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Marieluise Gallinat-Schneider

Gemeindereferentin in Bruchsal

Predigten von Marieluise Gallinat-Schneider

Karfreitagsliturgie, 3. April 2015, St. Peter, Bruchsal

Liebe Gemeinde,

Sie sehen ein Bild von der Erstkommunion meiner Tochter. Sie trägt ein Holzkreiz mit einer Pusteblume. Dieses Kreuz hat meine Tochter zur Erstkommunion geschenkt bekommen. Das Thema damals lautete: Nur wer Wurzeln hat, kann fliegen. Dieses Symbol und die Jahreszahl sollen die Kinder an ihre Erstkommunion erinnern.

Auch in diesem Jahr wird die Pfarrei den Kindern wieder ein ähnliches Kreuz mit einem Symbol schenken. Vor einigen Jahren jedoch gab es in der christlichen Presse einen Artikel in dem der Autor sich massiv gegen diesen Missbrauch mit dem Kreuz wehrte.

Ein Kreuz ist nichts, was wir mit kindlichen Symbolen verniedlichen dürfen, so die Aussage! Zudem nageln wir keine Pusteblumen, Perlen, Schäfchen oder Weintrauben ans Kreuz. Die Tatsache, dass Christus ans Kreuz genagelt wurde, dass er diesen Tod erleiden musste, ist grausam und eine solche Ungeheuerlichkeit, dass sie es nicht verdient, durch solche Aktionen ihrer Bedeutung beraubt zu werden!

Natürlich ist diese Auffassung korrekt. Das Kreuz ist nichts nettes, niedliches, wir dürfen seine Botschaft nicht verharmlosen. Der Tod Jesu am Kreuz ist eine Grausamkeit, kaum auszuhalten. Wir wollen uns dies heute, am Karfreitag auch in aller Deutlichkeit vor Augen halten.

Und dennoch. Das Symbol des Kreuzes ist für uns Christen auch ein Symbol der Auferstehung, wir können auch heute nicht ausblenden, dass wir wissen, wie es weiterging und weitergeht. Sonst hätte alles keinen Sinn.

Immer schon gab es diese Auseinandersetzung mit dem Kreuz als Zeichen des Leids und der Grausamkeit, aber auch als Zeichen der Hoffnung.

Wenn wir noch einmal auf das Beispiel des Kommunionkreuzes zurückkommen. Am Beispiel der Löwenzahnpflanze wurde den Kindern verdeutlicht, wie der Glaube zunächst tiefe Wurzeln bekommen muss, um blühen zu können und dann wie die Pusteblume ins Leben hinausfliegt. Die Pusteblume ist ein Zeichen des Lebens.

In der Romanik gab es in den mittelalterlichen Kirchen sogenannte Triumphkreuze, auf denen Christus als Sieger über den Tod dargestellt wurde, statt einer Dornenkrone trug er eine Krone als Zeichen des Sieges über den Tod. Diese Kreuze waren auch der Anlass dafür, in der Fastenzeit die Kreuze zu verhüllen, denn in dieser Zeit sollte an die Passion, an das Leiden Christi gedacht werden, seine Auferstehung wollte man sich erst an Ostern wieder vor Augen führen.

In der Gotik trat in der Kunst an die Stelle des Triumphators der Schmerzensmann, der leidende Christus. Als die Menschen aufgrund von Kriegen, Pest, Hungersnöten und anderen Katastrophen immer mehr mit dem Leid konfrontiert wurden, haben sie auch Christus als den Leidenden dargestellt. Die Kreuze mit dem Auferstandenen sind auch je nach eigener Verfasstheit schlecht auszuhalten. Wir können uns im eigenen Leid mit Christus, der sich ganz auf unsere Stufe stellt und sich selbst soweit erniedrigt, dass er das Leid auf sich nimmt, besser solidarisieren.

Wir müssen uns stets vor Augen halten, dass das Kreuz nicht einfach ein Schmuckelement zum Umhängen, oder zum Verzieren mit netten Symbolen ist, sondern Ausdruck von Schmerz und Leid.

Einige Gemeinden bevorzugen daher am Karfreitag ein Kommunionfasten, sie lassen die Kommunionfeier am Ende dieser Liturgie weg, damit sie ganz beim Kreuz bleiben. Der Tod Jesu steht heute im Mittelpunkt des liturgischen Geschehens.

Dennoch wissen wir, dass nach dem Tod die Auferstehung kommt. Daher ist das Kreuz im Christentum immer auch ein Zeichen von Tod und Auferstehung Jesu Christi. Es ist nicht nur Zeichen des Todes sondern auch Zeichen des Lebens. Wie heißt es in einem unserer Lieder: "Im Kreuz ist Heil, im Kreuz ist Hoffnung". Weil wir das glauben, dürfen wir das Kreuz für unsere Kinder auch zum Zeichen der Hoffnung machen. Wir dürfen es ausschmücken, wenn wir uns dabei dessen bewusst sind, was es bedeutet. Wir halten uns dabei den Kreuzestod Jesu vor Augen, wir glauben aber ebenso an den auferstandenen Christus und können dieses Symbol für uns als Zeichen der Hoffnung werten.

Wie es für jeden einzelnen stimmig ist, ob geprägt durch eigenes Leid das Kreuz nicht mit Hoffnungssymbolen verbunden werden soll, oder es uns sogar im Glauben an die Auferstehung hilft, müssen wir selbst entscheiden. Das hat nichts mit Theologie zu tun. Heute, am Karfreitag ist vielleicht die Gelegenheit sich ganz persönlich die Frage nach der Bedeutung des Kreuzes für mich zu stellen und darüber in Stille einen Augenblick nachzudenken, bevor die Kreuzesverehrung beginnt.

Amen.

(Marieluise Gallinat-Schneider)