass dieser Abschnitt des Philipperbriefes auf jeden Fall zwischen dem Gründungsbesuch und der letzten Reise des Paulus über Makedonien nach Korinth geschrieben worden sein muss. Erst auf dieser letzten Reise können wir einen weiteren Besuch in Philippi unterbringen.

Nun schildert Paulus im ersten Kapitel des Philipperbriefes ausdrücklich eine Todesgefahr, die ihn während der Abfassung des Briefes bedroht. Entscheidend für die Zeit und den Ort der Abfassung des Philipperbriefes ist demnach die Frage, wann und wo Paulus in dieser Todesgefahr gewesen ist, die er im Philipperbrief erwähnt.

Einige Forscher denken hier an den Gefängnisaufenthalt in Rom oder aber an seine Verhaftung in Caesarea. Beide Ereignisse bringen Paulus schließlich in Todesgefahr und gäben von daher einen Hintergrund für die Notiz im Philipperbrief ab.

Statue der Artemis aus Ephesus

Statue der Artemis
aus Ephesus -
Archäologisches
Nationalmuseum Neapel.

Foto-ButtonLizenz: IlSistemone,
Statua di Artemide efesia,
zugeschnitten von Jörg Sieger,
CC BY-SA 3.0

Dies stößt sich aber mit Phil 2,25-30. Hier wird nämlich ein reger Nachrichtenaustausch mit Philippi vorausgesetzt. Dies aber wäre von Caesarea oder gar von Rom aus kaum möglich gewesen. Deshalb meint wohl die Majorität der Exegeten, dass aufgrund dieses engen Kontakts des Paulus mit der Gemeinde in Philippi und im Blick auf die paulinische Chronologie, eigentlich nur Ephesus als Abfassungsort des Briefes in Frage käme.

Nun ist in Ephesus ein direkter Gefängnisaufenthalt aber nicht überliefert. Möglicherweise meint Paulus mit der Erwähnung dieser Todesgefahr aber auch gar keinen ausgesprochenen Aufenthalt im Gefängnis. Paulus verbrachte sehr viel Zeit in Ephesus. Und die Apostelgeschichte deutet an, dass es ausgedehnte Streitigkeiten vor allem im Blick auf den Artemiskult ⋅2⋅ gab, der in Ephesus ja bekanntermaßen die entscheidende Rolle spielte. Es ist nun nicht unmöglich, vielleicht sogar wahrscheinlich, dass es hier das ein oder andere Mal zu Auseinandersetzungen mit der Staatsgewalt gekommen ist. Möglicherweise kam es dadurch zu einer Situation, die Paulus als Todesgefahr erlebt und entsprechend in einem Brief an die Gemeinde in Philippi erwähnt hat.

3. Die Teilungshypothese

Aber welchen Brief schreibt Paulus nun in dieser "Todesgefahr". Ist der Philipperbrief in seiner heutigen Form tatsächlich dieses Schreiben, das in jener Zeit entstanden ist?

Polykarp von Smyrna schon berichtet in seinem Brief an die Philipper (Polykarp von Smyrna, Philipperbrief 3,2), von mehreren ἐπιστολαί ["epistolaí"], die Paulus an die dortige Gemeinde geschrieben habe.

Deshalb hat man schon früh nach weiteren paulinischen Briefen nach Philippi gesucht. Wir stehen hier also wieder vor der Frage, ob solche Schreiben einfach verloren gegangen oder etwa in den heutigen Philipperbrief hineingeflossen sind. Sehen wir uns den heutigen Textzusammenhang daraufhin etwas genauer an. Es gibt nämlich im heutigen Philipperbrief einige Auffälligkeiten.

a. Hinweise auf mehrere Briefe

(1) Zwei Briefüberleitungen zum Schluss

So mutet etwa der Vers 3,1a seltsam unvollständig an. Es heißt dort:

"Im übrigen, meine Brüder, freut euch im Herrn..." (Phil 3,1a.)

Dies ist im Grunde eine ganz klassische paulinische Überleitung zum Briefschluss, aber eine Überleitung, der die Fortsetzung fehlt. Diese Fortsetzung finden wir aber in Phil 4,4-7:

"Freut euch im Herrn allezeit. Noch einmal will ich es sagen: freut euch." (Phil 4,4.)

Und Phil 4,8 folgt dann noch einmal ein Abschnitt, der zum Schluss überleitet. Dieser Abschnitt ist mit der ebenfalls typischen Wendung "im übrigen" eingeleitet:

"Im übrigen, Brüder, auf alles, was wahr ist, was würdig, was gerecht, was rein, was liebenswürdig, was dem guten Rufe dient, was immer es an Tugend und was immer es an Lob gibt, darauf richtet euer Sinnen." (Phil 4,8.)

Wir haben also im Verlauf des Philipperbriefes möglicherweise drei Überleitungen zum Schluss vorliegen.

(2) Schlussartige Formulierungen

Darüber hinaus gibt es auffallenderweise drei Formulierungen, die im Grunde den Brief beschließen. So heißt es in Phil 4,9 wörtlich:

"... und der Gott des Friedens sei mit euch." (Phil 4,9.)

In Phil 4,19-20 findet sich eine weitere Wendung, die klassischerweise das Ende eines Paulusbriefes markiert:

"Mein Gott aber wird alle eure Not nach seinem Reichtum mit Herrlichkeit erfüllen in Christus Jesus. Unserem Gott und Vater aber sei die Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen." (Phil 4,19-20.)

Und dann gibt es ja noch den Schluss des heutigen Textzusammenhangs in Phil 4,23:

"Die Gnade des Herrn Jesus Christus sei mit eurem Geiste." (Phil 4,23.)

Dies alles weist auf ursprünglich selbständige Schreiben hin.

(3) Die Notizen über die Spende der Philipper

Vermehrt werden diese Anzeichen, die für eine Teilungshypothese sprechen, noch einmal dadurch, dass die Spende, die von Epaphroditus überbracht wurde, im heutigen Philipperbrief insgesamt dreimal behandelt wird.

In Phil 1,3-11 spricht Paulus indirekt von der Spende der Philipper. Er bedankt sich...

"wegen eurer Anteilnahme am Evangelium vom ersten Tage an bis jetzt." (Phil 1,5.)

In Phil 2,25-30 wird Epaphras ausdrücklich als Abgesandter der Gemeinde erwähnt. Es heißt dort:

"Dringend erschien es mir, den Epaphroditus, meinen Bruder, Mitarbeiter und Mitkämpfer, euren Abgesandten und Helfer meiner Not, zu euch zu senden." (Phil 2,25.)

Diese Stelle steht mit Phil 1,3-11 in Verbindung und stört den Zusammenhang im heutigen Briefverlauf nicht.

Phil 4,10-20 aber bildet eine regelrechte Wiederholung:

"Eine große Freude im Herrn ist es für mich gewesen, dass ihr endlich einmal wieder eure Fürsorge für mich entfalten konntet; ihr waret zwar immer liebend um mich besorgt, aber es fehlte euch die Gelegenheit." (Phil 4,10.)

Dies alles führt dazu, die Spannungen, die wir im heutigen Philipperbrief vorliegen haben, durch eine Teilungshypothese zu lösen.

Folgende Aufteilung in drei Briefe erscheint sinnvoll.

b. Philipper A

Phil 4,10-20 erscheinen als "rasch hingeschriebene, persönliche Quittung" des Paulus, so Rudolf Pesch. In Erweiterung gleichsam einer geschäftlichen Quittung, fügt Paulus noch ein paar Zeilen an.

Einen solcher Kurzbrief kann man durchaus sinnvollerweise annehmen. Nachdem Epaphroditus mit einigen Begleitern die Spende der philippischen Gemeinde überbracht hatte und selbst längere Zeit bei Paulus blieb, ist es nicht unwahrscheinlich, dass Paulus die Begleiter des Epaphroditus, mit einem kurzen Schreiben versehen, in dem er sich ausdrücklich bedankte, nach Philippi zurücksandte.

Paulus spricht in diesen Zeilen sehr viel von Entbehrungen, die er zu erleiden hat, dass er in Bedrängnis ist und dass er deshalb die Spende gerne annimmt, obwohl dies nicht seine Art sei. Dies könnte vermuten lassen, dass Paulus zu dieser Zeit krank war. Vielleicht blieb Epaphroditus deshalb bei ihm, um ihn weiter zu unterstützen. Dies sind alles mögliche Überlegungen, sie bleiben aber im Bereich des Hypothetischen. Im Gefängnis scheint Paulus in dieser Zeit jedoch noch nicht gewesen zu sein. Dies kann man diesen Zeilen nicht entnehmen.

Auf jeden Fall muss dieses Schreiben, falls es als eigenständiges existiert hat, vor dem möglichen zweiten Brief an die Philipper, also vor Phil B geschrieben worden sein.

Wir schließen daher, dass Paulus diese kurze Notiz im Sommer 51 n. Chr. verfasst haben muss.

Dieses kurze Dankschreiben müsste dann folgendermaßen ausgesehen haben:

0
Anschrift - vom Redaktor entfernt.
1
Dank für die Spende.
2
Schluss.

c. Philipper B

Im Spätsommer 51 n. Chr., wahrscheinlich noch vor den Querelen mit Korinth, dürfte dann das zweite Schreiben anzusetzen sein.

Paulus, der jetzt offensichtlich im Gefängnis sitzt, berichtet den Philippern ausführlich über seine Lage und bedankt sich dabei noch einmal für die Spende.

Dabei ermahnt er die Gemeinde auch.

Die Jerusalemkollekte wird noch nicht erwähnt. Da Paulus aber in Phil 2,19-24 davon spricht, dass Timotheus nach Philippi kommen soll, könnte man daraus entnehmen, dass dieser die Kollekte in Philippi zur Sprache bringen soll. Timotheus hätte die Kollekte also erst bei seinem Besuch in Philippi in Gang gebracht und dementsprechend konnte bzw. wollte Paulus in Phil B noch nicht von ihr handeln.

Den ursprünglich selbständigen Brief rekonstruieren wir demnach so:

1
Präskript
2
Danksagung
3
Paulus beschreibt und durchdenkt seine Situation in der Gefangenschaft.
Phil 1,20-24: er muss mit der Todesstrafe rechnen
(vgl. Phil 2,17 und 2 Kor 1,8).
4
Paulus spricht von den Aufgaben der Gemeinde und legt darin seine Vorstellungen dar.
Dabei greift er auf einen Hymnus zurück von der Erniedrigung und Erhöhung des Herrn Jesus Christus.
5
Die Sendung des Timotheus.
Timotheus wird nach Philippi kommen. Auch Paulus will sobald es geht nachkommen.
6
Die Rückkehr des Epaphroditus.
Epaphroditus wird also der Überbringer des Briefes sein.
7
Überleitung zum Schluss.
8
Mahnung zur Freude.
9
Schluss und Segen.

d. Philipper C

Das dritte Schreiben, Phil C, unterschiede sich dann in Ton und Zielsetzung ganz deutlich von den beiden anderen Briefen.

Paulus warnt hier heftig vor judenchristlichen Gegnern.

Die Polemik wird in Phil 3,2 ganz besonders deutlich. Dort spricht er nicht mehr von "Beschneidung", er spricht sogar von "Zerschneidung". Dies ist ein ungeheuer harter Ausdruck, der für die Härte der Auseinandersetzung Zeugnis ablegt.

Die Gegner des Paulus scheinen in Philippi aber im Gegensatz etwa zu Korinth keinen Erfolg gehabt zu haben.

Wann nun dieses dritte Schreiben entstanden sein könnte, ist ganz schwer auszumachen. Vielleicht fällt seine Entstehung noch in die ephesinische Zeit.

Phil 3,1b, aber vor allem Phil 3,18 spricht Paulus allerdings davon, dass er zu den Philippern schon oft von den "Feinden des Kreuzes Christi" gesprochen habe. Dies könnte durchaus ein Hinweis auf eine spätere Zeit sein, eine Zeit, nachdem Paulus schon ein zweites Mal in Philippi gewesen ist. So können wir als Datum der Abfassung von Phil C auch auf das Jahr 54 / 55 n. Chr. schließen. Zu dieser Zeit wäre Paulus bereits in Korinth gewesen.

Der Aufbau des Phil C hätte nach unserer Rekonstruktion auf jeden Fall folgendermaßen ausgesehen:

0
Praseskript - vom Redaktor gestrichen.
1
Warnung vor den Gegnern, Hinweis auf das Vorbild des Apostels.
Phil 3,1b-18 machen es möglich anzunehmen, dass Paulus schon das zweite Mal in Philippi war. Der Brief wäre dann wohl von Korinth aus im Winter 54 / 55 geschrieben worden.
2
Mahnungen.
3
Schlussmahnung und Schlussgruß.

e. Die Redaktion und Wirkungsgeschichte

Bei der Zusammenstellung der Schreiben hätte der Redaktor Brief B als Grundlage verwendet. Phil B gäbe also den Rahmen für den heutigen Textzusammenhang ab. Phil C wäre dann als Warnbrief gleichsam vor die Schlussmahnungen von Phil B gesetzt worden und Brief A hätte der Redaktor ganz einfach kurz vor Schluss mit eingearbeitet.

So etwa könnte man sich die Entstehung des Philipperbriefes denken. Unabhängig ob man jetzt solchen Hypothesen folgt oder davon ausgeht, dass dieser Brief in einem Zug geschrieben wurde, gehen alle Forscher davon aus, dass wir es hier mit einem authentischen Paulusbrief zu tun haben. Die Echtheit des Philipperbriefes ist in der Forschung unumstritten.

4. Die Auferstehung der Toten im Philipperbrief

Im Zusammenhang mit den Auskünften, die Paulus über die Auferstehung der Toten in 1 Thess 4 und 1 Kor 15 gegeben hat, habe ich bereits darauf hingewiesen, dass er in Phil 1,12-26 noch einmal auf diese Frage zurückkommt.

Ich darf noch einmal daran erinnern, dass Paulus im 1. Thessalonicherbrief davon ausging, dass zuerst die Toten wieder ins Leben erweckt und dann alle gemeinsam erhöht und verherrlicht würden. Im 1. Korintherbrief vertrat er die Auffassung, dass die Lebenden verwandelt und die Toten auferweckt würden, diese Auferweckung der Toten demnach die Verwandlung bereits beinhalte.

Im Gegensatz zu diesen beiden Auskünften spricht Paulus im Philipperbrief, wo es um seinen eigenen drohend bevorstehenden Tod geht, nicht mehr davon, dass es so etwas wie ein Zwischenstadium gebe. Er sagt hier also nicht, dass die Toten gleichsam in der Erde warten müssten, bis Jesus wiederkommt. Im Philipperbrief geht er vielmehr von einer direkten Auferstehung der Toten ohne Zwischenstadium zwischen Tod und Auferstehung aus. Wer stirbt ist also unmittelbar danach beim Herrn.

Großartig ist dabei die Wertung, die er Tod und Leben in diesem Zusammenhang gibt. Er schreibt:

"Denn für mich ist Christus das Leben und Sterben Gewinn. Wenn ich aber weiterleben soll, bedeutet das für mich fruchtbare Arbeit. Was soll ich wählen? Ich weiß es nicht. Es zieht mich nach beiden Seiten: Ich sehne mich danach, aufzubrechen und bei Christus zu sein - um wie viel besser wäre das! Aber euretwegen ist es notwendiger, dass ich am Leben bleibe." (Phil 1,21-24.)

Die leibliche Existenz und das Sein bei Christus stellt Paulus hier mittels zweier Komparative einander gegenüber. Das Sterben und beim Herrn Sein ist unzweifelhaft das "Bessere" und zwar im Blick auf die Hoffnung. Die leibliche Existenz aber ist das "Notwendigere" - im Blick auf die Liebe.

Damit lassen sich beide - Sein beim Herrn und leibliche Existenz - als zwei gleichberechtigt nebeneinander stehende Komparative nicht gegeneinander ausspielen.

Eine großartige und von einer ungeheuren geistlichen Tiefe durchdrungene Auskunft über das Verhältnis vom Leben in dieser Welt und der Vollendung im Reich Gottes.

Weiter-ButtonZurück-Button Anmerkung

1 Wo nicht anders vermerkt folge ich meinem Lehrer Rudolf Pesch, Einführung in das Neue Testament II - nicht autorisierte Vorlesungsmitschrift des WS 1980/81 (Albert-Ludwig-Universität Freiburg i. Br.). Zur Anmerkung Button

2 Die auf dieser Seite abgebildete Statue der Artemeis entstand im 2. Jahrhundert nach Christus und wurde in Ephesus gefunden. Sie trägt an ihrem Oberkörper zahlreiche Brüste oder die "Eier der heiligen Biene". Der Artemistempel war eine riesige Anlage, viermal so groß wie der Parthenon in Athen. Er besaß 127 Säulen von 18 m Höhe, von den besten Künstlern der Zeit gestaltet. Im Tempel befand sich ein Bild der Göttin; es galt als nicht von Menschenhand bearbeitet, und sei vom Himmel gefallen. Der Kult in Ephesus hat eine lange Vorgeschichte und geht auf vorionische Verehrung der anatolischen Muttergottheit zurück. In Griechenland selbst galt Artemis als Herrin der Tiere und jungfräuliche Jägerin. Zur Anmerkung Button