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Marieluise Gallinat-Schneider

Gemeindereferentin in Bruchsal

Vorträge von Marieluise Gallinat-Schneider

Altenwerk St. Paul, 7. Januar 2008, Bruchsal

"Abendmahl, Eucharistie, Kommunion - was feiern wir in der Messe, wie verstehen wir dieses Sakrament?"

Dieses Thema ist ein schwieriges Thema zumal für mich, wenn ich Ihnen davon berichten soll. Warum? Mir geht es um die Diskussion, die aufkam, als Papst Benedikt XVI. die lateinische Messe wieder erlaubt hat, wie es so schön heißt. Diese Form der Messe haben Sie einen Großteil ihres Lebens erlebt, ich nie.

Wobei eines direkt am Anfang ganz wichtig ist, es geht nicht um Latein. Um es gleich am Anfang zu betonen, ich mag Latein sehr. Ich verstehe auch nur zu gut, dass man in großen Gottesdiensten in Rom, in denen Menschen aus allen Ländern versammelt sind, z.B. das Pater noster betet. Ich finde unsere Abhängigkeit von Amerika, die sich im Englischen ausdrückt, die das in Europa vorherrschende Latein als Weltsprache abgelöst hat, keine bessere Lösung. Wobei ich auch ein babylonisches Sprachgewirr nicht schlimm finde, wie ich es als Touristin schon im Sommer in anderen Ländern erlebt habe, in der die Priester einluden, jede und jeder möge das Vater unser in seiner Sprache beten.

Aber um Latein geht es nicht, es geht um eine Erleichterung der Erlaubnis zur Feier der tridentinischen Messe, die mit dem 2. Vatikanischen Konzil verboten wurde und ein ganz anderes Denken und Feiern voraussetzt, als ich es z.B. seit meiner eigenen Erstkommunionvorbereitung gelernt und verstanden habe. Es war nicht verwunderlich, dass Papst Benedikt dies wieder erlaubt, denn er hat 1999 als Kardinal Ratzinger ein Buch geschrieben: "Der Geist der Liturgie", in dem deutlich wurde, dass er mit einigen Aspekten der neuen Messe Probleme hat. Sie haben beide Formen kennen gelernt und haben den direkten Vergleich.

In meiner Kommunionvorbereitung habe ich 1970/71 gelernt, dass der zentrale Satz für unser Feiern der Eucharistie der Auftrag "Tut dies zu meinem Gedächtnis" ist . Dieser Satz ist im Korintherbrief bei Paulus zu finden:

Denn ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch dann überliefert habe: Jesus, der Herr, nahm in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde, Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte: Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis! Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sprach: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut. Tut dies, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis! Denn sooft ihr von diesem Brot eßt und aus dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt. (1 Kor 11,25)

Dieser Satz: Tut dies zu meinem Gedächtnis, fordert uns auf, das, was Jesus im Abendmahlssaal tat, miteinander zu feiern. Abendmahl- Erinnerung an das letzte Pessachfest, das Jesus mit seinen Jüngern feierte, bevor er in den Garten ging, wo er gefangengenommen wurde. Bei diesem Mahl gab es die aufsehenerregende Fußwaschung und es gab den Hinweis daran, dass es sein Leib ist und der Kelch der Neue Bund mit seinem Blut. Daher sagt Ratzinger es sei nicht umfassend genug, nur den Mahlcharakter zu betonen. Jesus hat uns nicht aufgefordert, dass Pessachmahl als solches zu feiern, sondern das Neue daran muss mit im Blick sein bei dem, was wir in der Eucharistie = Danksagung feiern.

Unser Auftrag als Christen ist es, dieses Mahl miteinander als Gedächtnismahl zu feiern. Wenn Jesus sagt, "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen" (Mt 18,20), ist er immer anwesend, wenn wir miteinander beten, aber wenn wir miteinander Mahl halten, erfahren wir seine Gegenwart ganz besonders. Aber es geht nicht nur um Gedächtnis, es geht um mehr, es geht um die Gegenwart Christi in dieser Feier.

Seit dem 2. Vatikanischen Konzil haben wir als Gebete zur Gabenbereitung die alten jüdischen Tischgebete eingeführt, die diesen Mahlcharakter verdeutlichen und verstärken. Der Priester betet meist leise: Beim Brot lautet das entsprechende Gebet:

"Gepriesen bist du, Herr unser Gott, Schöpfer der Welt. Du schenkst uns das Brot, die Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit. Wir bringen dieses Brot vor dein Angesicht, damit es uns das Brot des Lebens werde."

Ich erkläre den Kommunionkindern dies immer als Tischgebet, denn ein solches ist es. Die Gemeinde antwortet, wenn es laut gesprochen wird:

Gepriesen bist du in Ewigkeit, Herr, unser Gott."

Beim Wein folgt entsprechend:

"Gepriesen bist du in Ewigkeit, Herr, unser Gott.""Gepriesen bist du, Herr unser Gott, Schöpfer der Welt. Du schenkst uns den Wein, die Frucht des Weinstocks und der menschlichen Arbeit. Wir bringen diesen Kelch vor dein Angesicht, damit es uns der Kelch des Heiles werde."

Wenn die evangelische Kirche vom Abendmahl spricht, setzt sie den Akzent auf die Erinnerung an diesen Abend des Pessachmahles am Gründonnerstag. In der katholischen Kirche sind zwei Begriffe gebräuchlich: Eucharistie = Danksagung und Kommunion = Gemeinschaft. Aber alle unterschiedlichen Begriffe meinen ein und das selbe, wir feiern das, was Jesus uns am Abend seines letzten Mahles als Auftrag gab: tut dies zu meinem Gedächtnis.

Seit dem 2. Vatikanischen Konzil ist die communio, die Gemeinschaft in den Vordergrund getreten gegenüber dem Opfercharakter der alten Messe. Wir feiern gemeinschaftlich Mahl und bringen unser Freude über die Gegenwart Gottes zum Ausdruck. Die Gemeinschaft untereinander macht es uns möglich, uns im Kreis zu versammeln und miteinander Kommunion zu teilen. Ratzinger sagt in seinem Buch, früher hat der Pfarrer mit dem Rücken zum Volk zelebriert, mit Blick nach Osten und mit Blick auf das Kreuz, das zentral am oder vor dem Hochaltar war. Ich habe ein Bild aus Florenz mitgebracht, es gibt außen am Dom Plaketten mit den sieben Sakramenten. Dort ist natürlich der Priester von hinten zu sehen, wie er gerade die Hostie hebt.

Diese Blickrichtung macht deutlich, der Herr ist der Bezugspunkt. Ich würde einwenden, wir brauchen nicht auf den Osten und auf das Kreuz zu schauen, wenn Priester und Gläubige sich gegenseitig anschauen, so würden sie im anderen Menschen ja das Bild Gottes anschauen. Jeder und jede von uns ist ja schließlich Abbild Gottes. Außerdem ist mir der Liedruf sehr wichtig: " Von Mensch zu Mensch eine Brücke baun, dem andern in die Augen schaun, in jedem Menschen Jesus sehn und nicht- an ihm vorüber gehen". Ratzinger sagt in seinem Buch damit habe er Probleme. Er bezweifle, ob es uns wirklich gelingt, im anderen Menschen das Bild Gottes zu sehen. Klar, wenn ich höre, welche Probleme manche Gottesdienstbesucher damit haben, sich den Friedensgruß zu reichen oder sich neben bestimmte Menschen zu setzen, kann ich verstehen, dass die durch die anderen vom eigentlichen Geschehen abgelenkt werden. Aber ich sehe es so, dass die anderen Menschen, die communio, das gemeinschaftliche Mahl, das Wesentliche sind und wir uns immer wieder bemühen sollten, im anderen ein Abbild Gottes zu sehen, einen Menschen genauso wichtig wie ich selber, eine Schwester, ein Bruder in Christus, um den ich mich immer neu bemühen muss. Im dritten Hochgebet heißt es: "Stärke uns durch den Leib und das Blut deines Sohnes und erfülle uns mit seinem Heiligen Geist, damit wir ein Leib und ein Geist werden in Christus." Erfüllt mit seinem Geist kann das Mahl für uns zur Gemeinschaft mit Christus und untereinander werden. Auch wenn wir heute dem Mahl (zumindest in unserem Kulturkreis) nicht mehr die gleiche Bedeutung abgewinnen können wie die Menschen im Mittelmeerraum zur Zeit Jesu es taten, so setzen wir uns heute dennoch nicht im Unfrieden um einen Tisch. Auch bei uns setzt das Mahl die Gemeinschaft untereinander voraus.

Unsere heutige Architektur, gerade in der Peterskirche macht es uns möglich, uns gemeinsam zum Mahl zu versammeln.

Auch in St. Anton sind wir dabei, den Mahlcharakter stärker herauszuheben, wenn wir den Priester quasi von seinem Thron heben und die Stufen im Altarraum entfernen, damit die gemeinsame Versammlung um den Altar möglich wird. Wenn wir die Eucharistie heute in Bildern ausdrücken sollten, würde ich immer ein Bild wählen, bei dem sich die Menschen im Kreis um den Altar versammeln, so wie ich es schon bei meiner Erstkommunion erlebt habe und wie es unsere Kinder auch heute dabei erleben. Allerdings habe ich einen Kirchenneubau in Mannheim-Neuhermsheim erlebt, wo der Künstler den Altar aus einem Fels schuf, so dass er für mich eher an die Opferung Isaaks erinnerte, denn an das Mahl. Durch das 2. Vatikanische Konzil wurde der Aspekt des gemeinschaftlichen Mahls zugunsten des Opferbegriffs betont.

Immer wieder spürt man jedoch, die Schwierigkeiten, dass beides in der Begrifflichkeit wild durcheinander geht. Natürlich ist der Tod Jesu am Kreuz ein Opfer, um die Menschen von ihren Sünden zu befreien und wir vergegenwärtigen in der Messe den Opfertod Jesu, aber wir müssen Gott nichts opfern. Bei den Anhängern der tridentinischen Messe wird allerdings immer wieder betont, dass die Messe ein Opfer ist.

Wichtig ist hier die Feststellung, dass die Messe kein Opfer im eigentlichen Sinne des Wortes ist. In der Messe opfert niemand etwas. Gott hat sich selbst in Jesus Christus für uns zum Opfer hingegeben. Und dieses Opfer Christi ist das Opfer schlechthin, das alle übrigen Opfer ein für alle Mal überflüssig macht.

Wenn wir Messe dennoch als Opferfeier bezeichnen, dann deshalb, weil wir in ihr dieses ein für alle Mal von Jesus selbst dargebrachte Opfer feiern und dieses Opfer Jesu, im Sakrament der Eucharistie wieder gegenwärtig wird. Und immer wieder schleicht sich die Vorstellung, als würde das, was Jesus für uns getan hat, vielleicht doch nicht ganz ausreichen und wir müssten im Interesse unserer Anliegen Gott halt doch noch irgendwie ein Opfer darbringen in die Köpfe der Menschen ein. So wird die Darbringung von Brot und Wein und anderen Gaben, wie beispielsweise der Geldkollekte, zu Beginn der Eucharistiefeier schließlich auch heute noch verschiedentlich mit dem früher weithin üblichen Begriff der "Opferung" umschrieben. Selbst im Alten Testament wird immer wieder betont, dass Gott sagt, eure Opfer will ich nicht! Die Forderung danach, die Brandopfer abzuschaffen durchzieht das ganze Alte Testament. Und wir tun heute so, als ob der moderne Mensch immer noch seinen Göttern opfern müsste, um sie wohlgesonnen zu machen. Auch viele Gesänge zur Gabenbereitung halten an diesen Begriffen fest:. Wenn es heißt: "Das Opfer will bereitet sein", oder "Wir opfern dir die Gaben, das Brot und auch den Wein ..." dann ist der irrigen Vorstellung, dass wir Menschen Gott hier unsere Gaben als Opfer darbringen würden, schon beinahe Tür und Tor geöffnet.

Demgegenüber betont das Messbuch, dass an dieser Stelle die Gaben bereitet werden, es spricht von einen Gabenbereitung und zwar für die Feier des Opfers Christi, jenes Opfers, das er ein für alle Mal für uns dargebracht hat.

Der Emmausbericht bringt auf den Punkt, was für uns das zentrale am Gottesdienst ist. "Und als er mit ihnen bei Tisch war, nahm er das Brot, sprach den Lobpreis, brach das Brot und gab es ihnen. Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten ihn; dann sahen sie ihn nicht mehr. Und sie sagten zueinander: Brannte uns nicht das Herz in der Brust, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schrift erschloß?" (Lk 24,30)

Zunächst geht es um Gottes Wort, Jesus erschließt den Jüngern die Schrift, er macht sie verständlich. Danach kehren sie ein, um Mahl zu halten, beim Brotbrechen erst erkennen die Jünger ihn. Es gibt den Tisch des Wortes und den Tisch des Brotes, die zwei gleichwichtigen Teile der Messfeier, Wortgottesdienst und Eucharistie. Und, den Jüngern brannte das Herz! Das zeigt, wie wichtig beides ist, Wort und Brot. Daher ist es für mich auch so schwer zu trennen, Gottesdienst ist für mich eigentlich immer beides. Ich war im Oktober auf einem ökumenischen Frauenkongress in Stuttgart. Es war ein beeindruckender Tag, 2000 Frauen der badischen und württembergischen evangelischen Landeskirchen, der Bistümer Freiburg und Rottenburg und einiger Freikirchen kamen zusammen, um Vorträge zu hören und über ihren Glauben zu sprechen. Am Ende feierten wir gemeinsam Gottesdienst. Es war eine wunderschöne Frauenliturgie, mit vielen Elementen, Tanz, Gebete, Bibeltext, Auslegung und - am Ende gab es Brot für alle! Es war gut, denn nur das Wort hätte als Nahrung nicht gereicht. Aber das Brot hat auch gezeigt, wie weh die Trennung tut. Wir durften am Ende nur Brot miteinander essen, kein Abendmahl feiern. Es tut weh, zu erleben, dass wir Christen in dem, was uns eint, getrennt sind.

Dieses Brot ist Symbol für die Liebe Gottes, für alles was uns Nahrung gibt und uns satt macht, für die Schöpfung und für Teilen mit anderen. Jesus hat für seine Zeit auch Konventionen gebrochen und mit von der Gesellschaft Ausgestoßenen Mahl gehalten. Durch sein letztes Abendmahl wird sein Tod als das neue Leben gegenwärtig im Mal. Die Menschen erhalten Anteil an der Hingabe zu Jesus und werden in eine neue Beziehung zu Gott und untereinander mit hineingenommen. Im Konzil von Trient wurde betont, dass in der Feier der Eucharistie das eigentliche Wesen von Brot und Wein in die Substanz - also das Wesen - von Leib und Blut Jesu Christi verwandelt werden. An den äußeren Erscheinungsformen, ändert sich dabei nichts. Brot und Wein bleiben rein äußerlich Brot und Wein, auch wenn sie nun von ihrem Wesen her verwandelt, Blut und Leib Christi geworden sind.

Wer gleichsam einen hochoffiziellen Gewährsmann haben möchte, für den sei Josef Kardinal Ratzinger zitiert. Er formuliert das Gleiche nämlich so:

"Der Herr bemächtigt sich des Brotes und des Weins, er hebt sie gleichsam aus den Angeln ihres gewöhnlichen Seins in eine neue Ordnung hinein; auch wenn sie rein physikalisch gleich bleiben, sind sie zutiefst Anderes geworden." Wenn Sie heute gleich ob Katholiken oder Protestanten fragen, was sie unter Wandlung, unter Transsubstantiation, unter Gedächtnismahl verstehen, werden sie sicher unabhängig von der Konfession die verschiedensten Antworten bekommen. Da es so schwer ist, sich vorzustellen, was bei der Wandlung in der Eucharistiefeier genau geschieht, versucht jeder, es sich verständlich zu machen. Daher bin ich überzeugt, dass viele evangelische Christen sogar mehr darin sehen, als manche Katholiken, so dass die Sorge unserer Kirchenoberen, wenn evangelischen Christen die Kommunion gereicht wird, könnte da Missbrauch getrieben werden, ziemlich unbegründet ist. Ich habe bei so mancher Hochzeit, bei so manchem Kindergartengottesdienst eher den Eindruck, dass, wenn ich die Kommunion austeile, vor mir Menschen stehen, die nicht wissen, was sie da gerade tun, als ich es bei vielen gläubigen evangelischen Mitchristen habe. Und ich weiß auch nie, ob ich den Erstkommunionkindern wirklich klar gemacht habe, was in dem Sakrament geschieht, das sie da zum ersten Mal empfangen. Habe ich kindgerecht erklärt, was es bedeutet, dass Jesus im Mahl gegenwärtig ist?

Es gibt ein schönes Bild, das verdeutlicht, was wir aussagen wollen, wenn wir sagen, dass Jesus sich uns in der Eucharistie hingibt. Wenn wir Menschen einander ein Geschenk zum Zeichen der Liebe machen, dann verändert sich das Zeichen durch die Liebe, die mitschwingt, denken Sie an einen Blumenstrauß, ein Bild oder an die Bedeutung des Eherings. Ein Zeichen der Liebe zu schenken, ist immer ein Versprechen, das wir noch einzulösen haben. Jesus hat sein Leben für uns gelebt, nun gibt er es uns.

Der Frankfurter Pfarrer Lothar Zenetti sagt in einem seiner Texte: " Ein Mensch wie Brot, das wie Hoffnung schmeckt, bitter und süß, ein Wort, das sich verschenkt, das sich dahingibt, wehrlos, in den tausendstimmigen Tod, an dem wir alle sterben. Ein Wort, dem kein Tod gewachsen ist, das aufersteht und ins Leben ruft, unwiderstehlich, wahrhaftig, dieser war Gottes Sohn."

Literaturhinweise:

(Marieluise Gallinat-Schneider)