Gottesdienst anlässlich des 25-jährigen
Jubiläums der Frauenunion Bruchsal
am 06. Juli 2007 in der Pfarrkirche St. Anton
Ablauf
Lied: Sonne der Gerechtigkeit, Gotteslob Nr. 644, Str. 1-3
Begrüßung
Sie feiern heute 25 Jahre Frauenunion in Bruchsal. In der Präambel der
Frauenunion in der CDU Deutschlands heißt es, "sie ist dem christlichen
Verständnis vom Menschen und den Grundwerten Freiheit, Solidarität und
Gerechtigkeit verpflichtet. Sie sind Grundlage christlich demokratischer
Politik. Die Frauen Union ist davon überzeugt, dass die soziale Verpflichtung
für ein menschliches Miteinander, für verantwortliches Handeln zur Bewahrung
der Schöpfung nur erreicht werden kann, wenn Frauen auf allen Ebenen und in
allen Bereichen an verantwortlicher Stelle mitwirken."
Dies ist Grundlage für Mitverantwortung und Mitarbeit der Frauen in Politik und
Gesellschaft. Wenn Sie auf dieser Grundlage handeln, handeln sie christlich. Als
Christen tragen wir Verantwortung für ein menschliches Miteinander und für die
Schöpfung, die Gott uns gegeben hat, damit wir sie schützen und bewahren. Wir
wissen, wem wir uns für unser Tun zu verantworten haben und wer unser Tun
leitet. Daher wollen wir alles, was uns heute bewegt, vor Gott tragen und uns
auf ihn als unsere Mitte besinnen. Wir beginnen den Gottesdienst im Namen des
Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Gebet:
Guter Gott,
wir sind hier zusammengekommen,
um Dank zu sagen,
Dank für 25 Jahre politisches Handeln
Dank für viele gute Begegnungen,
Dank für helfende Hände
und viel Engagement
gutes Miteinander
und die Gewissheit,
dass du stets bei uns warst und bist
und uns geleitest
jetzt und in Ewigkeit, Amen.
Lesung: Lk 1, 46-55
Da sagte Maria: Meine Seele preist die Größe des Herrn,
und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.
Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. Siehe, von nun an preisen
mich selig alle Geschlechter.
Denn der Mächtige hat Großes an mir getan, und sein Name ist heilig.
Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht über alle, die ihn fürchten.
Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: Er zerstreut, die im Herzen voll
Hochmut sind;
er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen.
Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und läßt die Reichen leer
ausgehen.
Er nimmt sich seines Knechtes Israel an und denkt an sein Erbarmen,
das er unsern Vätern verheißen hat, Abraham und seinen Nachkommen auf ewig.
Ansprache (Gallinat-Schneider)
Als wir uns zur Vorbereitung des Gottesdienstes trafen, haben wir lange
überlegt, welche Bibelstelle passt. Zugegeben, in der Bibel kommen mehr Männer
als Frauen vor, viele Frauen tragen noch nicht einmal Namen, sie sind namenlose
Wesen, die zu einem - natürlich mit Namen genannten - Mann gehören. Und wenn dann Frauen
auftauchen, sind diese Stellen für unser Geschlecht nicht immer rühmlich. Da
wird getrickst und manipuliert, getäuscht und betrogen, um das Ziel zu
erreichen, wenn wir nur an Ruth oder Delila, denken. Die Richterin Deborah
führt Israel in einen Krieg. Und gemordet wird auch seitens der Frauen, z.B.
Jael. Die Frau am Jakobsbrunnen hatte viele Männer. Also, viele unrühmliche Beispiele, die nicht tauglich sind, um Dank für
die politische Arbeit von Frauen zu sagen.
Aber hier, in diesem Lobpreis Mariens, die wir eigentlich als demütige Magd geschildert bekommen, steckt ein ganzes politisches Programm. Als ich den Text vorschlug, war die Sorge groß, in einem ökumenischen Gottesdienst einen Text, der von Maria handelt, in den Mittelpunkt zu stellen. Dieser Text steht jedoch in der Bibel. Hier geht es nicht um katholische Marienverehrung. Wie oft wird Maria katholischerseits als hingebungsvolle Mutter und stumme Dienerin geschildert, die dann zur Königin des Himmels erhoben wird. Oft sind es sehr kitschige Bilder und Darstellungen, die uns da vor Augen stehen, gekrönt, behängt, verklärt. Mit dieser Maria habe ich auch meine Schwierigkeiten. In einem Gedicht heißt es: " Ich knie nicht vor der Himmelskön'gin Thron, An einem Frauenglück möchte(e) teil ich haben; Ich grüß die Mutter mit dem kleinen Sohn, Nicht die Madonna mit dem Jesusknaben." Vieles muss in unseren geistigen Bildern dieser Frau sicher beiseite geräumt werden. Eine demütige Haltung hat Maria sicher eingenommen. Sie sagt zu Gott, mir geschehe, wie du gesagt. Aber sie sagt viel mehr. Im Stundengebet der Kirche wird jeden Abend das Magnificat, der so heißt, weil dies im Lateinischen das erste Wort ist, dieser Text aus dem Lukasevangelium, den wir gerade gehört haben, gesungen. Auch im evangelischen Stundengebet ist dieser Text zu finden.
Aber hören die Menschen eigentlich, was
sie da singen? Dieses Lied ruft zur Umkehr auf, ja man könnte sogar sagen, zum
Umsturz. Es ist modern gesprochen ein Protestsong, in dem revolutionäre
Forderungen gestellt werden:
"Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht über alle, die ihn
fürchten. Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten, er zerstreut, die im
Herzen voll Hochmut sind, er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die
Niedrigen."
Dieser Text, dieses Lied, das von seiner Form her an die alttestamentlichen
Psalmen erinnert und literarisch eng mit ihnen verbunden ist, ist eines der
neutestamentlichen Lobpreislieder. Gott ist auf der Seite der Schwachen, er
nimmt sich ihrer an, zeigt sich mit ihnen solidarisch. Frauen sind oft die
Schwächeren, waren über lange Jahrhunderte die schwächeren. Es gilt auf der
Seite von gedemütigten Frauen zu stehen, auf der Seite von Gewaltopern, auf der
Seite von Kranken, aus der Gesellschaft ausgestoßenen. Es ist wichtig, für
Menschen, die Stimme zu erheben, die dies selbst nicht mehr können und ihnen
eine Stimme zu verleihen.
"Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer
ausgehen."
Die Hungernden sind die, die in unserer Gesellschaft trotz allgemeinen Reichtums
nicht genug zu essen haben, nicht teilnehmen können am gesellschaftlichen
Leben. Aber die Solidarität gilt auch der einen Welt, in der alle Wasser und
Nahrung haben, medizinisch versorgt werden und nicht leiden müssen. Freilich,
dies ist eine Utopie, aber wenn wir nicht immer vor Augen haben, dass diese
Forderung Gottes unser Ziel ist, dann können wir auch keine Schritte in die
richtige Richtung tun.
In unserem Predigttext ist Maria als Frau diejenige, die ihre Stimme gegen die herrschenden Verhältnisse erhebt, die eine Veränderung fordert. Ich denke, es sind gerade die Frauen, die sehen, wenn im sozialen Bereich Ungerechtigkeiten herrschen, wenn Menschen Not leiden, wenn Menschen Mangel leiden. Maria, die Frau aus dem Volk, die Frau aus kleinen Verhältnissen, ermuntert zu Dank, zu Dank an Gott, der sich nicht mit den bestehenden Verhältnissen zufrieden gibt.
Wenn wir heute auf 25 Jahre Frauenunion zurückblicken, gilt es das Gleiche
zu tun, Dank zu sagen, auch Gott Dank zu sagen, sonst würden wir keinen
Gottesdienst an den Beginn stellen, aber auch die Forderung damit zu verbinden,
weiterhin nicht mit den bestehenden Verhältnissen zufrieden zu sein, die Stimme
gegen Ungerechtigkeit, Gewalt, Armut und Unterdrückung zu erheben und ein
Korrektiv männlicher Politik zu sein.
Ich wünsche Ihnen bei ihrer weiteren Arbeit, dass sie die Forderungen dieser
Frau, Maria, im Ohr behalten und daran denken, dass sie ein Leitbild sein
können für ihr politisches Handeln. Amen.
Glaubensbekenntnis
Fürbitten:
Vater unser
Segen:
Segen für Frauen
Gottes Segen komme zu uns Frauen,
dass wir stark sind in unserer
schöpferischen Kraft,
dass wir mutig sind in unserem Recht.
dass wir Nein sagen, wo es nötig ist,
dass wir Ja sagen, wo es gut ist.
Gottes Segen komme zu uns Frauen,
dass wir schreien, wo Unrecht ist,
dass wir schweigen, wo Entsetzen ist.
Gottes Segen komme zu uns Frauen,
dass wir Weisheit suchen und finden,
dass wir Klugheit zeigen und geben.
Gottes Segen komme zu uns Frauen,
dass wir die Wirklichkeit verändern,
dass wir das Lebendige fördern.
Dass wir Gottes Mitstreiterinnen sind
auf Erden. (Hanna Strack)
Schlusslied: Nun danket alle Gott, Gotteslob Nr. 266
(Marieluise Gallinat-Schneider)