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Marieluise Gallinat-Schneider

Gemeindereferentin in Bruchsal

Gedenkansprachen und Reden von Marieluise Gallinat-Schneider

Ansprachen anlässlich des Bündnis "Wir für Menschlichkeit, 26. September 2015, Friedrichplatz und Viktoriaanlage, Bruchsal

Grußwort

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

im Namen der Arbeitsgemeinschaft christlicher Gemeinden darf ich Sie herzlich zu unserer Aktion "Wir für Menschlichkeit" begrüßen. In der Bibel gibt es viele Berichte von Menschen, die ihre Heimat verlassen müssen, von Neuanfängen, Aufbrüchen, aber auch von Flucht und Vertreibung, Hungersnot und Krieg. Schon immer hat Menschen dieses Schicksal ereilt. Direkt nach dem 2. Weltkrieg hat dieses Land ähnliches erleben müssen.

Der österreichisch-ungarische Dichter Leo Schmidl beschreibt dies eindrücklich in einem Gebet aus der damaligen Zeit, mit dem Titel: Flüchtlinge beten, in dem es auszugsweise heißt: Wir beten, Herr wir beten, verfemt sind wir, vertrieben, von allem, was wir lieben… gehetzt von Land zu Lande… so höre, was wir klagen: Das Leid, das wir ertragen, Du weißt es Herr, ist groß… Bewahr uns Mut und Würde!

Ich denke, diese oder ähnliche Worte könnten die Menschen, die heute unter unsäglichen Bedingungen ihren Marsch für eine bessere Zukunft jenseits von Hunger und Krieg aufnehmen, auch sprechen. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, diesen Menschen zu helfen. Die biblischen Erfahrungen mit dem Fremdsein sind Mahnung zur Solidarität und erfahren ihren Schlusspunkt mit Jesu Worten vom Endgericht im Matthäusevangelium, wo es heißt: "ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen" und weiter, "was ihr einem meiner Schwestern und Brüder getan habt, das habt ihr mir getan".

Das ist der Anspruch, der an uns gestellt wird und der uns auffordert, in dieser schwierigen Situation nicht wegzusehen sondern sich den Anforderungen zu stellen. Deshalb engagieren sich viele Gemeindemitglieder in den Gemeinschaftsunterkünften und der Flüchtlingsarbeit. Alle, die davon sprechen, dass wir unser christliches Abendland bewahren müssen, berufen sich auf die Tradition der christlichen Werte und leiten damit ihr Handeln von Christus ab, sind also auch dem Satz "ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen" verpflichtet.

Rede Friedrichplatz

Deswegen sagen wir als Christinnen und Christen "nein" zu Fremdenfeindlichkeit und Hetze gegen die, die kommen und erst recht zu gewalttätigen Aktionen wie Brandanschlägen auf Unterkünfte. Wir wünschen uns hier und heute ein friedliches Fest. Viele Vereine, Parteien, Gruppierungen, Gewerkschafen, Verbände, Religionen und Konfessionen haben diesen Tag gemeinsam geplant und verantwortet, was uns sehr gefreut hat. Alle Veranstalter, die sonst nicht unbedingt gemeinsam an einem Strang ziehen, waren sich einig, dass wir heute hier zeigen müssen, dass Fremdenfeindlichkeit in Bruchsal keinen Platz hat.

Weitere Informationen zu Aktivitäten des Bündnis für Menschlichkeit erhalten Sie auch über die Homepage der Arbeitsgemeinschaft christlicher Gemeinden (ACG) in Bruchsal: ACG Bruchsal

Rede von E-F.Schäfer

WIR für Menschlichkeit Bruchsal, 26.09.2015

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

in diesem Jahr wurden und werden die Heimattage gefeiert -
fröhlich, bunt und nachdenklich!
Heute wird in Bruchsal ein Fest und eine Demo veranstaltet:
Nachdenklich, bunt, fröhlich und gewaltfrei!
WIR demonstrieren für Menschlichkeit!

Kein Mensch hat Einfluss auf den Ort und die Gemeinschaft in die er hineingeboren wird.

WIR hier in Deutschland, in Bruchsal, haben erlebt was Zerstörung der Heimat, was Verlust der Heimat durch Flucht und Vertreibung bedeuten.

12 Millionen Deutsche waren 1945 nach der großen Verführung durch eine menschenfeindliche nationalistische Ideologie auf der Flucht und auf der Suche nach einer neuen Bleibe, einer neuen Heimat.

Sie sprachen deutsch und wurden trotzdem oft nicht verstanden. Sie suchten Mitmenschlichkeit und WIR, haben sie in einem langen Prozess gefunden und geschenkt.

Es gab Berührungsängste!

Es gibt auch heute wieder neue Berührungsängste.

Auch, leider, unter uns Demokraten!

"Kann ich mit den SOZIS, den Grünen, gar mit den Linken usw.gemeinsam auf die Strasse zur Demo gehen? - so die Berührungsängste in manchen Hinterköpfen.

Warum eigentlich nicht miteinander reden und feiern für das Ziel: WIR für Menschlichkeit. Ich, WIR , freuen uns deshalb, dass so viele Menschen in dieser bunten Vielfalt das Ziel "WIR für Menschlichkeit" unterstützen und dabei eigene partielle und parteiliche Ideen unterordnen. Berührungsängste haben natürlich auch viele MitbürgerInnen gegenüber den Fremden, den Flüchtlingen. Warum, so frage ich, gelingt es uns nicht diese Berührungsängste in breite Neugierde und Wissbegierde über die Herkunft und das Leben der neuen Menschen in unserer Stadt umzuwandeln? Kein Flüchtling hat ohne Not seine Heimat verlassen und sich auf den beschwerlichen Fluchtweg gemacht. Wer von uns wollte jahrelang im tödlichen Bürgerkrieg leben , wo jede staatliche Ordnung außer Kraft gesetzt ist?
Wer von uns wollte von der eigenen Regierung wegen seines Glaubens oder seiner Lebensweise verfolgt werden?
Wer von uns würde nicht den Versuch wagen ein normales menschenwürdiges Leben zu führen?

Deutschland ist dabei wahrlich kein Paradies.Der Platz vor dem Bahnhof und der Aufmarsch der Rechten zeigt uns das überdeutlich. Aber WIR Deutschen leben in einem Land mit freier und demokratischer Verfassung. Diese wird von den Rechten Demonstranten in Frage gestellt. Sie missbrauchen unsere verfassungsgemäßen Freiheiten! WIR hier stehen für Menschlichkeit! Dies zeigt sich in den einstimmigen Beschlüssen des Kreistages zur Unterbringung von Flüchtlingen und es zeigt sich in den Beschlüssen des Gemeinderates dieser Stadt. Diese Menschlichkeit zeigt sich in ganz besonderer Weise in der ehrenamtlichen Arbeit vieler Menschen bei der Flüchtlingsbetreuung. Sprachunterricht, Begleitung bei Arzt- und Behörden besuchen Spielstunden mit den Kindern und in der Aufnahme bei den Trainings-stunden unserer Sportvereine. WIR alle stehen für Menschlichkeit. Für eine freiheitliche und demokratische Lebensweise aller Menschen in dieser Stadt. efs

(Marieluise Gallinat-Schneider)