Kleine Kirchengeschichte


Weiter-Button Zurück-Button Das neue Zeitalter der Weltmission

Neben Inquisition und Hexenwahn wird aus diesen Jahrhunderten immer auch das unrühmliche Auftreten der Kirche auf dem Feld der Mission, vor allem in Südamerika, genannt. Die "Conquista" war ja vor wenigen Jahren vor allem im Zusammenhang mit der 500-Jahrfeier der Entdeckung Amerikas in aller Munde.

1. Fehlentwicklungen der kirchlichen Mission im Zusammenhang mit dem Aufblühen eines neuen missionarischen Bewusstseins

Tatsächlich sind die Methoden der Mission in diesen Jahrzehnten mehr als bedenklich gewesen. Das enge Zusammenwirken von Missionaren und Eroberern kann man nur als trauriges Kapitel der Kirchengeschichte bewerten.

Andererseits muss man festhalten, dass diese Fehlentwicklung im Zusammenhang mit einem durchaus positiven und neuen missionarischen Bewusstsein der Kirche stand. Die Fülle von neuen Entdeckungen in dieser Zeit förderte nicht nur Tatendrang und Abenteuerlust und war auch nicht nur geprägt von wirtschaftlichen, politischen und militärischen Interessen. Der Missionseifer, die Überzeugung, den Glauben der Kirche wirklich allen Menschen bringen zu müssen, trieb in jenen Jahrzehnten ganz neue Wurzeln. Selbst die wildesten "Conquistadoren" fühlten sich zur Ausbreitung der christlichen Religion unter den besiegten Völkern innerlich verpflichtet.

2. Reduktionen und "Akkomodation"

Natürlich war das Ergebnis dieses Dranges oft furchterregend und hatte mit der Botschaft Christi nur noch wenig zu tun. Aber neben den fragwürdigen Methoden mancher Conquistadoren entstanden in jenen Jahrzehnten Missionswerke, die durchaus richtungsweisend und vorbildlich waren.

a. Die Jesuiten in Südamerika

Ein wichtiges Beispiel dafür sind etwa die sogenannten Reduktionen, die vor allem von den Jesuiten gegründet wurden. Dies waren regelrechte Indianerkolonien, in denen die Neubekehrten sogar in zumindest nomineller Selbstverwaltung lebten. Berühmt wurde hier der Jesuitenstaat in Paraguay.

b. Robert de Nobili

Von mindestens genau so großer Bedeutung waren die Bemühungen der Ostasienmissionare. Der Jesuit Robert de Nobili (1577-1656) missionierte unter den Hindus nach dem berühmt gewordenen Prinzip der "Akkomodation". Das heißt, er ging ernsthaft daran, sich in die Denkart und Lebensweise der indischen Bevölkerung einzudenken und an dem Bestehenden anzuknüpfen.

Im Grunde genommen tat er dabei nichts anderes, als die urkirchlichen Missionare. Man denke hier nur an die berühmte Areopag-Rede des Paulus.

Ganz in dieser Tradition stellte Robert de Nobili das Evangelium gleichsam als fünfte Veda in die Gedankenwelt Indiens hinein. Er erlaubte den Neubekehrten dabei, alle unverfänglichen Gewohnheiten des Hinduismus beizubehalten.

Die Erfolge dieser Mission waren sehr groß. Bereits im Jahre 1650 - sechs Jahre vor de Nobilis Tod - gab es schon 40000 Christen in Indien.

c. Matteo Ricci

Ganz ähnlich ging Matteo Ricci (1552-1610) in China vor. Er sagte den Chinesen nicht, dass sie etwa Heiden wären. Er bestätigte ihnen vielmehr, dass sie immer schon fromm gewesen seien und stellte ihnen das Christentum nun als Vollendung des Glaubens vor. Der "Herr des Himmels", den sie bisher schon verehrt hätten, das sei eben Christus.

Bei seinem Tod im Jahre 1610 zählte China fast 270000 Christen. Die Verdienste der Jesuiten um China führten sogar zu einem offiziellen kaiserlichen Toleranzedikt. Die Christen wurden den übrigen Chinesen gleichgestellt.

d. Das Ende der Akkomodations-Methode

Ende des 17. Jahrhunderts kam es aber zum Streit um diese Akkomodationsmethode - jetzt aber nicht etwa mit den politischen Machthabern der jeweiligen Länder, wie man vermuten könnte. Das kirchliche Lehramt schaltete sich ein. Nach langen und unerfreulichen innerkirchlichen Auseinandersetzungen glaubte Rom, dieser Methode als unzulässiger Neuerung einen Riegel vorschieben zu müssen. Diese traurige Entscheidung ist ganz klar unter der Überschrift Reformverweigerung zu betrachten - eine Verweigerung, die verheerende Folgen hatte.

Im Jahre 1742 verurteilte Benedikt XIV. die "malabarischen Riten" und besiegelte damit das Schicksal der Indienmission. Das Christentum fand auf dem Subkontinent seither keinen rechten Boden mehr.

Und auch die ersten Blüten der Chinamission wurden vernichtet. Erst im Jahre 1940 zog Pius XII. das Verbot der chinesischen Riten für die chinesische Christenheit zurück - um Jahrhunderte zu spät. Der kurzsichtige Sieg des Europäismus war zu dieser Zeit schon lange der Tod der Ostasienmission geworden.

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