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Marieluise Gallinat-Schneider

Gemeindereferentin in Bruchsal

Vorträge von Marieluise Gallinat-Schneider

Alltäglich Glauben, 24. Juni 2019, Vinzentiushaus und Stadtkirche, Bruchsal

Die Ausbreitung des Christentums in den ersten Jahrhunderten

In der Bruchsaler Stadtkirche fand von März bis Juli 2019 eine Ausstellung zum Thema: "Bis an die Grenzen der Erde - Die Ausbreitung des Christentums in den ersten Jahrhunderten" statt. Da ich dieses Thema als Schwerpunktthema für meine Magisterprüfung im Fach Alte Geschichte gewählt hatte, will ich die Gruppe Alltäglich Glauben durch die Ausstellung führen. Zuvor habe ich eine Einführung gemacht. Dieses komplexe Thema in einer halben Stunde zu behandeln, ist schier unmöglich. Daher kann es nur ein Streifzug bleiben. Ich habe mich an den auf den Tafeln der Ausstellung behandelten Themen orientiert.

Die Erfolgsgeschichte des Christentums ist ein Phänomen

Wie konnte es geschehen, dass die Gruppe von Getreuen, die nach dem Tod Jesu zusammensaß und klagte und weinte (so bei Markus) und nicht glauben wollte, dass er den anderen erschienen war, nun tatsächlich den Auftrag ernstnahm: „Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen“? Diese Frage hat mich damals im Studium sehr beschäftigt. Auch beim ökumenischen Jesusprojekt ging es um die Frage, wie kam es zu dieser Ausstrahlungskraft? Küng hat dies in seinem Jesusbuch, das wir damals als Grundlage benutzten, diese Frage gestellt. Es war eine Erfolgsbotschaft. Heute dagegen spüren wir eher den Niedergang.

Die Situation in Palästina zur Zeit Jesu:

Seit dem Jahr 6 n. Chr. war Judäa der Provinz Syria angegliedert und wurde von ritterlichen Präfekten (bzw. seit Claudius: Prokuratoren) als einer Art Unterstatthalter verwaltet. Steuern und Zölle wurden von Steuerpächtern eingezogen, eine weitere römische Einnahmequelle waren die Erträge der Königsgüter, vor allem der Balsamplantagen bei Jericho und En Gedi Die einheimische Elite (die Tempelaristokratie mit dem Hohenpriester an der Spitze) genoss eine begrenzte innere Autonomie, und da ihre Privilegien und wirtschaftlichen Interessen gewahrt blieben, stand sie dem römischen Staat positiv gegenüber. Die Zeloten dagegen kämpften gegen dieses System. Wir wissen ja aus den Evangelien von diesen Dingen. Die Statthalter residierten in Cäsarea am Meer, bewusst nicht in Jerusalem, der heiligen Stadt. Pontius Pilatus jedoch ordnete an, Feldzeichen, die mit dem Bild des Kaisers geschmückt waren, nach Jerusalem zu bringen. Unter Agrippa, einem Enkel von Herodes gab es eine kurze Erleichterung, er regierte als jüdischer König und war klug. Nach seinem Tod herrschte wieder eine Stimmung, die bei jeder Eskalation umkippen konnte. Caligula wollte z.B. seine Statue im Tempel aufstellen lassen, starb zum Glück, bevor umgesetzt. Nach dem Brand von Rom ließ man den Tempelschatz plündern, um die sinkenden Steuereinnahmen (auch bedingt durch Hungersnot) auszugleichen und damit Rom wieder aufzubauen. (Werner Eck)

Weil Nero grausam gegen die Christen vorging, sie für den Brand von Rom verantwortlich machte, vertat er die Chance, das Christentum ein für alle mal auszurotten, denn damit wurden sie zu Märtyrern und erzeugten Mitleid

Das Land Palästina war ein besetztes Land, die Römer wurden als Besatzungsmacht und Feinde angesehen. Aber es gab auch Zusammenarbeit, z.B. mit den Hohepriestern. Die jüdischen Führer wie Herodes wurden von den Römern eingesetzt. Es gab viele Widerstände, Gruppen wie die Zeloten, die den Staat aktiv bekämpften und auch keine Steuern bezahlten.

Paulus:

Da ist zunächst Paulus, der schon Anfang der 50ger Jahre n. Chr. seine Bekehrung erhält und lehrt. Seine Tätigkeit hat große Bedeutung. Er reist in jüdische Gemeinden in der Diaspora und bekehrt Teile von ihnen zum Christentum

Antiocheia am Orontes gelegen, Hauptstadt Syriens, als es 64 römische Provinz wurde. Antiochia spielte eine große Rolle in den Anfängen des Christentums, hier wurden die Christen das erste Mal so genannt, hier bildete sich die erste heidenchristliche Gemeinde, hier auch Streit zwischen Petrus und Paulus über die Verpflichtung der Heiden, die Gesetze zu halten.

Säule Artemistempel Ephesus

Athen: Areopag: (griech. Hügel des Ares; nach dem griech. Kriegsgott), Felsenhügel nordwestlich der Akropolis von Athen; dort tagte auch die Gerichtsbehörde; "Nach Apg 17,19 predigte Paulus vor dieser Behörde (eher als auf dem Hügel); Für Lukas ist hierbei bedeutsam: Paulus hat vor dem bekannten athenischen Gerichtshof, der in Sachen Religion und Lehre zuständig gewesen sein soll, seine Botschaft dargelegt, ohne dass man gegen ihn eingeschritten ist. Mit seiner Rede von der Auferstehung stieß er aber auf Unverständnis. Auf dem Areopag gab es einen Altar für den unbekannten Gott. Als Paulus diese Inschrift sah, so die Überlieferung, wurde er zu seiner Rede inspiriert!

Caesarea (am Meer od in Palästina, auch Kaisareia, da der griechische Name so lautet in Umschrift) von Augustus um 30 v. Chr an Herodes d. Gr. als Geschenk übergeben, röm Provinz, hier wirkte Hauptmann Cornelius, hier wurde Paulus gefangen genommen.

Ephesus: Stadt an der kleinasiatischen Küste, heutige Türkei, Artemisheiligtum (Muttergottheit/Kybele), daher ist in der Legende Maria, die Mutter Jesu auch mit Johannes, der ja später auf Patmos gelebt haben soll, was als Insel in der Ägäis Ephesus vorgelagert ist, Maria soll dort gestorben und begraben sein, Haus ist zu besichtigen, d.h. "Verehrung der Muttergottheit" ging nahtlos weiter... Hatte eine Judengemeinde. Unter Paulus entstand eine Gemeinde von Heidenchristen. Bekannt ist auch der Aufstand der Silberschmiede unter Demetrios. Da der Ort ein Heiligtum hatte, war mit der Wallfahrt schon in der Antike Geld zu machen. Die Silberschmiede fertigten Figürchen der Kybele an und sahen durch Paulus Bestrebung der Christianisierung ihr Geschäft gefährdet. Paulus hat im Theater gegen den Kult gepredigt. Hier hielt sich Paulus am längsten auf.

Galatien: römische Provinz Galatia, umfasst Landschaften wie Lykaonien, Phrygien, Pamphylien (Syrien, Kilikien)

Korinth: dorische Gründunge, 146 v. Chr von Römern zerstört, 100 Jahre später unter Cäsar als römische Bürgerkolonie wiedergegründet, 27 v. Chr Hauptstadt der Provinz Achaia, doppelte Hafenstadt am Isthmus von Korinth, daher sehr bedeutend, Paulus kam auf 2. Missionsreise hierher mit Silas und Timotheos und fand bei Aquila und Priska Wohnung und Arbeit. Er gründete Gemeinde mit wenigen Judenchristen, zumeist aus armen und ungebildeten Leuten.

Kreuz im Kollosseum

Philippi: Stadt in Makedonien, um 360 v. Chr gegründet, Paulus gründete hier die erste europäische Christengemeinde, Aufnahme bei Lydia,

Rom: Unter Nero sollen Petrus und Paulus hier den Tod gefunden haben. Auf ihren Gräbern wurden rasch kleine Gedenkstätten errichtet (cella memoriae) und man kann nachweisen, dass diese besonders verehrt wurden und es eine Tradition vom ersten nachchristlichen Jahrhundert an gibt. Heute steht die Kirche St. Paul vor den Mauern über dem Grab des Paulus und der Petersdom über dem Grab des Petrus.

Thessalonike: um 315 v. Chr gegründet, seit 146 v. Chr. oberste Provinzbehörde, Paulus gründete hier die zweite Christengemeinde in Europa: Jason und Aristarchos

Die große Frage, an der am Anfang Streit entbrannte, war, müssen die Heiden zuerst Juden werden, oder können sie gleich zu Christen werden? (Beschneidung, Reinheitsgebote, Römer essen Schweinefleisch etc) Ich denke, wenn sich damals Paulus nicht durchgesetzt hätte, mit der weisen Entscheidung, dass Heiden nicht zuerst Juden werden müssen, wäre der Erfolg des Christentums geringer gewesen. Für Römer wäre eine Religion mit Speiseverboten, Reinheitsverordnungen nicht attraktiv gewesen.

Zur Ausbreitung trug gute Infrastruktur bei, das römische Reich ging unter den flavischen Kaiser von Britannien bis Nordafrika und hatte ein gut ausgebautes Straßennetz und Kommunikations- und Handelswege.Auf diesen konnte auch die frohe Botschaft ausgebreitet werden

Jüdischer Krieg:

Der große Jüdische Krieg gegen die Römer begann im Jahr 66 n. Chr. in Judäa, ausgelöst durch staatliche und religiöse Unterdrückung, und endete im Jahr 70 mit der Eroberung Jerusalems und der Zerstörung des Jerusalemer Tempels. Endgültig konnte der Krieg erst im Jahr 74 mit dem Fall von Masada beendet werden. Es war der erste der drei großen jüdischen Aufstände gegen die Römer im 1. und 2. Jahrhundert – der zweite war der Diasporaaufstand um 116, der dritte der Bar-Kochba-Aufstand von 132 bis 135 unter Kaiser Hadrian.

Das Werk „Der jüdische Krieg“ des Flavius Josephus ist die wichtigste Quelle, wobei Josephus als Angehöriger des Jerusalemer Priesteradels, jüdischer Militärführer in Galiläa und Freigelassener Vespasians selbst in das Geschehen involviert war.

Konsequenzen:

Zahlreiche Juden verließen nach der Zerstörung Jerusalems ihre Heimat und vergrößerten die Zahl der in der Diaspora Lebenden. Die Diaspora erstreckte sich bald rund ums Mittelmeer. Mit dem Tempel verlor das Judentum sein kulturelles und religiöses Zentrum. Das Amt des Hohepriesters wurde nicht mehr neu besetzt und die Religionspartei der Sadduzäer, getragen vom Priesteradel, verschwand.

Es folgten noch zwei weitere jüdisch-römische Aufstände, der Diasporaaufstand von 116 und der Bar-Kochba-Aufstand von 132 bis 135. Nach den Aufständen gab es in der römischen Provinz Judäa kein zusammenhängendes jüdisches Siedlungsgebiet mehr. Dadurch wurde die Diaspora-Situation des Judentums verfestigt.

Laut vielen Historikern sind die Römer seit da an die Sieger. Es wird nun aus der Sicht der Sieger geschrieben, z.B. bei Lukas Jesu Geburt unter Augustus = Pax Augustae, die Evangelien beginnen ab kurz vor dem jüdischen Krieg, Markus schreibt ab kurz vor 70 und noch während des Krieges, dann Mt zw. 70 u 80, Lukas zw. 80 u. 90 und Johannes 90-100. Bei Johannes gibt es daher stark antijüdische Tendenzen, gleichzeitig bei allen endzeitliche Tendenzen, Eindruck von Krieg und Zerstörung, Angst davor.

Auch die Tatsache, dass Pontius Pilatus nicht Christusmörder ist, Legenden über seine Frau und Bekehrung gehören in diese Geschichtskittung. Aber durch eschatologische Sicht war Staat auch für viele egal.

Durch die Zerstörung kam auch das Christentum aus Palästina heraus in alle Orte des römischen Weltreichs.

Problem:

Kaiser mussten als Gott verehrt werden, konnten Juden und Christen nicht akzeptieren,

Konflikt z.B. in Ephesus, als Devotionalienhändler um ihre Einnahmen fürchten (Artemisstatuen)

Besonderes der Botschaft:

Brüderlichkeit, Einheit, damals friedliche Ausbreitung, Aufhebung von Klassenschranken, diese Aspekte haben die Menschen zum Christentum hingezogen. Damals ging es um das Besondere am Menschenbild. Die Stelle, die dies am Vortrefflichsten wiedergibt, ist Paulus im Galaterbrief (3. Kap):

Denn alle seid ihr durch den Glauben Söhne Gottes in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht männlich und weiblich; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus. Wenn ihr aber Christus gehört, dann seid ihr Abrahams Nachkommen, Erben gemäß der Verheißung.

Dies war eine Bedrohung für den römischen Staat. Die Christen sahen die gesamte Hausgemeinschaft als Komplex, der unter dem Dach des einen Gottes zusammenkam. Die römische Wahrnehmung sah darin ein mit der Grundstruktur des Vaterlandes, des Hauses konkurrierendes System, dass dem pater patriae, dem Kaiser an der Spitze entgegentrat. Dies war eine neue soziale Größe mit Totalitätsanspruch.

Synkretismus: Römer haben überall wo sie hinkamen die dortigen Religionen adaptiert und in ihre aufgenommen, ihre kam ja schon aus dem Hellenismus. Der Polytheismus machte dies möglich, in den Pantheon konnte vieles aufgenommen werden, da es vorher noch keine monotheistische Staatsreligion gab. Sie übernahmen Elemente, so konnten sie dies auch mit christlichen tun:

Leben nach dem Tod, Glaube an Auferstehung, Ganzkörperbestattung, ohne Grabbeigaben, Katakomben mit Symbolen wie ChiRo, Ichthys, guter Hirt, Phönix, Ausmalung der Wände und Decken, schon auch in Anlehnung an römisch/hellenistische Kultur, Stilrichtung aus Berufen der Christen, Begräbnis erfolgte nach jüdischer Sitte in Ablehnung der in der Kaiserzeit üblichen Verbrennung in unterirdischen Gräbern.

Es gab immer wieder lokale Verfolgungen. Es wird von 7 oder 10 Verfolgungen in den ersten 3 Jahrhunderten geschrieben. Gegen 10 spricht einiges, die Zahl wurde wohl gewählt aufgrund der biblischen 10 Plagen. Mehr als 7 sind wohl nicht belegt

Es gab Gerüchte über die Andersartigkeit der Christen und ihr Tun. Dies führte zu Argwohn, dann gab es natürlich das Problem, dass sie sich weigerten, dem Kaiser zu huldigen. Auch die Tatsache, dass irgendwann Gerüchte über das, was Christen beim Abendmahl taten, die Runde machten, waren befremdlich. Da wurde berichtet, dass diese Leib und Blut Jesu aßen und tranken, also wurden ihnen Menschenopfer unterstellt.

Wenn Christen in den Staatsdienst wollten bzw. Angehörige desselben zum Christentum übertraten, mussten sie trotzdem dem Kaiser huldigen. Auch das absolute Tötungsverbot, auch das Verbot, jemanden zum Tode zu verurteilen, machte solche Stellungen im Staatsdienst unmöglich. Adolf v. Harnack vertrat im 19. Jh. Die These, dass das Christentum zunächst eine Religion der Sklaven, Verbannten und Unterdrückten gewesen sei. Das lässt sich heute nicht mehr halten. Besonders Werner Eck hat dies in vielen Aufsätzen widerlegt. Tertullian berichtet bereits 197 n. Chr. Von Christen im Senatorenstand, auch wenn seine Zahlen übertrieben sein dürften, da er die Situation beschönigt. Es gab jedoch den seit Mitte des 2. Jh gegen die Kirche erhobenen Vorwurf, sich vor allem unter Frauen und jungen Leuten auszubreiten

Ein anderer Vorwurf war superstitio, Aberglaube, was aber kein strafrechtliches Delikt war, aber Plinius berichtet Trajan von Todesurteilen, die er verhängt hat, weil Menschen sich zum Christentum bekannten. In seiner Provinz stellt das Christentum zu dem Zeitpunkt (Plinius war ab 97n.Chr. Prokonsul, später Konsul der Provinz Asia) wohl schon einen beachtenswerten Faktor in allen Schichten dar. Plinius fragt bei Trajan nach, was zu tun ist.

Trajan fordert in seiner Antwort: keine Verfolgung, sie nicht aufspüren, wenn sie den Göttern opfern Straffreiheit, kein Vorgehen aufgrund anonymer Anzeigen

Bekenntnis „Christianus sum“ galt durch die Person des Stifters als todeswürdiges Verbrechen, denn die Anhänger Jesu waren damit die eines hingerichteten politischen Anführers. Christen sind die, die in der Nachfolge Christi stehen, daher ist diese Logik nachvollziehbar.

Ämter

Didache an Schwelle d. 2. Jh als ältestes formulierte Abendmahlstheologie, Sie fordert, das Abendmahl erst im 2. Teil des Gottesdienstes zu feiern und dazu nur Getaufte zugelassen. , in der Kirchenordnung auch Ämterstruktur festgehalten, Glaubensbekenntnis und Kanon der Schrift, Parallele zu 1. Brief a.d. Korinther, christl. Gesellschaft Seite an Seite mit Staat

Diakone, Diakonninen Priester und Bischöfe formten sich als Ämter aus, 150 noch keine monarichische Gemeindestruktur

Seit Mitte d. 2. Jh monarchische Struktur des Bischofsamtes ausgeformt, seit 240 besondere Stellung des römischen Bischofsamtes → Primat

Märtyrer

Als dann unter Konstantin das Christentum Staatsreligion wurde, waren alle Strukturen da, die Hierarchie der Ämter war ausgeformt und so konnte der Aufstieg des Christentums zu der Macht beginnen, die im Mittelalter dann den Dualismus Kaiser/Papst prägte. Dann verlief die Geschichte auch nicht mehr friedlich, dann wurde für die Mission auch Blut vergossen. Natürlich gab es auch vorher viele Streitigkeiten um die wahre Lehre. Es gab viele Strömungen, Häresien, die um den wahren Glauben rangen. War Jesus wirklich Gottes Sohn? Eines Wesens mit dem Vater? Solche und ähnliche Fragen beschäftigten die Theologen. Arianismus, Gnosis, diese Facetten des Christentums haben mit den Kirchenvätern und anderen im Zwiestreit und das gestanden, was am Ende die Lehre wurde.

Qumran:

Ein Thema, das in der Ausstellung mit behandelt wird, sind die Funde von Qumran. Tatsächlich wusste man schon lange von der Existenz des Ruinenhügels bei Qumran, in diesem unwegsamen Gebiet, in dem nur die Beduinen ihre Zelte aufschlugen und Forscher beabsichtigten, dort zu graben, als 1947 die ersten Tonkrüge Forscher auf die Funde in den Höhlen aufmerksam machte. Dort leben Beduinen und diese fanden die Tontöpfe. Da sie weder lesen noch schreiben konnten, waren sie sich der Bedeutung der Funde nicht bewusst. Die Kanäle, wie Forscher und Archäologen Informationen von den Funden erhielten, sind unbekannt. Die Beduinen erzählten die Geschichte von Muhammad edh-Dhib, der die Höhlen bei der Suche nach einem entlaufenen Schaf entdeckte. Ein Schuhmacher in Bethlehem, dem die Beduinen dann die komischen Lederrollen verkauften, brachte sie nach Jerusalem zum syrischen Metropoliten. Sicher ist nur, zwei Jahre nachdem die erste Höhle entdeckt wurde, begannen Grabungen, die sensationelle Funde zutage förderten. Insgesamt 11 Höhlen mit Schriftrollen, Kupfertafeln, Geräten und Tintenfässern wurden aufgefunden und eine Siedlung wurde ausgegraben., Parallel erhielt ein israelischer Archäologieprofessor drei Rollen, die den Grundstock des Besitzes des Staates Israel darstellten und damit auch des eigens erbauten Museums „shrine of books“. Der Weg der anderen Funde ist noch schwerer nachzuvollziehen.

Nach diesen ersten Funden ist, bedingt durch den Krieg in Palästina erst ab 1949, eine rege Ausgrabungstätigkeit und Erforschung des Gebietes sowie der Funde in Gang gesetzt worden. Es gab nämlich viele politische Probleme und Streitigkeiten bei den Zuständigkeiten. 1947 endete das britische Mandat über Palästina, und es wurde den Juden ein eigenes Territorium eingerichtet, was natürlich sofort nach Abtritt der Briten zu Aufständen der Araber führte. Just in diese politische Lage hinein traf die Auffindung der Tonrollen. Im Mai 1948 wurde dann der Staat Israel gegründet, was den Konflikt noch verschärfte und zum Unabhängigkeitskrieg Israels führte. Erst danach konnte der Status quo zunächst gewahrt werden. Daher begannen die Grabungen erst 1949. Allerdings fanden die Grabungen auf politisch höchst brisantem Territorium statt. Der nördliche Teil des Toten Meeres gehörte zu Jordanien, so dass Israel zunächst eigentlich keinen Anspruch auf die Funde hatte und seine Archäologen auch auf fremdes Gebiet schickte, was nur mit Passierschein und vielen Verhandlungen mit der arabischen Legion sowie jordanischen Vertretern möglich war. Das jordanische Amt für Altertümer war an den Ausgrabungen beteiligt, ein Teil kam nach Aman ins Museum, wurde aber später in Jerusalem aufbewahrt und kam so durch den Sechstagekrieg an Israel.

Dabei ist die gut 7 m lange Jesaja-Rolle, die vor über 2000 Jahren gefertigt wurde(um 150 v. Chr.) die gerade die „Echtheit“ unserer Quellen zur Bibelübersetzung belegt, besonders bekannt und dokumentiert und lässt uns den Weg von unseren heutigen Bibelübersetzungen zu den ersten hebräischen Aufzeichnungen zurückverfolgen.

Viel wurde darüber geforscht, ob die Gemeinschaft der Essener am Toten Meer eine Mönchgemeinschaft war. Es spricht vieles dafür (Küng: Jesus), dass es bereits zur Zeit Jesu eine jüdische Mönchsgemeinschaft gab, die Regeln hatte, wie sie später in Ägypten oder auch durch Benedikt von Nursia grundgelegt wurden. Auch hier gab es Regeln wie Gemeinsames Leben mit Teilen von allem, was dafür notwendig ist, gleiche Kleidung, Askese und einer Regel auf Basis von Gehorsam. Wer nach Qumran kam, gab seinen Besitz auf. Darauf lassen die nichtbiblischen Texte, die in Qumran gefunden wurden schließen. Sie zeigen Gedankenmodelle auf, die zur Zeit Jesu in Israel weitverbreitet waren. Die Juden hatten zu dieser Zeit eine große Messiassehnsucht, Vorstellungen von Engeln, von Wüste als einem Ort der Bekehrung, das Reden von Umkehr, das Sprechen von einem ausgeprägten Dualismus, der sich in Begriffen wie „Kinder des Lichtes und Kinder der Finsternis“ zeigt, lassen darauf schließen, dass viele Ideen, die im Neuen Testament aufgegriffen werden, zur damaligen Zeit vielfach diskutiert und in vielen religiösen Strömungen des Judentums aufzufinden waren. Die Schriftfunde werden im Blick auf die religiöse Vorgeschichte und Umwelt des Urchristentums, die jüdische Kultur vor 70, ausgewertet. Die Schriftfunde gewähren einen hervorragenden Einblick in das Judentum vor und nach der Zeitenwende und erhellen damit auch die Situation, in der das Urchristentum entstand.

Für eine Reihe urchristlicher Glaubensmotive haben die Schriften jedoch neue Einsichten eröffnet. So findet sich der Ausdruck „Arme im Geist“ in der Seligpreisung Mt 5,3 EU auch in 1QM 14. Dort beschreiben diese Armen sich als entmutigte, wankende und zerschlagene Menschen, zeigen also, woran es ihnen mangelt, und bestätigen den Realitätsgehalt des Ausdrucks. Weitere Qumrantexte verbinden Gottes „Geist“ (hebr. ruach) eng mit dem Messias und erhärten so, dass die Seligpreisungen messianische Zusagen sind und die göttliche Erwählung des Sprechers voraussetzen. Es gab dort schon ein tägliches Gemeinschaftsmahl mit Segen (siehe Abendmahl Jesu).

(Marieluise Gallinat-Schneider)