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Marieluise Gallinat-Schneider

Gemeindereferentin in Bruchsal

Predigten von Marieluise Gallinat-Schneider

Vierter Advent, 21. Dezember 2008, St. Peter, Bruchsal

1. Lesung:

Als nun der König in seinem Haus wohnte und der Herr ihm Ruhe vor allen seinen Feinden ringsum verschafft hatte, sagte er zu dem Propheten Natan: Ich wohne in einem Haus aus Zedernholz, die Lade Gottes aber wohnt in einem Zelt. Natan antwortete dem König: Geh nur und tu alles, was du im Sinn hast; denn der Herr ist mit dir. Aber in jener Nacht erging das Wort des Herrn an Natan: Geh zu meinem Knecht David, und sag zu ihm: So spricht der Herr: Du willst mir ein Haus bauen, damit ich darin wohne? Sag also jetzt meinem Knecht David: So spricht der Herr der Heere: Ich habe dich von der Weide und von der Herde weggeholt, damit du Fürst über mein Volk Israel wirst, und ich bin überall mit dir gewesen, wohin du auch gegangen bist. Ich habe alle deine Feinde vor deinen Augen vernichtet, und ich will dir einen großen Namen machen, der dem Namen der Großen auf der Erde gleich ist. Ich will meinem Volk Israel einen Platz zuweisen und es einpflanzen, damit es an seinem Ort (sicher) wohnen kann und sich nicht mehr ängstigen muß und schlechte Menschen es nicht mehr unterdrücken wie früher und auch von dem Tag an, an dem ich Richter in meinem Volk Israel eingesetzt habe. Ich verschaffe dir Ruhe vor allen deinen Feinden. Nun verkündet dir der Herr, daß der Herr dir ein Haus bauen wird. Wenn deine Tage erfüllt sind und du dich zu deinen Vätern legst, werde ich deinen leiblichen Sohn als deinen Nachfolger einsetzen und seinem Königtum Bestand verleihen. Ich will für ihn Vater sein, und er wird für mich Sohn sein. Wenn er sich verfehlt, werde ich ihn nach Menschenart mit Ruten und mit Schlägen züchtigen. Dein Haus und dein Königtum sollen durch mich auf ewig bestehen bleiben; dein Thron soll auf ewig Bestand haben. (2 Sam 7, 1-5.8b-12.14a.16)

Evangelium:

Die Verheißung der Geburt Jesu: Im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt in Galiläa namens Nazaret zu einer Jungfrau gesandt. Sie war mit einem Mann namens Josef verlobt, der aus dem Haus David stammte. Der Name der Jungfrau war Maria. Der Engel trat bei ihr ein und sagte: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir. Sie erschrak über die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe. Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Du wirst ein Kind empfangen, einen Sohn wirst du gebären: dem sollst du den Namen Jesus geben. Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen, und seine Herrschaft wird kein Ende haben. Maria sagte zu dem Engel: Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne? Der Engel antwortete ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden. Auch Elisabet, deine Verwandte, hat noch in ihrem Alter einen Sohn empfangen; obwohl sie als unfruchtbar galt, ist sie jetzt schon im sechsten Monat. Denn für Gott ist nichts unmöglich. Da sagte Maria: Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast. Danach verließ sie der Engel. (Lk 1, 26-38)

Ich will sehen wie sein zelt bei den menschen ist und er bei ihnen
weilt das will ich sehen
ich will sehen wie sie seine Völker sind und er selbst bei ihnen ist
das will ich sehen
ich will sehen wie wolf und lamm einträchtig weiden und der löwe stroh
frißt wie der stier
das will ich sehen das will ich sehen

Liebe Gemeinde,

so beginnt ein Songtext von Sabrina Setlur, in dem sie ganz viele biblische Prophezeiungen aneinander reiht. Sie fragt sich, ob sich diese Verheißungen erfüllen, sie zeigt sie quasi als Fragen auf. Propheten haben im Advent Hochkonjunktur, die Lesungstexte sind zumeist von Jesaja, Jeremia oder eben hier aus dem Buch Samuel, ein Text, der von König David und dem Propheten Nathan handelt. An den Adventssonntagen hören wir, was die Propheten, was Johannes der Täufer über den Messias ankündigen.

Dabei geht es um die Legitimation Jesu, um die Legitimation des Neuen Testamentes. Die Prophezeiungen stehen für den Advent, ihre Erfüllung ist Weihnachten, die Geburt des Messias. Das heutige Evangelium kündet uns von Maria, der Frau, die die Erfüllung der Verheißungen erfüllt, indem sie Gottes Sohn auf diese Welt bringt.

Immer wieder verweist das Neue Testament auf die Schriften der Propheten. Das älteste Evangelium, das Markusevangelium, beginnt mit den Worten "Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes: Es begann, wie es bei dem Propheten Jesaja steht: Ich sende meinen Boten vor dir her; er soll den Weg für dich bahnen. Eine Stimme ruft in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen!" Hier wird an Jesaja und Maleachi angeknüpft. Jesus betet am Kreuz in seiner dunkelsten Stunde Psalm 22: "Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?" Oder denken wir an die Apostelgeschichte. In der Apostelgeschichte liest der Äthiopier das Jesajabuch und wird von Philippus gefragt: "Verstehst Du, was Du liest?" Er liest gerade die schwierigen Stellen vom stellvertretenden Leiden des Gottesknechts, ein Text, der uns auch von Karfreitag her vertraut ist, ein Text, der sich im Leiden Jesu erfüllt hat.

Jesus ist aus dem Hause und Geschlecht Davids, er ist durch den königlichen Stammbaum legitimiert. Wenn es in der heutigen Lesung heißt: "Dein Haus und dein Königtum sollen durch mich auf ewig bestehen bleiben; dein Thron soll auf ewig Bestand haben", dann erfüllt sich diese Verheißung im heutigen Evangelium, denn das Haus, das David für Gott baut und das seiner Familie Bestand gibt, bis sich die Zeit erfüllt, ist das Haus aus dem der Jungfrau Maria der wahre Thronerbe Davids geboren wird.

All das zeigt uns, das Jesus in direkter Linie zum Alten Testament steht. Im Advent erinnern wir uns an die Prophezeiungen des Alten Testaments, die sich in Jesus als Gottes Sohn erfüllen. Seine Theologie bezieht sich auf die Propheten. Das Neue Testament macht sehr deutlich, dass es in Kontinuität zum Alten Bund steht, es ist ein nahtloser Übergang. Nun erfüllt sich die Schrift. Das, was Verheißung der Propheten war, ist nun Wirklichkeit, ist in Gottes Sohn Realität. Wirklich? Haben wir die Erfüllung? Sind die Prophezeiungen durch Jesu Geburt vor 2000 Jahren wirklich erfüllt worden? Ist irgendetwas einen Deut besser als damals? Auf die Art und Weise sicher nicht, dass es jetzt keinen Krieg mehr gibt, dass die Menschen in Frieden leben, dass es keinen Hunger auf der Welt gibt, die Schere zwischen Arm und Reich nicht auseinander klafft, die Ungerechtigkeit gemindert wurde. Nein, alles, was Propheten in dieser Hinsicht anmahnten, ist immer noch anmahnenswürdig! Aber, ich glaube, dass sich die Verheißung dennoch erfüllt hat, dadurch, dass es einen menschgewordenen Gott für uns gibt. Durch die Geburt des Gottessohnes ist die Welt nach außen nicht besser geworden. Aber Jesus, der die Missstände angemahnt hat, stärkt mir den Rücken, wenn ich unbequeme Wahrheiten sage. Die Mahner und Rufer, die von Gott berufenen Menschen nach Jesus können sich vielleicht noch stärker, als die alttestamentlichen Propheten darauf berufen. Sie vertrauen auf einen Gott, der sich klar und deutlich mit dem armen, benachteiligten, ungerecht behandelten Menschen solidarisiert. Jesus hat sich bis in den Tod getraut, unbequem zu sein. Und das kann Mut machen, es kann helfen gegen das Unrecht, gegen falsche Dinge aufzustehen.

In letzter Zeit wird durch den Film Operation Walküre wieder viel über das Hitlerattentat vom 20. Juli 1944 geredet. In dem Zusammenhang muss ich immer an den evangelischen Pfarrer Dietrich Bonhoeffer denken, der mit den Widerstandskämpfern solidarisch war. Er ist für mich auch einer der modernen Propheten, der sich gestärkt durch Jesus getraut hat, ein unbequemer Mahner zu sein. Er und andere haben dies so konsequent getan, dass sie dafür ihr Leben ließen. Diesen Mut gab ihnen das Vertrauen auf Gott. Das gibt mir die Hoffnung, dass Weihnachten vielleicht doch etwas ändern und bewegen kann. Immer und überall waren es prophetische Menschen, die aufgestanden sind, sie geben uns Kraft, sie gaben den Menschen schon zu biblischen Zeiten Kraft, aber nur denen, die im Unrecht lebten, den anderen waren sie immer zu unbequem. Ich wünsche mir daher mit dem Lied vom Anfang, dass ich sehen werde, wie sich Prophezeiungen erfüllen. Ich kann nur hoffen, dass dieser Jesus, der in nahtloser Linie zu den Propheten Israels steht, der genauso unbequem war, wie sie, in mir etwas ändert. Dass sich durch die Gewissheit, jemanden an meiner Seite zu haben, der Veränderungen bis zum Schluss anmahnte, mein Inneres ändert und ich und wir uns dadurch verändern. Vielleicht finden wir dann den Mut so wie die Propheten, so wie Amos, mit dem sich unsere Gemeinden ja momentan intensiv beschäftigen, anzumahnen, was falsch ist. Betrachten wir die Welt mit den Augen der Propheten, machen wir es wie Amos, der sagt: "Sucht das Gute, nicht das Böse; dann werdet ihr leben." Suchen wir das Gute und trauen wir uns gegen das Böse aufzustehen. Trauen wir uns, unser Leben lebenswerter zu machen, unser Leben und das der anderen.

Amen.

Fürbitten

1. Wir bitten für die Kinder, die sich auf die Kommunion vorbereiten, dass sie in dieser Zeit eine Vertiefung ihres Glaubens erfahren. Wir bitten Dich, erhöre uns.

2. Wir bitten für unsere Jugendlichen, die die Jugendnächte organisieren, dass dort gute Gespräche und tiefe Erfahrungen möglich sind. Wir bitten Dich, erhöre uns.

3. Wir bitten für alle Menschen, die gegen den Strom schwimmen, die unbequeme Wahrheiten aussprechen, die niemand hören will, stärke sie in ihrem Tun. Wir bitten Dich, erhöre uns.

4. Wir bitten Dich für uns, dass wir Weihnachten in diesem Jahr nicht nur als kitschiges Fest erleben, sondern in uns sich die Geburt Jesu vollzieht. Wir bitten Dich, erhöre uns.

5. Wir bitten für unsere Verstorbenen, dass sie erfahren, was ewiges Leben heißt. Wir bitten Dich, erhöre uns.

Dazu auch mein diesjähriger Weihnachtsgruß "Er hat das Siebengestirn und den Orion erschaffen; er verwandelt die Finsternis in den hellen Morgen, er verdunkelt den Tag zur Nacht, er ruft das Wasser des Meeres und gießt es aus über die Erde - Jahwe ist sein Name." (Amos 5, 8) Normalerweise sind es ein anderer Stern und ein anderer Prophet, die Advent und Weihnachten begleiten, aber, da unsere Gemeinden 2008 stark von diesem Amos geprägt wurden und er uns auch im Jahr 2009 begleitet, denke ich, ist es für mich nur folgerichtig, Euch durch das Lob des Schöpfers von Amos ins Jahr 2009 leiten zu lassen. Möge dieses Jahr uns eine Stärkung unseres Glaubens durch die Beschäftigung mit einem biblischen Thema werden. In diesem Sinne: Gesegnete Weihnachten und gutes Neues Jahr 2009

(Marieluise Gallinat-Schneider)