Bußgottesdienst, 20. Dezember 1998, St. Peter, Bruchsal
"Allen Menschen wird zuteil Gottes Heil"
Eingangslied: Gotteslob (GL) 221, 1-3 (mit V und A) (Kantor)Eröffnung
Begrüßung und Einführung in das Thema
"Allen Menschen wird zuteil Gottes Heil", so haben wir im Eingangslied gesungen und in dieser Gewißheit begrüße ich Sie zu diesem Bußgottesdienst im Advent. Die Zeit des Advents will uns innerlich auf das große Fest, Weihnachten, vorbereiten. Machen wir uns bereit, indem wir uns unserer Schuld stellen, damit wir befreit das Geburtstagsfest unseres Herrn begehen können.
Im Mittelpunkt des Bibeltextes unseres Bußgottesdienstes steht Naaman, ein aramäischer Feldherr, der an Aussatz erkrankt ist. Schauen Sie sich dazu diesen Aussätzigen auf Ihrem Liedblatt ganz einfach an:
Meditation über den Holzschnitt Hiob von Walter Habdank (Gedanken zum Aussätzigen)
Meditation über einen Aussätzigen
(Holzschnitt von Walter Habdank, der Hiob darstellt aus der Habdank Bibel, Bildtafeln nach S. 432)
Dieser Mensch wirkt ganz auf sich und seine Verzweiflung zurückgeworfen,
er wirkt ganz in sich zurückgezogen.
Er betrachtet seine von Geschwüren bedeckte Hand.
Er ist dabei ganz mit sich und seiner Krankheit beschäftigt.
Er ist ausgegrenzt.
Er ist aus der Gesellschaft ausgesetzt.
Er gehört nicht mehr dazu.
Er ist sehr einsam.
Er ist mehr tot als lebendig.
Aussatz muß nicht nur eine medizinische Diagnose sein.
Auch ich kann ins Aus gesetzt sein
ich kann mich selbst ins Aus gesetzt haben.
Auch ich fühle mich oft einsam,
auch ich bin oft arm an Begegnungen.
Auch ich fühle mich ausgegrenzt,
ich bin krank
ich bin verwundet
und fühle mich manchmal wie abgestorben.
Betrachten wir das Bild eine Weile still und überlegen für uns, in welchen Punkten wir uns in den Aussätzigen hineinversetzen können. Gibt es Momente, in denen ich mich ausgesetzt und krank fühle?
(einige Gedanken der Meditation lehnen sich an die Betrachtung des Aussätzigen in Paul M. Zulehner, Pastoraltheologie Band 1, Fundamentalpastoral, 2. Aufl. Düsseldorf 1991, S. 17-24, an)
Lied: Selig seid ihr GL 459
Lesung
Die Heilung des Aramäers Naaman: 5,1-27
Naaman, der Feldherr des Königs von Aram, galt viel bei seinem Herrn und war angesehen; denn durch ihn hatte der Herr den Aramäern den Sieg verliehen. Der Mann war tapfer, aber an Aussatz erkrankt. 2 Nun hatten die Aramäer bei einem Streifzug ein junges Mädchen aus dem Land Israel verschleppt. Es war in den Dienst der Frau Naamans gekommen. 3 Es sagte zu seiner Herrin: Wäre mein Herr doch bei dem Propheten in Samaria! Er würde seinen Aussatz heilen. 4 Naaman ging zu seinem Herrn und meldete ihm: Das und das hat das Mädchen aus Israel gesagt. 5 Der König von Aram antwortete: So geh doch hin; ich werde dir ein Schreiben an den König von Israel mitgeben. Naaman machte sich auf den Weg. Er nahm zehn Talente Silber, sechstausend Schekel Gold und zehn Festkleider mit 6 und überbrachte dem König von Israel das Schreiben. Es hatte folgenden Inhalt: Wenn jetzt dieser Brief zu dir gelangt, so wisse: Ich habe meinen Knecht Naaman zu dir geschickt, damit du seinen Aussatz heilst. In Damaskus zählte man Elischa zu den Hofpropheten; daher richtete der König das Schreiben an den König von Israel, der einen Propheten mit der Heilung beauftragen kann. 7 Als der König von Israel den Brief gelesen hatte, zerriß er seine Kleider und rief: Bin ich denn ein Gott, der töten und zum Leben erwecken kann? Er schickt einen Mann zu mir, damit ich ihn von seinem Aussatz heile. Merkt doch und seht, daß er nur Streit mit mir sucht. 8 Als der Gottesmann Elischa hörte, der König von Israel habe seine Kleider zerrissen, ließ er ihm sagen: Warum hast du deine Kleider zerrissen? Naaman soll zu mir kommen; dann wird er erfahren, daß es in Israel einen Propheten gibt. 9 So kam Naaman mit seinen Pferden und Wagen und hielt vor dem Haus Elischas. 10 Dieser schickte einen Boten zu ihm hinaus und ließ ihm sagen: Geh und wasch dich siebenmal im Jordan! Dann wird dein Leib wieder gesund, und du wirst rein. Doch Naaman wurde zornig. Er ging weg und sagte: Ich dachte, er würde herauskommen, vor mich hintreten, den Namen Jahwes, seines Gottes, anrufen, seine Hand über die kranke Stelle bewegen und so den Aussatz heilen. 12 Sind nicht der Abana und der Parpar, die Flüsse von Damaskus, besser als alle Gewässer Israels? Kann ich nicht dort mich waschen, um rein zu werden? Voll Zorn wandte er sich ab und ging weg. 13 Doch seine Diener traten an ihn heran und redeten ihm zu: Wenn der Prophet etwas Schweres von dir verlangt hätte, würdest du es tun; wieviel mehr jetzt, da er zu dir nur gesagt hat: Wasch dich, und du wirst rein. 14 So ging er also zum Jordan hinab und tauchte siebenmal unter, wie ihm der Gottesmann befohlen hatte. Da wurde sein Leib gesund wie der Leib eines Kindes, und er war rein. 15 Nun kehrte er mit seinem ganzen Gefolge zum Gottesmann zurück, trat vor ihn hin und sagte: Jetzt weiß ich, daß es nirgends auf der Erde einen Gott gibt außer in Israel. So nimm jetzt von deinem Knecht ein Dankgeschenk an! 16 Elischa antwortete: So wahr der Herr lebt, in dessen Dienst ich stehe: Ich nehme nichts an. Auch als Naaman ihn dringend bat, es zu nehmen, lehnte er ab. 17 Darauf sagte Naaman: Wenn es also nicht sein kann, dann gebe man deinem Knecht so viel Erde, wie zwei Maultiere tragen können; denn dein Knecht wird keinem andern Gott mehr Brand- und Schlachtopfer darbringen als Jahwe allein. Der besonderen Beziehung Jahwes zum Land Israel wegen will er Opfer auf israelitischer Erde darbringen. 18 Nur dies möge Jahwe deinem Knecht verzeihen: Wenn mein Herr zur Anbetung in den Tempel Rimmons geht, stützt er sich dort auf meinen Arm. Ich muß mich dann im Tempel Rimmons niederwerfen, wenn er sich dort niederwirft. Dann möge das Jahwe deinem Knecht verzeihen. 19 Elischa antwortete: Geh in Frieden! Als Naaman schon eine Strecke Weges von ihm entfernt war, 20 sagte sich Gehasi, der Diener Elischas, des Gottesmannes: Mein Herr hat diesen Aramäer Naaman geschont und nichts von dem angenommen, was er mitgebracht hatte. So wahr der Herr lebt: Ich werde ihm nachlaufen und mir etwas von ihm holen. 21 Gehasi eilte ihm also nach. Als ihn Naaman hinter sich herankommen sah, beugte er sich ihm vom Wagen aus zu und fragte: Steht alles gut? 22 Er antwortete: Ja; nur läßt mein Herr sagen: Soeben sind vom Gebirge Efraim zwei junge Männer, zwei Prophetenjünger, zu mir gekommen. Gib ihnen doch ein Talent Silber und zwei Festkleider! 23 Naaman erwiderte: Tu mir den Gefallen, und nimm zwei Talente! Er bat ihn dringend darum und tat zwei Talente Silber in zwei Beutel, legte zwei Festkleider dazu und ließ sie durch zwei Diener vor ihm hertragen. 24 Als Gehasi auf der Höhe angekommen war, nahm er ihnen die Geschenke ab und brachte sie in das Haus. Die Männer schickte er weg, und sie kehrten zurück. 25 Er selbst ging hinein und trat vor seinen Herrn. Elischa fragte ihn: Woher kommst du, Gehasi? Er antwortete: Dein Knecht ist nirgendwohin gegangen. 26 Da sagte Elischa zu ihm: War nicht mein Geist zugegen, als sich jemand von seinem Wagen aus dir zuwandte? Ist es denn Zeit, Geld anzunehmen und Kleider, Ölgärten, Weinberge, Schafe und Rinder, Knechte und Mägde zu erwerben? 27 Der Aussatz Naamans aber soll für immer an dir und deinen Nachkommen haften. Gehasi ging hinaus und war vom Aussatz weiß wie Schnee. (2 Kön 5,1-27)
Orgelspiel
Deutung und Gewissensfragen
Impuls I: Auf was setze ich meine Hoffnung?
Naaman, der aramäische Feldherr war vom Aussatz befallen. Er hatte eine israelitische Dienerin. Diese Dienerin war davon überzeugt, daß die Propheten ihres Heimatlandes ihren Herrn heilen könnten. Als diese Nachricht Naaman zu Ohren kam, ging er zu seinem König und bat, nach Israel reisen zu dürfen.
Er hofft dort auf Heilung. Er hofft, den Worten der Dienerin vertrauen zu können. Er hofft, damit wieder am Leben teilnehmen zu können. Er ist sich nicht sicher, ob es in Israel wirklich Heilung für ihn gibt.
Er klammert sich jedoch wie jeder, der sich in einer ausweglosen Situation befindet, an jeden Strohhalm der Rettung, der ihm gereicht wird.
Erkenne ich, was bei mir krank ist? Wo habe ich Wunden, die geheilt werden sollten? Bin ich bereit, mich auf den mühsamen Weg zu machen, um Heilung zu finden?
Stille
Wie sieht es bei mir aus? Bin ich bereit, einen guten Rat anzunehmen? Glaube ich jemandem, der mir helfen will?
Stille
Die Dienerin gibt Naaman den entscheidenden Hinweis, wohin er sich wenden kann, um Heilung zu erlangen. Wie schaffe ich es die Vielzahl von Ratschlägen, die wir bekommen, zu filtern? Höre ich die richtige Stimme überhaupt noch heraus? Auf welche Lebenshilfen vertraue ich?
Stille
Wie heißen die Propheten, denen ich nachlaufe? Vertraue ich auf Wahrsager, die mir Heilung versprechen?
Stille
Bin ich sehr schnell bereit, anderen Menschen zu glauben? Lasse ich mich rasch von anderen Meinungen beeinflussen? Bin ich unsicher, was meinen eigenen Standpunkt anbetrifft?
Stille
Vertraue ich anderen schneller als Gott? Versuche ich überhaupt, das Gespräch mit ihm zu finden? Höre ich auf Gott?
Liedruf GL 266 (V/A) Bekehre uns (Kantor)
Impuls II: Vertraue ich Gottes Heil?
Naaman sucht erst den König von Israel auf, der ihm jedoch nicht helfen kann. Er kann ihm keine Heilung schenken. Elischa hört von der Begebenheit und überbringt dem König die Nachricht, daß er Naaman zu ihm schicken soll. So geht Naaman zu Elischa. Ein Bote Elischas richtet ihm aus, daß er sich siebenmal im Jordan waschen soll. Das wird ihn heilen.
Naaman ist empört. Es gibt bei ihm zu Hause genug Flüsse. Da hat er den weiten Weg gemacht, um sich dort in einem Fluß zu waschen. Er ist sehr zornig. Er erwartet eine spektakuläre Tat. Doch seine Diener raten ihm: Tu, was der Prophet dir sagt! Wenn er etwas Schweres von dir verlangen würde, würdest du es auch tun. Daraufhin tut Naaman das, was der Prophet ihm befohlen hat und wird gesund.
Naaman hat zunächst sehr empört reagiert. Wann reagiere ich auf einen gut gemeinten Vorschlag völlig überzogen? Wann habe ich sehr zornig reagiert, wenn mir jemand helfen wollte? Wann habe ich Hilfe abgelehnt?
Stille
Der König von Israel ist entsetzt, als er erfährt, mit welchem Ansinnen Naaman zu ihm kommt. War ich nicht auch schon oft empört, wenn jemand an mich eine Bitte richtete. "Wie soll ich denn da jetzt helfen?" Wem habe ich aus Angst vor Unannehmlichkeiten Zuwendung und Unterstützung verweigert?
Stille
Vertaue ich anderen, wenn sie sagen, daß sie mir helfen könnten? Erhoffe ich mir überhaupt Heilung von Gott? Will ich Leistungen erbringen, um heil zu werden? Kann ich mir von anderen etwas schenken lassen? Kann ich mir von Gott Heil schenken lassen?
Liedruf GL 266 (V/A) Bekehre uns (Kantor)
Impuls III: Vergiß nicht zu danken...
Als Naaman geheilt ist, geht er zu Elischa und will ihm ein Dankgeschenk machen. Dies wehrt der Gottesmann jedoch ab. Elischas Diener jedoch sieht nicht ein, wieso er nichts von den angebotenen Geschenken annehmen soll und geht zu Naaman und belügt ihn. Er behauptet, sein Herr habe es sich anders überlegt, um sich selbst bereichern zu können.
Naaman verspricht, nur noch einem Gott dienen zu wollen, nämlich Jahwe allein. Aber um diesem Jahwe dienen zu können, nimmt er Erde aus Israel mit, da er glaubt durch ein fühlbares Zeichen auch den Ort der Anbetung mitzunehmen.
Er sieht ein, daß seine Heilung eine Tat Gottes war und ist bekehrt.
Kann ich Danke sagen? Oder will ich für alles bezahlen, was man mir gibt? Kann ich etwas annehmen ohne Gegenleistung? Gebe ich selbst gerne?
Stille
Habe ich mich schon auf Kosten anderer bereichert? Habe ich etwas genommen, weil ich überzeugt war, dem anderen tut das nicht weh?
Stille
Naaman nimmt Erde aus Israel mit, um dem Gott der Israeliten Opfer darbringen zu können und ihn anzubeten.
Wie halte ich es mit dem Beten? Welche Orte sind mir dafür wichtig? Kann ich nur in der Kirche beten?
Stille
Wie ist meine Beziehung zu Gott. Suche ich ihn in meinem Alltag? Oder be-schränkt sich mein Kontakt zu Gott darauf, am Sonntag zur Messe zu gehen? Ist mir klar, daß Gott überall ist? Gott begegnet mir in den alltäglichen Dingen, Gott begegnet mir in meinem Nächsten. Bin ich in der Lage diese Gottesbegegnungen zu erkennen und zu würdigen?
Liedruf GL 266 (V/A) Bekehre uns (Kantor)
Schuldbekenntnis (wir beten gemeinsam)
Guter und treuer Gott,
Guter und treuer Gott,
so wie Naamann un-heil war,
fühle auch ich mich oft fern von deinem Heil.
Vieles ist nicht in Ordnung. Ich habe gesündigt.
Mein Glaube an dich ist erschüttert.
Mir fehlt das Vertrauen.
Ich habe mir Heilung meiner Wunden erhofft,
aber mich dir nicht wirklich anvertraut.
Mir fehlte die Hingabe.
Mir ist dennoch vieles geschenkt worden,
aber ich vergaß zu danken.
Ich habe mich oft
auf Kosten anderer zu bereichern versucht.
Es war vieles falsch.
Nun will ich umkehren.
Ich will mich von dir heilen lassen.
Ich weiß, daß ich mich dazu
meinen Problemen und Schwächen stellen muß.
Befreie mich, o Herr,
von dem,
was mich krank macht.
Vergebungsbitte
Vater unser
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
Segen
Schlußlied GL 220, 1+4.
(Marieluise Gallinat-Schneider)