Weckruf - Wegruf

Mit dem Propheten Amos auf dem Weg


"Maria und die Frauen - Wie ist es bestellt um die Frau in der Kirche?"

Weckruf am Donnerstag, 20. Mai 2010, in St. Peter

Eingangslied (Vox dei)

Du hast ganz leis’ mich beim Namen genannt,
ich schaute mich nach dir um.
Da kamst du zu mir, nahmst mich an der Hand,
wolltest mir Mutter nun sein.

Mutter Maria, mit dir will ich geh’n,
lass meine Hand nie mehr los.
So wie ein Kind ohne Angst und ganz frei,
geh ich den Weg nun mit dir.

Oft weiss ich nicht, wie mein Weg weitergeht,
oft bin ich hilflos und blind.
Doch du bist bei mir, hast mich an der Hand,
wie eine Mutter ihr Kind.

Manchmal bin ich wie ein trotziges Kind,
geh’ meinen eigenen Weg.
Doch du gehst mit mir, hebst mich wieder auf,
wenn ich gefallen dann bin.

Du zeigst mir Christus, führst mich zu ihm hin,
zeigst meinem Leben den Sinn.
Mit ihm im Herzen, mit dir an der Hand,
geht hin zum Vater mein Weg.

(Johannes Ganz)

Begrüßung (Marieluise Gallinat-Schneider)

Ich sehe dich in tausend Bildern,
Maria, lieblich ausgedrückt.
Doch keins von allen kann dich schildern,
Wie meine Seele dich erblickt.
(Novalis)

So haben wir den Flyer überschrieben. Der Dichter Novalis, ein Romantiker, der von 1772 bis 1801 lebte, schreibt so in seinem Marienlied. Mir würden solche Zeilen nicht einfallen, wenn ich ein Marienlied schreiben würde. Aber was sehe ich?

Im Mai hat Maria ihren Festmonat. Wie eine Mutter ihrem Kind das Leben schenkt, so schenkt uns der Schöpfer im Frühling in der wieder erwachten Natur neues Leben. Gott, ist wie eine Mutter und ein Vater. Wir nennen unsere Erde Muttererde, weil die Erde mit dem Mutterschoß verglichen wird und daher in vielen Religionen auch heilig ist. So ist der Mai der Monat in dem wir an die Mütterlichkeit der Natur, an die Mütterlichkeit Gottes und an die Mütterlichkeit aller Schöpfung denken. Wir danken Gott dafür, dass es immer eine Zeit des Entstehens, des Geborenwerdens und der Neuerschaffung gibt.

Aber das dabei geschaffene Bild der Gottesmutter als Madonna, als Königin, als Entfernte, Entrückte, in den Himmel verschwundene hat auch in vielen Menschen Schwierigkeiten ausgelöst. Das Bild von Maria war und ist dem Zeitgeschehen unterworfen. In den alten Kulturen wurde sie dargestellt wie Isis mit Osiris, eine Statue einer Mutter, die ihr Kind auf dem Arm hat. In der Romanik war sie schlicht eine Mutter. So ist es auch die berühmte Essener Madonna, die älteste Marienfigur nördlich der Alpen, eine romanische Madonna mit Kind, die im Essener Münster steht. In der Gotik erhielt sie eine Krone wie eine mittelalterliche Königin, auf Bildern wurde sie im Rosengärtlein dargestellt, die Minne widmete ihre Liebesgesänge Maria. Später entwickelte sie eine barocke Prachtfülle und neuerdings nehmen sich die feministische Theologie und die Naturreligionen ihrer an. Oft war und ist sie Rettungsanker, wie bei den Soldaten, die 1942 im Kessel von Stalingrad lagerten und an Weihnachten in ihrer größten Not ein Bild der Madonna malten, das 1944 auch einen Text erhielt und seit 1983 in Berlin in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, einer protestantischen Kirche hängt. Was entdecken wir bei Maria? Es bleibt die Wichtigkeit, dass jede Religion eine Mutter braucht, so wie der Mensch eine Mutter braucht. Aber wenn Klaus Berger in einer Talkshow sagt, die Frau ist durch ihre Mütterlichkeit von Gott ausgezeichnet, dann fühlen sich zu recht viele Frauen ausgeschlossen, die keine Kinder haben. Es geht um mehr als die Reduzierung auf diesen Aspekt. Daher setzen sich heute viele kritisch, mit ihrem Frausein, mit dieser Frau Maria auseinander. Dies wollen wir heute auch tun.

In einem Frauengebet an Maria klagt eine Frau: "Geworden bist Du, wie Gott Dich dachte. Wir aber werden an Tugenden gemessen, die man Dir zuspricht." Dies ist der Spannungsbogen in dem sich Frauen in der Kirche befinden, gemessen an der Heiligen, an der Himmelskönigin, sollen sie hier auf Erden ihren Dienst möglichst still und bescheiden versehen, kein großes Aufsehen erregen. Sie dürfen heute vieles, sie haben sich einen Platz erkämpft, als Ministrantin, als Kommunionhelferin, als Lektorin, als Pfarrgemeinderätin, als Seelsorgerin. Reicht das, ist nun alles in Ordnung? Noch viele Fragen tun sich auf, vieles ist zu hinterfragen, zu diskutieren. Dazu soll heute Abend der Platz sein!

Bußakt (Erika Kerstner)

Kyrie
Wir sagen nichts, wenn Menschen überfordert und depressiv gemacht werden.
Wir sagen nichts, wenn Menschen blind und sprachlos vor Not gemacht werden.
Wir wollen lernen, Nein zu sagen, wenn Menschen fertig gemacht werden.
Herr, erbarme dich.

Wir sagen nichts wenn Menschen zerstört werden
Wir sagen nichts, wenn Menschen geknechtet werden.
Wir wollen lernen, Nein zu sagen, wenn Menschen fertig gemacht werden.
Christus erbarme dich.

Wir sagen nichts, wenn Menschen schwach gemacht werden.
Wir sagen nichts, wenn Menschen verängstigt und verzagt gemacht werden.
Wir wollen lernen, Nein zu sagen, wenn Menschen fertig gemacht werden.
Herr erbarme dich.

Tagesgebet

Lesung Apostelgesichte 16, 11-15 (Lektorin)

Antwortgesang: (Vox dei) My Queen

Evangelium: Lukas 1, 46-55

Predigt (Dialogpredigt Erika Kerstner / Marieluise Gallinat-Schneider)

Einstieg mit dem Bild von Max Ernst "Die Jungfrau züchtigt den Jesusknaben vor drei Zeugen". Dazu einige Gedanken von Joachim Kahl.

Stichworte zum Predigtgespräch

1. Bild Max Ernst: Jesus und seine Eltern/seine Mutter leben im Konflikt miteinander:

a. Jesus bleibt im Tempel

b. Seine Verwandten wollen ihn heimholen - er fragt: Wer ist meine Mutter…?

Darf Jesus keine menschlichen Züge haben? Ist es Gotteslästerung, sich vorzustellen, dass er seine Mutter als Kind auch mal so gereizt hat, dass sie zu solchen Reaktionen fähig ist? Warum singen wir im Weihnachtslied von "reinlichen Windeln"? War Jesus nicht auch ein normales Kind, das sich dreckig machte? Welches Bild von Maria und von Jesus wird vermittelt?

2. Das Marienbild ist vielfältig:

a. Eine Kitschfigur

b. Ersatz für die Muttergottheiten (Ephesus - Kybele) - Mutter-Kind-Darstellung gleicht der Darstellung von den Göttern Isis und Osiris.

c. In der Romanik ist sie sehr schlicht dargestellt.

3. Überhöhung Marias erst in der Minnezeit. Die Anbetung der Frau wird auf Maria übertragen. Kunstgeschichtlich erhält sie nun Krone und Perlen.

Die Überhöhung Marias geht mit einer Missachtung der realen Frauen einher. Maria ist ein nie erreichbares Ideal.

Wenn Joachim Kahl in seinen Gedanken sagt: "Max Ernst thematisiert das Gewaltpotential der christlichen Religion... Max Ernst wuchs auf in einer streng katholischen Lehrerfamilie. Sein Vater hat ihn wiederholt geschlagen", dann kommt für mich natürlich angesichts der vielen Gewaltvorwürfe gegen kirchliche Schulen, die in letzter Zeit ans Licht kamen, die Frage auf, ob ich diese Gewalt auch auf Maria übertragen wissen will. Maria ist für mich die Friedfertige, Gewaltfreie, eine Frau, die eher gegen den Trend zu Gewalt steht. In dem Punkt regt sich bei mir Widerspruch gegen das Bild! Damit setze ich mich kritisch auseinander.

4. Maria als Helferfigur - Schutzmantel-Madonna von Stalingrad

5. Maria als politisch-religiöse Identifikationsfigur.

So haben die Polen z. B. bei ihrem Generalstreik unter Führung der Solidarnosc, als 1981 das Kriegsrecht ausgerufen wurde, Maria zu ihrer Begleiterin im Kampf gemacht, sie haben ernst gemacht mit den Sätzen aus dem Magnificat, dass die Mächtigen vom Thron gestürzt werden.

Ein interessanter Aspekt ist auch die Tatsache, dass Magd des Herrn von uns völlig falsch verstanden wird. Im Magnificat bezieht Maria sich auf alttestamentliches Gedankengut. Genauso wie im Hebräischen der Gottesknecht (ewed JAHWE) ein Ehrentitel ist, ist das Pendant, also die Magd des Herrn, eine Ehrenbezeugung. Wir dagegen denken dabei an die Dienstmagd! Daher ist dieser Ausdruck bei uns negativ besetzt.

Glaubensbekenntnis einer Frau (Erika Kerstner)

nach dem Text von Rachel Conrad Wahlberg aus "Beten durch die Schallmauer" (Impulse und Texte. Martin Breiwe und Bundesleitung der Katholischen Jungen Gemeinde, Düsseldorf - KJG-Bundesstelle, 1989)

Fürbitten (frei)

Gabenbereitung (Vox dei)

Ref.: Groß sein lässt meine Seele den Herrn, denn er ist mein Retter.
Groß sein lässt meine Seele den Herrn, denn er ist mein Heil.

Laut rühmt meine Seele Gottes Macht und Herrlichkeit,
und mein Geist frohlockt in meinem Retter und Herrn.
Denn sein Auge hat geschaut auf seine kleine Magd.
Und nun singen alle Völker mit mir im Chor. (Halleluja....)

Denn der Starke hat Gewaltiges an mir getan,
und sein Name leuchtet auf in herrlichem Glanz.
Er gießt sein Erbarmen aus durch alle Erdenzeit
über jeden, der im Herzen Vater ihn nennt. (Halleluja....)

Große Taten führt er aus mit seinem starken Arm.
Menschen voller Stolz und Hochmut treibt er davon.
Die die Macht missbrauchen, stößt er hart von ihrem Thron
und erhebt, die niedrig sind und arm in der Welt. (Halleluja....)

Hungernde lädt er zum Mahle ein an seinen Tisch,
doch mit leeren Händen schickt er Reiche nach Haus.
Seines Volkes Israel nimmt gütig er sich an,
wie er Abraham und allen Vätern verhieß. (Halleluja....)

Ehre sei dem Vater, der uns einlädt in sein Reich,
Ehre sei dem Sohne, der die Liebe uns zeigt.
Ehre sei dem Geiste, der die Einheit uns verleiht,
wie im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit. (Halleluja....)

Sanctus (Vox dei) Heilig (Zehendner)

Friedensgruß (Vox dei) Komm näher Friede

Segen für Frauen (nach Hanna Strack) (Marieluise Gallinat-Schneider)

Der Segen Gottes, der väterlich und mütterlich zugleich ist,
komme über Euch alle.
Und so segne Euch der gütige Gott,
Vater,
Sohn
und Heiliger Geist.

Auszug (Vox dei): Gegrüßet seist Du Königin (nach Sister Act)

Gesprächsgruppen im Pfarrheim St. Peter

Abschluss um 21.50 Uhr in der Kirche

mit Gedanken von Dorothée Sölle zum Magnificat und danach dem Liedruf Magnificat aus Taizé

(Marieluise Gallinat-Schneider)

Logo des Amos-Prozesses