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Marieluise Gallinat-Schneider

Gemeindereferentin in Bruchsal

Vorträge von Marieluise Gallinat-Schneider

Altenwerk St. Paul, 12. Januar 2009, Bruchsal

Christi Waffen?" Arma-Christi-Kreuze und ihre Bedeutung

Ich war vergangenen Urlaub in der Toskana im Urlaub. Wir waren öfter von unserem Haus am Massaciuccolisee nach Lucca unterwegs. Dabei fuhren wir an einem für mich "komisch" anmutenden Kreuz vorbei.

Ich fragte die anderen im Auto, ob sie diese Art von Kreuzen kennen und erhielt zur Antwort, "ja, Arma-Christi-Kreuze"!

Als Lateinerin war mir natürlich klar, arma sind Waffen, aber die Bedeutung des Kreuzes war mir nicht gleich klar, zumal wir nur vorbeifuhren und gerade den flüchtigen Blick erhaschten, den man auf dem Bild sieht. Also stiegen wir das nächste Mal aus, um das Kreuz näher zu betrachten. Meine Tochter meinte sofort eigentlich sei das mit den Waffen doch klar, es seien ja die Folterwerkzeuge, mit denen man Jesus vor seinem Tod am Kreuz gequält habe.

Mittlerweile weiß ich, dass auch im süddeutschen Raum, auch im Erzbistum Freiburg eine Vielzahl dieser Kreuze als Flurkreuze vorkommt. Es gibt ein eigenes Heft über Arma Christi- und Longinuskreuze im Erzbistum Freiburg. Die Bilder, die ich zeige sind von drei Kreuzen aus der Gegend rund um Lucca und den Massaciuccolisee sowie von einem Kreuz in St. Peter im Schwarzwald, das ein Geschenk an unseren früheren Erzbischof Oskar Saier war.

Diese Kreuze sind in der Volksfrömmigkeit stark verwurzelt. Im Mittelalter war es für die Menschen Bestandteil ihrer Religiosität das Leiden Jesu so grausam wie möglich darzustellen, denken Sie nur an die Bilder von Matthias Grünewald in denen Jesus als echter Toter am Kreuz hängt, weil man glaubte, durch die Anteilnahme an diesem Leiden Erlösung zu gelangen und Jesus damit näher zu sein.

Schon seit dem 1. Jh. n.Chr. war es für Jerusalempilger und Kreuzfahrer wichtig, die Reliquien, vor allem der Dinge, die direkt von Jesus stammten bzw. mit ihm in Berührung kamen, zu ergattern. So hat Kaiserin Helena ja dann vor allem Kreuzesnägel, Teile vom Kreuz etc entdeckt und viele Kirchen mit diesen Reliquien ausgestattet. Mit diesen Waffen wurde Jesus gequält, sie sind aber auch ein Hinweis auf seine Überwindung des Todes.

Die Kreuze sind sehr detailreich und zeigen alles, was mit dem Leiden zu tun hat.

Gerade deshalb musste ich im Sommer aussteigen, um mir diese Kreuze ganz in Ruhe anzuschauen und alle Details zu entdecken, die auf den Armakreuzen dargestellt sind. Nicht jedes Kreuz enthält natürlich die gleichen Dinge und alle Details. Es war daher wichtig, Aufnahmen von den einzelnen Folterwerkzeugen zu machen.

Ich will versuchen, nun die Arma wiederzugeben, die sich auf den Kreuzen befinden - und zwar in der Reihenfolge des Geschehens bei der Passion:

Zum Teil findet sich auf dem Kreuz ein Kelch, der an das letzte Abendmahl erinnert, Mt 26, 27 "Dann nahm er den Kelch, sprach das Dankgebet und reichte ihn den Jüngern mit den Worten: Trinkt alle daraus; das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden."

Wir sehen häufig einen Geldbeutel oder ein anderes Geldgefäß, das an den Verrat des Judas erinnert: Mt 27, 3 "Als nun Judas, der ihn verraten hatte, sah, daß Jesus zum Tod verurteilt war, reute ihn seine Tat. Er brachte den Hohenpriestern und den Ältesten die dreißig Silberstücke zurück und sagte: Ich habe gesündigt, ich habe euch einen unschuldigen Menschen ausgeliefert. Sie antworteten: Was geht das uns an? Das ist deine Sache."

Armakreuz St. Peter

Die Dornenkrone steht für den Dornenkranz, der Jesus zum Spott aufgesetzt wurde. Dazu kommt oft auch der Purpurmantel Mk 15,16 - "Dann legten sie ihm einen Purpurmantel um und flochten einen Dornenkranz; den setzten sie ihm auf und grüßten ihn: Heil dir, König der Juden! Sie schlugen ihm mit einem Stock auf den Kopf und spuckten ihn an, knieten vor ihm nieder und huldigten ihm. Nachdem sie so ihren Spott mit ihm getrieben hatten, nahmen sie ihm den Purpurmantel ab und zogen ihm seine eigenen Kleider wieder an."

Eine Säule erinnert an die Geißelung, weil Jesus in der Ikonografie dabei oft an eine Säule gebunden dargestellt wird, Joh 19,1 "Darauf ließ Pilatus Jesus geißeln." Zur Säule können auch Geißel und oder Peitsche kommen.

Der Hahn ist das Zeichen für die Verleugnung durch Petrus:

"Petrus aber saß draußen im Hof. Da trat eine Magd zu ihm und sagte: Auch du warst mit diesem Jesus aus Galiläa zusammen. Doch er leugnete es vor allen Leuten und sagte: Ich weiß nicht, wovon du redest. Und als er zum Tor hinausgehen wollte, sah ihn eine andere Magd und sagte zu denen, die dort standen: Der war mit Jesus aus Nazaret zusammen. Wieder leugnete er und schwor: Ich kenne den Menschen nicht. Kurz darauf kamen die Leute, die dort standen, zu Petrus und sagten: Wirklich, auch du gehörst zu ihnen, deine Mundart verrät dich. Da fing er an, sich zu verfluchen und schwor: Ich kenne den Menschen nicht. Gleich darauf krähte ein Hahn, und Petrus erinnerte sich an das, was Jesus gesagt hatte: Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und er ging hinaus und weinte bitterlich." (Mt 26,69-75)

Manchmal sehen wir eine Wasserschüssel oder einen Krug. Ich denke, diese weisen auf den Satz des Pontius Pilatus hin: "Als Pilatus sah, daß er nichts erreichte, sondern daß der Tumult immer größer wurde, ließ er Wasser bringen, wusch sich vor allen Leuten die Hände und sagte: Ich bin unschuldig am Blut dieses Menschen. Das ist eure Sache! (Mt 27,24)

Arma

Ein Schädel steht als Symbol für die Schädelhöhe, den Ort Golgatha: Mk 15, 22 "Und sie brachten Jesus an einen Ort namens Golgota, das heißt übersetzt: Schädelhöhe."

Durchbohrte Hände und Füße sowie ein durchbohrtes oder brennendes Herz stehen für die fünf Wunden Jesu am Kreuz. Eine dritte Hand am oberen Längsbalken symbolisiert die schützende Hand Gottes des Vaters. Oft werden zusätzlich drei lange Nägel dargestellt bzw. auch der Hammer, mit dem die Nägel in die Wunden getrieben wurden.

Würfel weisen darauf hin, dass das Los über seine Kleider geworfen wurde: Mk 15, 24 "Dann kreuzigten sie ihn. Sie warfen das Los und verteilten seine Kleider unter sich und gaben jedem, was ihm zufiel."

Ein Stab mit Schwamm, der den Ysopzweig symbolisiert, weist auf Mk 15, 36 "Einer lief hin, tauchte einen Schwamm in Essig, steckte ihn auf einen Stock und gab Jesus zu trinken. Dabei sagte er: Laßt uns doch sehen, ob Elija kommt und ihn herabnimmt" hin oder Joh 19, 29 Ein Gefäß mit Essig stand da. Sie steckten einen Schwamm mit Essig auf einen Ysopzweig und hielten ihn an seinen Mund."

Die Lanze erinnert daran, dass Jesu Seite geöffnet wurde, um zu schauen, ob er schon tot ist. siehe Joh 19, 34 ff "Als sie aber zu Jesus kamen und sahen, daß er schon tot war, zerschlugen sie ihm die Beine nicht, sondern einer der Soldaten stieß mit der Lanze in seine Seite, und sogleich floß Blut und Wasser heraus. Und der, der es gesehen hat, hat es bezeugt, und sein Zeugnis ist wahr. Und er weiß, daß er Wahres berichtet, damit auch ihr glaubt. Denn das ist geschehen, damit sich das Schriftwort erfüllte: Man soll an ihm kein Gebein zerbrechen. Und ein anderes Schriftwort sagt: Sie werden auf den blicken, den sie durchbohrt haben." Um die heilige Lanze ranken sich ähnlich wie um den Kelch, der auch zum Gralskelch wird viele Mythen und Sagen, so wurden diese Motive in der Artussage und im Parzival verwendet. Die heilige Lanze war eine der begehrtesten Reliquien des Mittelalters.

Zum Teil findet sich noch eine Leiter, die die für die Kreuzesabnahme und Grablege steht:

Das Begräbnis Jesu:

"Gegen Abend kam ein reicher Mann aus Arimathäa namens Josef; auch er war ein Jünger Jesu. Er ging zu Pilatus und bat um den Leichnam Jesu. Da befahl Pilatus, ihm den Leichnam zu überlassen. Josef nahm ihn und hüllte ihn in ein reines Leinentuch. Dann legte er ihn in ein neues Grab, das er für sich selbst in einen Felsen hatte hauen lassen. Er wälzte einen großen Stein vor den Eingang des Grabes und ging weg. Auch Maria aus Magdala und die andere Maria waren dort; sie saßen dem Grab gegenüber. (Mt 27,57-61)

Auch das Schweißtuch ist zu sehen: Joh 20, 7 "Er sah die Leinenbinden liegen und das Schweißtuch, das auf dem Kopf Jesu gelegen hatte; es lag aber nicht bei den Leinenbinden, sondern zusammengebunden daneben an einer besonderen Stelle" Das erinnert natürlich auch an die Legende vom Schweißtuch der Veronika (Veronika stammt von vera ikon das wahre Abbbild, daher bekam sie ihren Namen vom lateinischen vera wahr und griechischen eikon Bild).

Auch der zerissene Tempelvorhang, das Schwert, mit dem Petrus dem Malchus das Ohr abhieb, Laternen von der Gefangennahme und Werkzeuge zur Kreuzesherstellung spielten in der Armaverehrung der Menschen eine Rolle und tauchten daher auf den Kreuzen auf.

Im Gegensatz zu dem Kreuz im Schwarzwald sind mir in Italien keine begegnet, auf denen auch der Korpus abgebildet war, die Kreuze in der Toskana zeigen ausschließlich die Leidenswerkzeuge, bzw. noch Körperteile. Teilweise sind die Kreuze aus Holz, teilweise aus Metall. Ich habe einige gesehen, die in kleinen Häuschen, quasi Kapellchen waren, aber auch freistehende.

All diese Flurkreuze haben jedoch die Intention dem gläubigen Betrachter, der als Wanderer oder Feldarbeiter vorbeikommt, die Passionsgeschichte vor Augen zu führen, so dass wir sie beim Schauen dieser Kreuze gläubig mitvollziehen können und durch die Anteilnahme an Jesu Leid geläutert werden.

(Marieluise Gallinat-Schneider)